Wechselmodell (Hund) - LG - 12.05.2023
Nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann über § 745 Abs. 2 BGB eine hälftige Betreuung des im Miteigentum stehenden Haustiers angeordnet werden.
Beschluss:
Gericht: LG Frankenthal
Datum: 12.05.2023
Aktenzeichen: 2 S 149/22
Leitparagraph: §§ 90 a, 745, 1361 a, 1568 b BGB
Quelle: NZFam 2023, Seite 959
Kommentierung:
Es geht im Fall um einem im Miteigentum stehenden Hundes von zwei ehemaligen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die Heraushebungen sind deshalb von Bedeutung, da eine solche Entscheidung, wie sie das Landgericht Frankenthal getroffen hat, bei Eheleuten nicht möglich wäre.
Der Kläger hat eine gleichberechtigte Teilhabe am Hund im Sinne eines Wechselmodells bei Kindern begehrt und hat darauf verwiesen, den Hund vor der Trennung überwiegend betreut zu haben. Die Beklagte hatte tierschutzrechtliche Einwände, dem „Hundeswohl“ entspreche es am besten, dass der Hund bei ihr bliebe, da sie die Hauptbezugsperson sei und ein ständiger Wechsel des Hundes dem „Hundeswohl“ widerspreche. Das Amtsgericht hat auf der Grundlage von § 745 Abs. 2 BGB (Gemeinschaftsrecht) eine hälftige Betreuung des Hundes angeordnet, da dadurch ein angemessener Ausgleich zwischen den gleichberechtigten Interessen der Miteigentümer des Hundes gegeben sei und auch das Tierwohl nicht betroffen sei.
Mit der Berufung zum Landgericht (zivilrechtliches Verfahren und nicht familienrechtliches Verfahren) macht die Beklagte geltend, dass nach der Rechtsprechung einem der beiden Miteigentümer das Tier zuzusprechen sei. Sie verweist auf unzureichende Sozialisierung des Hundes, der Hund habe Ängste und Unsicherheiten und reagiert mit aggressivem Verhalten. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
⇒ Praxistipp:
Hätte einer der Beteiligten im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Alleineigentum am Hund beweisen können, wäre die Rechtslage klar gewesen, der Hund wäre dem Alleineigentümer zugewiesen worden. Da Miteigentum vorlag, konnte das Gericht auf der Grundlage von § 745 Abs. 2 BGB eine Benutzungsregelung treffen, eine solche Regelung findet sich eben im Gemeinschaftsrecht des BGB. Ein Rückgriff auf familienrechtliche Normen, wie z. B. § 1361 a BGB (Hausrat) war nicht geboten, da die Hausratsregelungen keine Nutzungsregelungen ermöglichen. Eine konkrete Gefährdung des Tierwohls war nicht ersichtlich. Damit hat das Landgericht ausdrücklich nochmals festgehalten, dass bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft jeder Miteigentümer eines Tieres eine Benutzungs- bzw. Umgangsregelung verlangen kann. Wenn Anhaltspunkte vorgelegen hätten, wäre auch die Aufhebung der Gemeinschaft und die Zuweisung des Tieres an einen Miteigentümer gegen Zahlung einer Entschädigung denkbar gewesen (so AG Walsrode NJW-RR 2004, S. 365). Hätten die Parteien rechtzeitig und substantiiert zum Tierwohl vorgetragen, wäre auch die Einholung eines tierpsychologischen Gutachtens in Frage gekommen.
Wäre dieser Fall zu entscheiden gewesen bei Eheleuten, so wäre nur die Zuteilung des Tieres an einen Ehepartner möglich gewesen. Haustiere sind nach § 90 a BGB Sachen, sodass dann die Hausratsregelungen der § 1361 a, 1568 b BGB sinngemäß angewendet werden. Eine Nutzungsregelung wie hier, wäre aufgrund der Rechtslage nicht möglich gewesen (OLG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 20.02.2013, Az. 15 UF 143/12; OLG Stuttgart, NZFam 2014, Seite 760 sowie Seite 540; OLG Hamm, FamRZ 2011, Seite 893; OLG Oldenburg, FamRZ 2019, Seite 784). Bei Eheleuten spielt ansich auch die Eigentümerstellung keine Rolle, denn alle während der Ehe angeschafften Hausratsgegenstände – egal von wem – unterliegen der Hausratsteilung (anders, wenn das Haustier von einem Ehegatten in die Ehe mitgebracht wurde.
Die Entscheidung des Landgerichts zeigt dringenden Handlungsbedarf durch den Gesetzgeber. Es nicht nachvollziehbar, dass Ehegatten nach der Trennung oder Scheidung keine gerichtliche „Umgangsregelung“ für das „eheliche Haustier“ erwirken können, nichteheliche Lebensgefährten für ein Tier im Miteigentum schon. Sinnvoll wäre wohl eine Regelung, die den Normen für Kinder angenähert ist. Nach der aktuellen Heimtierstudie lebt in fast der Hälfte aller Haushalte mindestens ein Heimtier, davon allein 26 Mio. Hunde und Katzen.