Wechselmodell - OLG - 27.04.2022

  1. Zu den Voraussetzungen der Begründung eines Wechselmodells im Wege der Abänderung einer bestehenden gerichtlichen Umgangsregelung – hier verneint –, da kein gemeinsamer Elternwille.
  2. Bei Kleinkindern bestehen im Hinblick auf ihre seelischen Bedürfnisse Bedenken gegen die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells.

Beschluss:
Gericht: OLG Dresden
Datum: 27.04.2022
Aktenzeichen: 21 UF 71/22
Leitparagraph: §§ 1684, 1696 BGB
Quelle: FamRZ 2022, Seite 1208

Kommentierung:

Die Kinder sind 3 und 5 Jahre alt. Es besteht eine familiengerichtlich gebilligte Umgangsregelung im erweiterten 2-Wochen-Rhythmus. Der Vater begehrt ein paritätisches Wechselmodell, der größere Sohn habe diesen Wunsch öfters geäußert. Die Mutter wendet ein, dass die Kommunikationsebene der Eltern schlecht sei.

Das Familiengericht hat das Wechselmodell abgelehnt, da es keinen Grundsatz gäbe, dass ein paritätisches Wechselmodell dem Kind mehr entspräche, als jedes andere Betreuungsmodell. Das Familiengericht stellt fest, dass bei der Frage zur Betreuungssituation beide Eltern das Wohl ihrer Kinder aus dem Blickwinkel verloren hätten und nicht bereit seien, ihre eigenen Wünsche/Bedürfnisse gegenüber denen ihrer Kinder hintanzustellen. Hiergegen legt der Vater Beschwerde ein, das OLG weist die Beschwerde zurück.

Das OLG sieht eine Abänderungsmöglichkeit einer vormaligen gerichtlichen Umgangsregelung nur dann, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist (§ 1696 BGB). Zudem führt das OLG aus, dass auch hiervon unabhängig Bedenken bestehen. Das Wechselmodell als Umgangsrecht dient nicht dazu, den Wunsch eines Elternteils nach gleichwertiger Teilhabe am Lebens des Kindes zu verwirklichen. Auch ein Umgang – wie praktiziert – alle 14 Tage von Freitagnachmittag bis Dienstagmorgen erfüllt die Grundbedürfnisse von Kindern auf Umgang. Auch das Alter des Kindes ist von Bedeutung. Bei 3-jährigen Kleinkindern bestehen Bedenken für ein Wechselmodell, häufige Wechsel können für Kleinkinder einen erheblichen Stress bedeuten (Salzgeber, NZFam 2014, Seite 921 ff.; Heilmann, NJW 2015, Seite 3346; Kindler/Walper, NZFam 2016, Seite 822; Castellanos/Hertkorn, Psychologische Sachverständigengutachten im Familienrecht, Teil II, Rz. 285).

Auch wenn die Kinder oder das größere Kind den Wunsch geäußert haben auf mehr Zeit mit dem Vater, so kann das in dem Alter auch mit einem Loyalitätsdruck erklärt werden (BVerfG, FamRZ 2015, Seite 210). Zudem mag zwar ein Konsens der Eltern zum Wechselmodell keine Voraussetzung für ein Wechselmodell sein, trotz alledem wird in der Praxis die gerichtliche Anordnung eines paritätischen Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils nur in wenigen Fällen kindeswohldienlich sein, denn dem Kind wird diese Ablehnung auf Dauer nicht verborgen bleiben (OLG Dresden, FamRZ 2021, Seite 1805; OLG Bremen, FamRZ 2018, Seite 1908).