Unterhaltspflichtige: Von der Politik im Stich gelassen

"Viele fragen sich, warum soll ich morgens um 7 Uhr schon arbeiten, wenn derjenige, der das Bürgergeld bezieht, fast das Gleiche bekommt", zitiert die „Rheinische Post“ den Handwerkspräsidenten Peter Wollseifer. Das fragen sich auch immer mehr Unterhaltspflichtige.

 

Demotivation bei Unterhaltspflichtigen

Der Handwerkspräsident spricht von einer „Demotivation von Geringverdienern“. „Diese Demotivation erleben wir auch bei unterhaltspflichtigen Müttern und Vätern, die vom Selbstbehalt beim Unterhalt 2022 in Höhe von 1160 EURO im Monat leben müssen. Das heißt konkret: Essen, Kleidung, Freizeit, eine warme Wohnung und dann auch noch einen Teil der Betreuung finanzieren“, kritisiert die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich. Viele ISUV-Mitglieder sind verärgert, weil die Politik, alle politischen Parteien, Unterhaltspflichtige „im Stich lassen, finanziell und sozial. Sie kommen politisch nicht vor. ISUV möchte das ändern, Unterhaltspflichtige verstärkt solidarisieren und aktivieren.

 

Selbstbehalt seit drei Jahren unverändert

Der Handwerkspräsident nennt als Ursachen für die „Demotivation“ den "Wegfall von Sanktionen, die deutliche Anhebung des Regelsatzes" und "die komplette Übernahme" der Heizkosten durch die Sozialkassen. Das kritisieren auch viele Unterhaltspflichtige.  Die Wohnkostenpauschale – der im Unterhaltsrecht vorgesehene Betrag in Höhe von 430 EURO für eine angemessene warme Wohnung - für unterhaltspflichtige Trennungseltern wurde trotz Kostenexplosion bei Mieten und Energie seit drei Jahren nicht angepasst. „Wie und wo soll ein Elternteil für 430 EURO eine warme Wohnung finden, in der dann auch noch Kinder betreut werden können? Genau die bekommen Bürgergeldempfänger*innen ohne Wenn und Aber vom Staat finanziert, ohne zu arbeiten“ kritisiert in Übereinstimmung mit dem Handwerkspräsident Wollseifer ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.

Der Regelsatz und der Kindesunterhalt wurden in den letzten Jahren regelmäßig angehoben. Der Selbstbehalt beim Unterhalt ist seit drei Jahren unverändert trotz Inflation und Preisexplosion. Was läuft da „falsch“, warum gehen Unterhaltspflichtige nicht auf die Straße? Viele ISUV-Mitglieder, so Melanie Ulbrich, „solidarisieren sich dann doch mit den Kindern, bleiben im Job und zahlen Unterhalt, so gut es das Einkommen erlaubt. Aber die Bereitschaft sinkt merklich.“

 

Angleichung von Sozial- und Unterhaltsrecht

Obwohl der Selbstbehalt wie der Mindestunterhalt grundlegende sozialpolitische Standards sind, wird der Selbstbehalt von Richtern der Oberlandesgerichte festgesetzt, während der Mindestunterhalt durch die Politik vorgegeben wird. „Wir fordern, dass sich die Politik endlich bekennt, sich nicht hinter Richtern versteckt und klar sagt, wie hoch der Eigenbedarf von Unterhaltspflichtigen ist, was Unterhaltspflichtigen bleiben muss, damit sie weiter brav arbeiten gehen, Unterhalt zahlen und für die Kinder sorgen“, hebt Ulbrich hervor. 

„Wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Inflation und Preisanstiege der letzten drei Jahre - obwohl der ISUV seit drei Jahren darauf hinweist - wurden im Unterhaltsrecht einfach nur zu Gunsten der Unterhaltsberechtigten berücksichtigt“, kritisiert die stellvertretende ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwältin Maren Waruschewski. „Aber Kindesunterhalt, Kindesunterhalt ab 18 und Selbstbehalt werden von einem Einkommen finanziert. Das wird einfach ausgeklammert. Man darf nicht einseitig nur einem geben und dem anderen nur nehmen.“ Dieses Problem spricht der Handwerkspräsident auch an.

Deswegen fordert Waruschewski: „Angleichung von Sozial- und Unterhaltsrecht. Es kann nicht sein, dass im Sozialrecht ständig nachgebessert wird, aber Unterhaltspflichtige ständig ausgeklammert werden. Es besteht aus wirtschaftlichen Gründen dringender Handlungsbedarf – jetzt.“

 

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