Wechselmodell / Unterhalt – KG Berlin – 23.08.2019

  1. Mangels Elternvereinbarung zur Bezugsberechtigung des Kindergeldes beim paritätischen Wechselmodell hat das Gericht die Bestimmung des Kindergeldbezugsberechtigten gemäß § 64 EStG nach dem Kindeswohl vorzunehmen.

  2. Der Kontinuität des Kindergeldbezuges kommt eine maßgebliche Bedeutung zu, wenn die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern das Kind im paritätischen Wechselmodell betreuen.

Beschluss:
Gericht: KG Berlin
Datum: 23.08.2019
Aktenzeichen: 13 WF 69/19
Leitparagraph: § 64 Abs. 2 EStG
Quelle: NZFam 2019, Seite 828

Kommentierung:

Die Eheleute sind rechtskräftig geschieden, zunächst hatte das Kind seinen hauptsächlichen Lebensmittelpunkt bei der Mutter, die auch das Kindergeld bezogen hat. Die Eltern sind zum paritätischen Wechselmodell übergegangen. Der Vater hat einvernehmlich im Hinblick auf die Einschulung des Kindes das Kind bei ihm als melderechtlichem Hauptwohnsitz angemeldet und sodann die Auszahlung des Kindergeldes an sich beantragt.

Durch diesen Antrag des Vaters stand fest, dass es keine übereinstimmende Bestimmung des Bezugsberechtigten des Kindes mehr gibt und eine Bestimmung der Bezugsberechtigung gemäß § 64 Abs. 2 EStG durch das Familiengericht zu erfolgen hat. Im vorliegenden Fall hatte der Vater einmalig die ihm obliegende Aufgabe, den Hort zu bezahlen, nicht erfüllt (temporäre finanzielle Schwierigkeiten), was das Amtsgericht zum Anlass nahm, davon auszugehen, dass der Vater keine Gewähr für eine kindgerechte Verwendung des Kindergeldes böte.

Das Kammergericht hat darauf verwiesen, dass sich die Bezugsberechtigung ausschließlich nach dem Kindeswohl richte, wenn keine einvernehmliche Bestimmung getroffen wird. Die einmalige verspätete Bezahlung der Hortkosten rechtfertigt noch keine Annahme, dass der Vater keine Gewähr für die kindgerechte Verwendung des Kindergeldes bietet. Das Kammergericht geht daher davon aus, dass grundsätzlich beide Elternteile gleichermaßen Gewähr dafür bieten, dass das Kindergeld zum Wohl des Kindes verwendet wird. In einem solchen Fall kommt der Kontinuität des Kindergeldbezuges durch die Mutter besondere Bedeutung zu, sodass mit einer etwas anderen Argumentation die Kindergeldbezugsberechtigung bei der Mutter verbleibt, auch wenn das Kind melderechtlich mit Hauptwohnsitz beim Vater gemeldet ist.

Das Wechselmodell bereitet nicht nur bei der Frage, ob ein solches überhaupt vorliegt, Schwierigkeiten, sondern neben der problematischen Berechnung des Unterhaltsanspruchs hat der Gesetzgeber das Wechselmodell auch bei der Frage des Kindergeldes nicht im Blick. Es gibt nämlich keine z. B. hälftige Aufteilung der Bezugsberechtigung des Kindergeldes. Ob der Gesetzgeber hieran zukünftig etwas ändert, bleibt abzuwarten, mit der Folge, dass die Gerichte die Frage wer bezugsberechtigt ist, zu entscheiden haben. Es wird hervorgehoben, dass Aspekte wie bessere finanzielle Ausstattung eines Elternteiles, wer den höheren Barunterhalt leistet oder wo das Kind gemeldet ist, nach Auffassung des Kammergerichts keine Rolle spielen, sondern dass dem Grundsatz der Kontinuität des Kindergeldbezugs in solchen Fällen der Vorrang zu geben ist.