Trennung: Rache ist süß, aber verboten

Rache ist süß, heißt es im Volksmund, aber ist sie das wirklich? Wenn Beziehungen in die Brüche gehen, ziehen Menschen sehr unterschiedlich Bilanz. So kann es heute schon mal öfter dazu kommen, dass die Ex-Partner sich gegenseitig – oder auch nur einer den anderen Partner bloßstellt. Noch nie war dies so einfach wie heute, indem einer oder beide intime Videos oder Bilder veröffentlichen, die während der Beziehung aufgenommen wurden und eigentlich nur für den Partner bestimmt waren. Jetzt können derartige Bilder und Videos als „Revenge-Porn“ – als „Racheporno“ – eingesetzt werden.

Insbesondere aufgrund der zunehmenden Bedeutung von sozialen Netzwerken, kann die Veröffentlichung von intimen Fotos oder gar Videos einen ehemaligen Partner sehr teffen. Inhalte, die einmal online veröffentlicht wurden, können zudem meist nicht mehr vollständig aus dem Internet entfernt werden. Eine missbräuchliche Verbreitung solcher Bilder und Videos ist also grundsätzlich dazu geeignet, den Betroffenen auch über mehrere Jahre hinweg zu schaden.

Stellt der Betroffene Anzeige, kann ein solches Verhalten daher strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Im Rahmen der Ermittlungen kann es dann auch zu einer Wohnungsdurchsuchung kommen, wobei beispielsweise der Computer, das iPad, das Smartphone oder andere Datenträger sichergestellt und dahingehend untersucht werden, ob sich auf diesen etwaige Dateien befinden und ob eine Veröffentlichung nachweisbar ist.

Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs gemäß § 201a StGB 

Bei dem sog. „Revenge-Porn“ kommt insbesondere eine Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs gemäß § 201a StGB in Betracht.

Mit der Neuregelung des § 201a StGB beabsichtigte der Gesetzgeber dem hinsichtlich Bildaufnahmen des nackten menschlichen Körpers bestehenden schützenswerten Opferinteresse, gerecht zu werden.

Der § 201a Abs. 1 StGB lautet:

„Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer…

1.      von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

2.      eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

3.      eine Bildaufnahme, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt,

4.      eine durch eine Tat nach den Nummern 1 bis 3 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder

5.      eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und in den Fällen der Nummern 1 und 2 dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.“

Die Fälle des Revenge Porn, in denen die Bilder der betroffenen Person von dem Ex-Partner aufgenommen worden sind, dürften unter die Nr. 5 zu subsumieren sein, da die Bilder während der Beziehung meist mit Einverständnis der betroffenen Person aufgenommen worden sein dürften.

Aber wie ist es, wenn die Bilder während der Beziehung nicht von dem Ex-Partner, sondern von der betroffenen Person selbst aufgenommen wurden? § 201a Abs. 1 Nr. 1 und 2 sprechen insoweit von Aufnahmen die von „einer anderen Person“ hergestellt werden. Selbstaufnahmen der abgebildeten Person sind von diesen Tatbestandsvarianten daher ausgeschlossen. Aber gilt dies aufgrund der Verweisung auf die Nr. 1 und 2 auch für die Tatbestandsvariante Nr. 5?

Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs auch dann, wenn die Bilder von der betroffenen Person selbst aufgenommen wurden? 

Mit dieser Frage musste sich auch der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. Juli 2020 (4 StR 49/20) auseinandersetzen, wobei er im Ergebnis feststellte, dass auch die Weitergabe von Selbstaufnahmen vom Tatbestand der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen erfasst sein kann. Hierfür sprechen der Wortlaut der Vorschrift, die Gesetzessystematik und der Wille des Gesetzgebers.

Der Wortlaut der Bezugnahme auf eine „Bildaufnahme der in den Nummern 1 oder 2 bezeichneten Art“ zwinge nicht zu der Annahme, dass sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen der in Bezug genommenen Nummern erfüllt sein müssen. Die Bezugnahme sei lediglich auf die „Art“ der Bildaufnahme beschränkt und deshalb so zu verstehen, dass sich die Tat nur auf eine dort ihrem Inhalt nach näher beschriebene Bildaufnahme als Tatobjekt beziehen muss, ohne dass es auf den Akt der Herstellung durch den Täter ankommt.

Zudem lege die Systematik der Regelungen des § 201a Absatz 1 StGB nahe, dass sich die Bezugnahme in § 201a Absatz 1 Nr. 5 StGB nur auf die Bildaufnahme selbst bezieht. Denn anders als bei Nr. 5 stellt § 201a Absatz 1 Nr. 4 StGB ausdrücklich auf eine „durch eine Tat nach den Nummern 1 oder 2 hergestellte Bildaufnahme“, also nicht nur auf das Tatobjekt der in Bezug genommenen Nummern ab.

Darüber hinaus sprechen auch Sinn und Zweck des § 201a Absatz 1 Nr. 5 StGB für die Einbeziehung von Selbstaufnahmen der geschädigten Person in den Schutzbereich der Vorschrift. Denn das verwirkte Tatunrecht werde in dieser Tatvariante nicht wie bei Nummern 1 und 2 durch die Herstellung der Bildaufnahme gegen die schutzwürdigen Interessen des Opfers geprägt, sondern durch deren Weitergabe zu einem späteren Zeitpunkt, die einen eigenständigen Eingriff bewirkt. Der darin liegende Vertrauensmissbrauch beeinträchtige das geschützte Rechtsgut unabhängig davon, wer die gegebenenfalls lange Zeit zuvor entstandene Aufnahme angefertigt hat.

Letzten Endes habe der Gesetzgeber gerade beabsichtigt, dass Bildaufnahmen von dem nacktem Körper von Betroffenen nicht unbefugt hergestellt, weitergegeben oder sogar verbreitet werden. Dieses Interesse werde gerade nur dann effektiv geschützt, wenn eben auch vom Opfer selbst hergestellte und allein dem Täter überlassene Bildaufnahmen nicht verbreitet werden dürfen.

Fazit: Auch die Verbreitung von Selbstaufnahmen der betroffenen Person kann den höchstpersönlichen Lebensbereich verletzen

Durch seinen Beschluss verdeutlicht der BGH, dass das Phänomen des Veröffentlichens von sogenanntem „Revenge-Porn“, also die Verbreitung freiwilliger Aufnahmen ehemaliger Partner, vom Tatbestand des Verletzens des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen erfasst wird. Im Rahmen dessen wird § 201a Absatz 1 Nr. 4 StGB im Bereich neuer Internetkriminalität wohl zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Quelle: dpa/DAWR

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