Elternunterhalt

Wenn Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen

Elternunterhalt: Was sich änderte - was ISUV änderte

Elternunterhalt stellt die rechtliche Verpflichtung von Kindern sowie Schwiegerkindern da, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten den Lebensbedarf der Eltern durch Unterhaltszahlungen zu sichern.  

In den folgenden Jahren lieferte ISUV immer wieder Fälle, die zeigten, dass Elternunterhalt ungerecht ist. Eltern mit Kindern werden bestraft, für Kinderlose tritt der Staat ein. Eine Generation ist nur einmal verpflichtet Unterhalt zu zahlen, immer nur für die Kinder, nicht für die Eltern. Dieser Argumentation wollte und konnte man sich nicht entziehen.

ISUV - Interessenverband Unterhalt und Familienrecht - erklärt, wann Sie Elternunterhalt zahlen müssen, wie er sich berechnet, welches Einkommen und Vermögen verschont bleiben und was ISUV durch dessen gemeinnützige Arbeit für Betroffene in den Jahren veränderte.

 

 

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Was ist Elternunterhalt?

Wenn ein Mensch pflegebedürftig wird, kann er Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten. Reichen Rente, Pflegeleistungen, sonstiges Einkommen und Erspartes jedoch nicht aus, um beispielsweise die Pflege im Heim zu finanzieren, springt das Sozialamt ein. Dann sind unter bestimmten Voraussetzungen die Kinder zum Elternunterhalt verpflichtet. Erwachsene Kinder müssen einen Teil der Kosten als Elternunterhalt an das Sozialamt zurückzahlen. Jedoch nur, wenn sie im Jahr mehr als 100.000 Euro verdienen.

 

 

Elternunterhalt: Neuregelung 2020

Seit dem 01.01.2020 ist Elternunterhalt nur noch ein Problem für Großverdiener und Reiche. Erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern werden entlastet. Das Bundeskabinett hat dazu das „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ im Kabinett verabschiedet. Danach werden die erwachsenen Kinder erst ab einem Jahreseinkommen von über 100 000 Euro brutto für Elternunterhalt herangezogen. Dies ist eine gute und in die Zukunft weisende Entscheidung. ISUV hatten zwar seit über 12 Jahren die völlige Abschaffung des Elternunterhalts gefordert, weil es ungerecht ist, wenn eine Generation doppelt Unterhalt zahlen muss – für die eigenen Kinder und für die Eltern. Wir können aber mit diesem Kompromiss leben, denn eine breite Mittelschicht wird vom Elternunterhalt entlastet.

 

 

Elternunterhalt: Kinder zahlen erst ab 100.000 Euro Jahreseinkommen

Bereits gezahlter Elternunterhalt kann allerdings nicht mehr zurückgefordert werden. Für die verbleibenden Fälle – Großverdiener über 100 000 Euro - muss die Rechtsprechung ganz neue Richtlinien erfinden, da sich die Maßstäbe durch die Neuregelung insgesamt verschieben werden.

Die Bundesregierung hat damit rechtzeitig einen Trend gestoppt, dass sich Sozialämter in den letzten Jahren vermehrt an den Kindern schadlos halten wollten, wenn die Eltern oder ein Elternteil zum Pflegefall wurde. Ein Blick in die Statistik bestätigt das. Im Jahr 2010 waren 4 Millionen Menschen über 80 Jahre, im Jahre 2040 werden es 8,6 Millionen sein. Pflegefälle werden daher vermehrt auftreten, da die Menschen immer älter und somit pflegebedürftiger werden.

Elternunterhalt betrifft insbesondere die „Sandwichgeneration“, die heute 40- bis 60jährigen. Sie zahlen Unterhalt für die Kinder, leisten hohe Sozialbeiträge, müssen Eigenvorsorge treffen und sollen dann auch für ihre Eltern aufkommen. Bisher fehlten klare gesetzliche Vorgaben, daher war der Rückgriff auf die Kinder oft ungerecht und wenig transparent. ISUV-Mitglieder klagten, dass Sozialämter und Gerichte unterschiedlich entscheiden. Es gab schon die Tendenz das Schonvermögen zu beschneiden. Mit dieser gesetzlichen Regelung ist die Unsicherheit weg.

Man hat eingesehen: Es machte wenig Sinn, wenn die Kinder die eigne Altersvorsorge für die Eltern einsetzen müssen und dann wiederum im Alter zum Sozialfall werden. Es darf nicht so sein, dass das Erbe verpflegt wird, wenn das weg ist, hält man die Hand bei den Kindern auf. Das wollen die Eltern in der Regel nicht. Die Selbstbestimmung über das eigene Leben muss gerade im Alter gestärkt und erleichtert werden.

Frank Schirrmacher kündigte 2004 in seinem Bestseller „Das Methusalem-Komplott“ künftige Verteilungskämpfe zwischen Jungen und Alten, zwischen Großeltern und Eltern, zwischen den Älteren untereinander, zwischen denen, die Kinder haben und den Kinderlosen an. Dazu ist es bisher zumindest nicht offen gekommen. Das neue Gesetz leistet einen Beitrag dazu, dass es künftig auch dazu nicht kommt. Auch in der Corona-Krise nicht.

 

 

Elternunterhalt: Für 5 Prozent der Erwerbstätigen noch Thema

„Gerade beim Elternunterhalt wird es in Zukunft eine wohl verändernde Rechtsprechung geben. Dies ist dadurch begründet, dass die spezielle Einzelfallsituation gerade im Bereich der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Kindes zu beleuchten ist. In all seinen Entscheidungen hat der BGH darauf hingewiesen, dass die Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Kinder eher restriktiv zu handhaben ist, jedoch immer die Einzelfallsituation von erheblicher Bedeutung ist. Wenn jedoch dem Unterhaltsrecht nur noch die Fälle über 100.000 € brutto unterliegen, könnte es für diese Fälle gerade in der Berücksichtigung des Vermögens Rechtsprechungsänderungen geben.

Die Rechtsprechung des BGH und des Bundesverfassungsgerichtes zeigt, dass in verstärktem Maße die eigene Alterssicherung von unterhaltspflichtigen Kindern zu berücksichtigen ist. Der Gesetzgeber hat für die Fälle bis 100.000 € brutto bereits entschieden, dass ein Regress vom Sozialhilfeträger nicht mehr möglich ist.

Das Angehörigenentlastungsgesetz hat den „Löwenanteil“ des Elternunterhaltes nunmehr geregelt in die Richtung, dass die Kinder entlastet sind. Dadurch wurde eine substantielle Entlastung zuvor unterhaltspflichtiger Kinder erreicht“, schreibt Rechtsanwalt Simon Heinzel.

Weiter von Elternunterhalt Betroffene – Eltern und Kinder - können und sollten sich rechtzeitig informieren und Vorsorge treffen:

ISUV-Merkblatt – Elternunterhalt – Update von 2020

Häufige Fragen zum Elternunterhalt


Hier finden Sie Antworten auf häufige Fragen zum Elternunterhalt.

Elternunterhalt 2013: Müssen Kinder in jedem Fall zahlen?

In der Folgezeit brachten wir das Thema Elternunterhalt direkt in Berlin aber auch durch Presseerklärungen immer wieder auf die Agenda. Sie können unser Agenda Setting verfolgen, geben Sie in die Suche „Elternunterhalt“ ein. Sie erhalten einen guten Einblick von den Aktivitäten der letzten 15 Jahre.

Schließlich wurde Elternunterhalt in den Jahren ab 2013 zu einem Thema, das viele ISUV-Mitglieder beschäftigte, wie Anfragen besorgter Mitglieder zeigten. Also wurde Elternunterhalt zum Titelthema in Report 139. Wir bezogen eindeutig Stellung und fanden ein breites Feedback.

 

Elternunterhalt Urteil: Kinder sind ihren Eltern Unterhalt schuldig

Müssen Kinder in jedem Fall für die Eltern zahlen? Der Bundesgerichtshof sagt grundsätzlich „Ja“ – ISUV sagt grundsätzlich „Nein“

Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs zum Elternunterhalt hat grundsätzliche Fragen aufgewirbelt: Wer zahlt die Pflege der Eltern, wenn deren Rente nicht reicht? Müssen die Kinder in jedem Fall zahlen, unabhängig davon, wie das Verhältnis der Eltern zu den Kindern war? Es ist gängige Rechtsauffassung, dass die Verwandten gegenseitig solidarisch füreinander einzustehen haben: Eltern zahlen für ihre Kinder, diese zahlen für die Eltern, wenn deren Rente und Erspartes nicht reicht. Kann es gerecht sein, wenn sich Eltern grob unsolidarisch, verletzend Kindern gegenüber benommen, ja gar den Kontakt abgebrochen haben, dass Kinder auch „diesen“ Eltern Unterhalt zahlen müssen? Mit dem Urteil hat der BGH deutlich gemacht: Kinder sind grundsätzlich ihren Eltern Unterhalt schuldig. Diese Auffassung stößt bei betroffenen Kindern immer dann auf heftige Kritik, wenn sie von ihren Eltern „schlecht“ behandelt wurden.

Aus überraschend vielen Zuschriften an den ISUV wird ersichtlich, das Thema Elternunterhalt ist in der Bevölkerung angekommen. Es wird deutlich: Eigentlich wird Elternunterhalt problemlos gezahlt, wenn das familiäre Verhältnis, das Vertrautsein, die gegenseitige Fürsorge in der Vergangenheit von den Kindern erlebt wurde. Schwierig ist es, ja zu Recht als grob ungerecht wird empfunden, wenn die Eltern sich nicht um die Kinder gekümmert haben, die Kinder zurückgesetzt haben, keinen Unterhalt gezahlt haben, ... Zu Recht sagen Betroffene Kinder, wenn sie „diesen“ Eltern Unterhalt zahlen müssen, werden „alte Wunden wieder aufgerissen“.

 

 

Wandel der Familie

Die Zuschriften machen deutlich, dass das Binnenverhältnis in Familien sehr unterschiedlich war, offensichtlich auch schon vor 20 und mehr Jahren. Die allseits oft kritisierte Individualisierung, die alle Menschen angeblich zu asozialen Egomanen macht, war damals noch nicht das Thema. Vielmehr wurde das Bild der selbstlosen Mutter, des selbstlosen Vaters kultiviert. Dass dem vielfach nicht so war, macht die Pflicht zum Elternunterhalt zweifellos menschlich problematisch.

In der familiären Struktur hat sich in den letzten 30 Jahren sehr viel verändert. Familien sind immer kleiner geworden, es gab immer weniger Kinder. Es dominieren heute Singlehaushalte. Die Bindungen an die Eltern haben sich gelockert, die Bindungen an die Verwandtschaft vielfach aus räumlichen und zeitlichen Gründen haben sich vielfach aufgelöst oder zumindest sehr stark gelockert. Tradierte Rollen und Werte von Zusammenleben in der Familie sind individuell ausgeprägt und werden offensichtlich auch individuell unterschiedlich ausgefüllt. Die individuell selbst ausgewählten Freunde sind meist wichtiger geworden als die „geerbten“ Blutsverwandten. Gar nicht selten entfremden sich im Laufe des Lebens Eltern und Kinder. Es entsteht ein Status der Beziehungslosigkeit. Diesem inneren Wandelt der Familien trägt das Familien- und Erbrecht in keiner Weise Rechnung.

 

 

Benachteiligung der „Sandwichgeneration“

Der Trend, dass sich die Sozialämter an den Kindern schadlos halten wollen, wenn die Eltern oder ein Elternteil zum Pflegefall werden, nimmt zu und wird in den nächsten Jahren stark zunehmen. Ein Blick in die Statistik bestätigt das. Im Jahr 2010 waren 4 Millionen Menschen über 80 Jahre, im Jahre 2040 werden es 8,6 Millionen sein. Mit zunehmendem Alter nimmt auch die Pflegebedürftigkeit zu, somit auch die Fälle von Elternunterhalt. Pflegefälle werden vermehrt auftreten, da die Menschen immer älter werden. Heute sind es etwa zwei Millionen Pflegebedürftige, man rechnet in 15 Jahren mit einer Verdoppelung.

Die Kassen des Staates sind leer. Schon heute subventioniert der Staat die Pflege mit nahezu vier Milliarden EURO. Entsprechend wird der Staat immer mehr auf die Kinder zurückgreifen. Das betrifft insbesondere die "Sandwichgeneration", die heute 40- bis 60jährigen. Sie zahlen Unterhalt für die Kinder, leisten hohe Sozialbeiträge, müssen Eigenvorsorge treffen und sollen dann auch für ihre Eltern aufkommen. Es fehlen klare gesetzliche Vorgaben, daher ist der Rückgriff auf die Kinder oft ungerecht. Mitglieder klagen, dass Sozialämter und Gerichte unterschiedlich entscheiden. Es gibt offensichtlich die Tendenz das Schonvermögen zu beschneiden.

Es überfordert die mittlere Generation, wenn sie nicht nur die Erziehungs- und Ausbildungskosten für die Kinder, sondern auch noch die Pflegekosten für die Eltern tragen soll. Ein finanzieller Rückgriff des Staates stärkt nicht die Familie, er schwächt sie. Plädoyer für die grundlegende Reform des Verwandtenunterhalts. Der Kern des Problems liegt so: Ist die mittlere Generation heute von der Fülle der Unterhaltspflichten nicht komplett überfordert? Sandwich-Generation wird sie genannt.

Da sind erstens die Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern, da sind zweitens die Unterhaltspflichten gegenüber den Eltern und da sind drittens die Unterhaltspflichten gegenüber jetzigen oder früheren Lebenspartnern. Die Zahl der Kinder ist zwar gesunken, aber die Unterhaltsbelastung für das einzelne Kind ist stark gestiegen. Kinder werden wesentlich später als früher finanziell selbständig, die Ausbildung dauert lange, der Arbeitsmarkt gerade für die Jungen ist unsicherer als früher. Väter und Mütter sind finanziell stärker und länger gefordert, die Kinder zu finanzieren. Die Zeit der langen und kostenintensiven Ausbildung der eigenen Kinder fällt aber sehr oft zusammen mit der Zeit, in der sich die Eltern im Rentenalter befinden. Die Mittelgeneration trägt in der Zeit, in der sie ihre Kinder großzieht, zugleich die Hauptlast der Rentenfinanzierung.

Weil die Menschen immer älter werden, wächst aber nun auch das Risiko, dass die mittlere Generation vom Staat für die Pflegekosten der alten Menschen in Anspruch genommen wird - der Fall, den der Bundesgerichtshof soeben entschieden hat, ist ein Exempel. Der Staat nimmt Regress für die Pflegekosten im Heim. Den sozialen Realitäten entspricht das nicht unbedingt - es entspricht einer Wunschvorstellung, wie Familie sein soll, aber so oft nicht mehr ist.“, stellt Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung fest.

 

 

Mit Elternunterhalt verknüpfte Probleme

Mit Elternunterhalt sind eine Menge Probleme verknüpft, die natürlich auch Auswirkungen auf das Binnenverhältnis in Familien haben. Betroffene fragen sich, soll ich heiraten, wenn ich zum Elternunterhalt der Schwiegereltern mit herangezogen werden kann? Was darf mir bleiben, worauf kann das Sozialamt nicht zurückgreifen? Was und wie hoch ist das Schonvermögen, wer von den Geschwistern muss zahlen, wer nicht? Muss ich zahlen, wenn sich meine Eltern nicht um mich gekümmert haben?

Der ISUV fordert klare gesetzliche Regelungen, Mitsprache der Kinder bei der Pflege der Eltern, Ausweitung des Schonvermögens, keine regionalen Unterschiede, kein Rückgriff der Sozialämter, wenn das zu versteuernde Einkommen unter 65 000 EURO liegt, Entlastung der Sandwichgeneration. Es macht wenig Sinn, wenn die Kinder die eigne Altersvorsorge für die Eltern einsetzen müssen und dann wiederum im Alter zum Sozialfall werden. Es darf nicht so sein, dass das Erbe verpflegt wird, wenn das weg ist, hält man die Hand bei den Kindern auf. Das wollen die Eltern in der Regel nicht. Die Selbstbestimmung über das eigene Leben muss gestärkt und erleichtert werden.

Für Betroffene gilt es sich früh genug Gedanken zu machen, was man will, wenn man zum Pflegefall wird. Früh genug muss über die Möglichkeit Abschluss einer privaten Pflegeversicherung nachgedacht werden. In jedem Fall gilt es Vorsorge zu treffen, den Pflegefall einzukalkulieren.

 

 

ISUV: Abschaffung der Unterhaltspflicht gegenüber Eltern wie in anderen Ländern auch

Soll die Unterhaltspflicht gegenüber Eltern im Pflegestadium auf den Sozialstaat verlagert werden, weil die Kleinfamilie das nicht mehr leisten kann – und weil es grundsätzlich grob ungerecht gegenüber Familien mit Kindern ist? Natürlich stellt sich auch die Frage, ob nun die Pflegerisiken wegen Überlastung des Sozialstaates wieder Familien zugeschoben werden sollen, die das nicht leisten können, weil sie nicht entsprechend gefördert und sozialethisch angeleitet wurden und werden? – Nur in diesem Sinne ist dieses Urteil auch zu verstehen: Ansprüche an den Staat abzublocken. War der Bundesgerichtshof Vorreiter für den Gesetzgeber? In jedem Fall ist wegen der demographischen Probleme – Überalterung, niedrige Geburtenrate - die Politik gefordert gesetzliche Strukturen vorzugeben.

Namhafte Juristen fordern schon länger den Verwandtenunterhalt zu begrenzen, Eltern sollen nur den Kindern gegenüber unterhaltspflichtig sein, nicht umgekehrt. Sie verweisen darauf, dass im skandinavischen und angloamerikanischen Recht Eltern gegenüber ihren Kindern keinen Unterhaltsanspruch haben. Dabei wird bestritten, was von den Befürwortern des gegenseitigen Verwandtenunterhalts immer angeführt wird, dass mit der Lockerung der gegenseitigen Unterhaltspflicht auch die familiären verwandtschaftlichen Bande gelockert würden.

Eine Abschaffung der Unterhaltspflicht würde aber den alten Menschen in Heimen das Leben erleichtern. Wir wissen aus Veranstaltungen und Zuschriften, nichts verunsichert sie mehr als die Angst, dass der Staat ihre Heimkosten auf die Kinder abwälzt und im Zuge des Regresses sich das Geld bei den Kindern holt. Wir wissen auch, dass den alten Menschen in der Regel ebenso wichtig ist, den Kindern ein Erbe zu hinterlassen. Sie wollen nicht, dass es „verpflegt“ wird und fragen, wie das Erbe vor dem Zugriff „geschützt“ werden kann.

 

 

Unsere Meinung zum Elternunterhalt

Das folgende Interview führte das „Handelsblatt“ mit ISUV Pressesprecher Josef Linsler.

 

Herr Linsler, der BGH hat seine Rechtsprechung zum Thema Elternunterhalt konkretisiert – wie lauten die wesentlichen Grundsätze des Beschlusses?

Linsler: Eltern zahlen für ihre Kinder, die Kinder zahlen für die Eltern, wenn deren Rente und Erspartes nicht reicht. Blutsverwandtschaft zahlt an Blutsverwandtschaft. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn sich Eltern grob unsolidarisch, verletzend dem Kind gegenüber benommen haben, ja gar den Kontakt abgebrochen haben. Der eigentliche Grundsatz des Beschlusses aber war es, Ansprüche an den Staat abzublocken, den Staat zu entlasten. So und nur so kann man das Urteil rechtfertigen. In moralisch ethischer Hinsicht, in Bezug auf familiale Werte, in Bezug auf familiäre Sozialisation gibt dieses Urteil ein katastrophales Signal. Es schwächt, ja es entwertet den eigentlichen inneren Kern die Familie weiter. Familie ist bekanntlich dort, wo man familiär – vertraut - miteinander umgeht.

Vater und Sohn haben 40 Jahre lang keinen Kontakt miteinander, die Lebensgefährtin erbt – wie kann der BGH da auf die ersten 18 Lebensjahre des Sohnes abstellen?
Linsler: Aus der Sicht des Bundesgerichtshofs hat der Vater seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Sohn erfüllt. Entsprechend hat der Sohn dem Vater Unterhalt zu zahlen. Der BGH sieht die Enterbung des Sohnes und den Kontaktabbruch, ja die Kontaktverweigerung des Sohnes als keine schwere Verfehlung, die eine Verwirkung des Unterhalts nach sich ziehen würde.

Der BGH sieht im Verhalten des Vaters ja offenbar keine schwere Verfehlung – wie lautet denn die rechtliche Definition einer schweren Verfehlung?
Linsler: Unbestritten liegt eine schwere Verfehlung bei strafrechtlich relevanten Verfehlungen vor, wie Veruntreuung von Geld und Vermögen, sexuellen Belästigungen, sexuellem Missbrauch, Mord, unberechtigter Strafanzeige. Subjektiv ist es, d. h. der subjektiven Einschätzung der Richter überlassen ist es, wann grober Undank vorliegt und ob der eine schwere Verfehlung ist. Meist stellen die Gerichte oft darauf ab, dass durch die Bewertung der individuellen Umstände des einzelnen Falles erst festgestellt werden kann, ob eine schwere Verfehlung vorliegt.

Glauben Sie, dass mit dem Urteil dem Solidarprinzip Genüge getan wurde – oder steht nicht im Gegenteil zu befürchten, dass dessen Akzeptanz damit aufs Spiel gesetzt wurde?

Linsler: Formal rechtspositivistisch gesehen, wird das Solidaritätsprinzip eingehalten: Eltern zahlen Kindern, Kinder zahlen Eltern. Diese formalistisch vertrackte Argumentation des BGH ist schwer vermittelbar: Der Vater enterbt den Sohn, die Bekannte erbt und der Sohn „erbt“ die Unterhaltsschulden. Die Enterbung des Sohnes ist nach Auffassung des BGH keine „schwere Verfehlung“ des Vaters. – Nach gängigem Rechtsverständnis fragt man sich: Ist es nicht grob unsolidarisch, gleichsam eine Bestrafung des Kindes, wenn ihm der Vater nur die Schulden hinterlässt? Grundsätzlich ist zu fragen: Warum wird nicht jeweils derjenige in die Pflicht genommen, der geerbt hat und mit dem sich der Erblasser somit solidarisiert hat? Die Wirkung dieses Urteils ist fatal, der BGH hat eine Chance verpasst, ein gesellschaftlich wichtiges Signal zu setzen, dass nämlich Unterhaltszahler und Unterhaltsempfänger in einem gegenseitigen Treue- und Respektverhältnis stehen. Ich glaube, das Gericht war auch überfordert. In Sachen Elternunterhalt ist der Gesetzgeber gefordert, grundlegende Strukturen vorzugeben.

Was raten Sie Menschen, die sich in solchen Eltern-Unterhaltsfragen an Sie wenden?
Linsler: Es gibt zwei Falltypen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass es in der Regel keine Probleme gibt, wenn sich Eltern um die Kinder gekümmert haben, sind diese grundsätzlich bereit Elternunterhalt zu zahlen. Hier sind es dann meistens die Eltern, die Angst haben, dass das Erbe für die Kinder „verpflegt“ werden könnte. Sie wollen in der Regel das Erbe für die Kinder erhalten. Der zweite Falltyp ist so strukturiert, dass Kinder – nicht selten haben sich die Eltern wenig um die Kinder gekümmert, ja schlecht behandelt – nachfragen, wie sie Elternunterhalt umgehen können. In beiden Fällen gilt es möglichst frühzeitig Vorsorge zu treffen, z.B. durch Schenkung, durch Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie, durch den Aufbau einer eigenen Altersversorgung, durch die „Gründung einer Familie mit mehreren Kindern. Was grundsätzlich zu tun ist, darüber informieren wir in einer Broschüre zum Elternunterhalt. Für individuelle Fragen zum Elternunterhalt oder zu erbrechtlichen Problemlösungen bieten wir für Mitglieder kostengünstig Beratung bei unseren ISUV-Kontaktanwälten an.

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2005: Problematik Elternunterhalt

Wir griffen die Problematik zum Elternunterhalt 2005 auf und gewannen Fachleute, die uns bei der Argumentation unterstützten. So erschien 2005 folgender Artikel im ISUV-Report.

Elternunterhalt: Grundzüge der Rechtsprechung

Die Deutschen werden immer älter. Die Folgen bekommen die Jüngeren spätestens dann zu spüren, wenn ihre Eltern alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr in ihrer bisherigen Wohnung leben können, in ein Altenheim umziehen müssen. Werden sie dort gar noch zum Pflegefall, reichen die eigene Rente und das Pflegegeld in aller Regel nicht mehr aus, die entstehenden Kosten zu bezahlen. In Pflegestufe III fallen schnell einmal 2.500 – 2.800 Euro an, Monat für Monat. Ist kein eigenes Vermögen der Eltern vorhanden, müssen dann letztlich die Kinder über den so genannten „Elternunterhalt“ für sie aufkommen.

Dann wird es finanziell schnell eng bei den Jüngeren. Die Einkommen sind in den letzten Jahren kaum gestiegen, die Arbeitslosenrate ist hoch. Ihre eigenen Kinder sind oft noch in Ausbildung, Hausschulden müssen abbezahlt werden und vielfach hat man sich schon an ein Minimum an Luxus gewöhnt. Häufig schämen sich in dieser Situation die Eltern, trotz Notlage, auf ihre Kinder zuzukommen.

Spätestens aber dann, wenn die Heimkosten von der Sozialhilfe übernommen werden, ist der Konflikt regelmäßig vorprogrammiert. Die öffentlichen Kassen sind leer. Also fordern die Sozialhilfeträger soweit möglich von den Kindern Ersatz der von ihnen bezahlten Sozialleistungen. So ist es auch zu erklären, dass wegen der steigenden Zahl von Pflegefällen und des verstärkten Rückgriffs der Sozialhilfeträger der Elternunterhalt in den neueren Entscheidungen der Obergerichte zunehmend eine Rolle spielt.

Dieser Beitrag will versuchen, zu dieser Thematik die wichtigsten Grundzüge darzustellen. Die Rechtsprechung ist in diesem Bereich derzeit stark im Fluss, hat noch nicht immer eine klare und einheitliche Linie gefunden. Schon deshalb kann und will der Artikel eine im Einzelfall zwingend notwendige anwaltliche Beratung nicht ersetzen.

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