Abstammungsrecht - BVerfG - 24.02.2015

 

1. Das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre auch das Recht, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form, und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Dies umschließt das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen.

2. Die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruches des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht (Gesetz) fehlt.

Beschluss:
Gericht: BVerfG
Datum: 24.02.2015
Aktenzeichen: 1 BvR 472/14 Quelle
Quelle: FamRZ 2015, Seite 355

Kommentierung:

Diese Entscheidung mit Kommentierung findet sich im ISUV-Report Nr. 144, Seite 16. In einem Eilverfahren (NZFam 2014, Seite 405) und nunmehr in der Hauptsache, hat das BVerfG der bisherigen Rechtsprechung des BGH eine Absage erteilt, wonach der Scheinvater gegen die Kindsmutter ein Auskunftsrecht auf Benennung des möglichen Vaters hätte. Eine solche Konstellation liegt immer dann vor, wenn ein Kind in eine Ehe geboren wird, der rechtliche Vater die Vaterschaft erfolgreich anficht und dann zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den leiblichen Vater gerne wüsste, wer denn der mögliche biologische Vater ist. Das BVerfG hält die Ausforschung möglicher Geschlechtspartner der Kindsmutter für einen derart massiven Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mutter, mit der Folge, dass aus allgemeinen Grundsätzen ein solches Auskunftsrecht nicht hergeleitet werden kann (so bislang der BGH im Wege der Rechtsfortbildung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB). Es bedürfe einer gesetzlichen Regelung, die verfassungsrechtlich auch das Persönlichkeitsrecht der Mutter beachten muss.