Aktuelle höchstrichterliche Entscheidung zum Güterrecht - BFH - 18.06.2015

 

Die Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer, im Falle seines Todes solle „der verwitwete Ehegatte“ Bezugsberechtigter der Versicherungsleistung sein, ist auch im Fall einer späteren Scheidung der Ehe und Wiederheirat des Versicherungsnehmers regelmäßig dahin auszulegen, dass der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung – zumeist bei Abschluss des Versicherungsvertrages – verheiratete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll.

Beschluss:
Gericht: BFH
Datum: 18.06.2015
Aktenzeichen: VI R 17/14~ § 33 EStG
Quelle: NZFam 2015, Seite 934

Kommentierung:

Im zugrunde liegenden Fall hat die zweite Ehefrau gegen die Versicherung auf Auszahlung der Versicherungssumme geklagt. Sie war ja schließlich die verwitwete Ehegattin des Versicherungsnehmers und in den Versicherungsbedingungen stand, dass im Todesfall der verwitwete Ehegatte Anspruchsinhaber ist. Der Versicherungsnehmer war in erster Ehe verheiratet. Um Unklarheiten zu beseitigen hatte die Versicherung um die Übersendung einer ausgefüllten Begünstigungserklärung gebeten woraufhin der Versicherungsnehmer bestimmte, dass nach seinem Tote der verwitwete Ehegatte bezugsberechtigt sein soll. Nach dieser Erklärung hat sich der Versicherungsnehmer von seiner ersten Frau scheiden lassen und neu geheiratet. Der Versicherungsnehmer hat nach der neuerlichen Hochzeit sogar bei der Versicherung wegen der Bezugsberechtigung nachgefragt und die Mitteilung erhalten, dass im Todesfall „ihre verwitwete Ehegattin“ begünstigt sei. Jahre später ist der Versicherungsnehmer verstorben. Die Versicherung hat an die erste geschiedene Ehegattin ausbezahlt. Die zweite – verwitwete – Ehegattin hat daraufhin geklagt. Das Landgericht Frankfurt (AZ 23 O 354/12) gab der Klage statt. Die Berufung der Versicherung hat das OLG Frankfurt zurückgewiesen (Az. 3 U 124/13). Hiergegen hat die Versicherung Revision zum BGH eingelegt und hatte Erfolg.

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass bei der Auslegung der Bestimmung eines Bezugsrechtes aus einer LV auf dem Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der Versicherungsnehmer seine Erklärung abgibt. Zu diesem Zeitpunkt gilt sein Wille. Spätere Umstände, wie Scheidung oder Wiederheirat sind unerheblich. Nachträgliche Änderungen sind unbeachtlich bis sie dem Versicherer so mitgeteilt werden, dass dieser den Inhalt einer beabsichtigten Bezugsrechtsänderung erkennen kann. Der verstorbene Versicherungsnehmer hatte auch bei seiner Nachfrage im Jahr 2003 nicht auf Umstände der Scheidung / Wiederheirat hingewiesen.

Der Verfasser hält diese Entscheidung für bedenklich, zumal für den Versicherungsnehmer der Begriff des „verwitweten Ehegatten“ grundsätzlich so zu verstehen ist, dass es sich um den Ehegatten handelt der zum Zeitpunkt seines Todes dann Witwe / Witwer ist. Gerade mit seiner Nachfrage beim Versicherer – auch wenn der Versicherer den Hintergrund der Nachfrage nicht kannte – hat der Versicherungsnehmer deutlich gemacht, dass er nicht mehr von einer Bezugsberechtigung seiner ersten Ehefrau ausgeht, sondern von einer solchen der zweiten Ehefrau, anderenfalls hätte er nach „gesunden Menschenverstand“ die Bezugsberechtigung ausdrücklich auf die zweite Ehefrau abgeändert. In einem solchen Fall auf den Zeitpunkt der Ursprungserklärung abzustellen erscheint nicht sachgerecht. Es mag schon richtig sein, dass der Versicherer nach seinem Empfängerhorizont keine Änderung des Bezugsrechtes annehmen konnte, aber die Nachfrage des Versicherungsnehmers lässt zumindest die Auslegung zu, dass er sicherstellen wollte, dass seine neue Ehefrau die Bezugsberechtigte ist, denn er ist mit Sicherheit davon ausgegangen, dass ein verwitweter Ehegatte im Falle seines Todes nur seine jetzige Frau sein kann und nicht die geschiedene Ehefrau.

Der BGH bestätigt zwar damit seine Rechtsprechung (BGH FamRZ 2007 Seite 1005), ob sie im hiesigen Einzelfall „richtig“ ist, ist zumindest diskussionswürdig. Da ist schon dem OLG Frankfurt in der Vorinstanz Recht zu geben, wenn wie folgt begründet wird: Der Begriff verwitwete Ehefrau bezeichnet definitionsgemäß die Person, deren Ehepartner während einer bestehenden Ehe verstirbt. Davon muss auch der Versicherungsnehmer ausgegangen sein, weil er aufgrund seiner Nachfrage im Jahr 2003 und der Mitteilung der Versicherung keinen Anlass sah die Bezugsberechtigung zu ändern. Das sieht der BGH anders. Das muss man wissen. Daher kann nur jedem Versicherungsnehmer bei jeder Heirat angeraten werden ausdrücklich die Bezugsberechtigung zu ändern und insbesondere auch dann zu ändern wenn vormals der verwitwete Ehegatte als Begünstigter genannt wurde.

Die Entscheidung des BGH muss zunächst als gegeben hingenommen werden und Versicherungsnehmern ist anzuraten Bezugsberechtigungen zu überprüfen, anzupassen und im Einzelfall abzuändern. Es hilft wenig, wenn man eine höchstrichterliche Rechtsprechung für unrichtig erachtet, (so auch Stumpe, FamRZ 2015 Seite 1885 in der Anmerkung zum hiesigen Urteil des BGH). Ratsam ist sie zu kennen und dementsprechend zu handeln.