BGH, Urteil vom 23.5.2012 – Ehegattenunterhalt, Abänderung

Wurde in einem Unterhaltsvergleich eine spätere Befristung des Unterhalts vorbehalten, dies jedoch in einem Abänderungsverfahren, welches nach Veröffentlichung des BGH-Urteils vom 12.4.2006 (XII ZR 240/03 – FamRZ 2006, S. 1006) geführt wurde, nicht geltend gemacht, so ergibt sich weder aus der anschließenden BGH-Rechtsprechung, noch aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB (Beschränkung und Befristung nachehelichen Unterhalts) am 1.1.2008 (Unterhaltsrechtsreform) eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse, mit der Folge, dass ein Abänderungsgrund deswegen nicht besteht (im Anschluss an BGH-Urteil vom 29.9.2010 – XII ZR 205/08 – FamRZ 2010, S. 1884).

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Urteil

Gericht         : BGH 
Datum           : 23.05.2012 
Aktenzeichen    : XII ZR 147/10 
Leitparagraph   : BGB §1578b 
Quelle          : www.bundesverfassungsgericht.de 
Kommentiert von : RA Simon Heinzel 

Inhalt:

Die Entscheidung des BGH bekräftigt die Rechtsauffassung, wonach die Unterhaltsrechtsreform mit Ihrer Möglichkeit der Beschränkung und Befristung nachehelichen Unterhaltes beim sogenannten Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB keine Abänderungsmöglichkeit schafft, wenn nach der Veröffentlichung der BGH-Entscheidung vom 12.4.2006, FamRZ 2006, S. 1006 in einem Verfahren/Abänderungsverfahren die Befristung des Unterhalts nicht geltend gemacht wurde. Der BGH geht davon aus, dass bereits im Jahr 2006, mit der oben zitierten Entscheidung, ein Rechtsprechungswandel zum sogenannten Aufstockungsunterhalt stattgefunden hat, wonach bereits aufgrund des Rechtsprechungswandels eine Befristung möglich war, mit der Folge, dass die Unterhaltsrechtsreform insoweit „nicht Neues“ war, und somit ein Abänderungsgrund nicht mehr gegeben ist. Dazu muss man wissen, dass Abänderungsgründe nach § 323 ZPO alte Fassung bzw. § 238 FamFG nur dann vorgebracht werden können, wenn der Abänderungsgrund (z. B. neues Gesetz oder Rechtsprechungsänderung) nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entstanden ist, dessen Entscheidung mit dem Abänderungsverfahren angegriffen wird. Der BGH stellt ausdrücklich klar, dass bereits nach der Entscheidung im Jahr 2006 Befristungen wirksam hätten in ein Abänderungsverfahren eingebracht werden können. Hat man dies unterlassen (weil man vielleicht die Rechtsprechungsänderung des BGH im Jahr 2006 nicht gekannt oder nicht erkannt hat) und erging eine Entscheidung/Vergleich ohne Befristung, kann man nicht mehr mit der Änderung des Gesetzes zum 1.1.2008 argumentieren, da schon vorher (ab ca. Juli 2006 = Veröffentlichung der BGH-Entscheidung) durch Rechtsprechungsänderung der Änderungsgrund entstanden ist. Wer also zwischen 2006 bis zum 1.1.2008 oder auch bis heute den Befristungseinwand nicht führt und es ergeht/erging eine Entscheidung ohne Befristung, kann im Nachhinein nicht mehr den Befristungseinwand nach § 1578 b BGB erheben (so schon BGH, FamRZ 2006, S. 1006 bzw. BGH, FamRZ 2008, S. 911, BGH, FamRZ 2010, S. 111, BGH, FamRZ 2010, S. 538). Eine Differenzierung danach, ob die geschiedenen Ehe kinderlos war, oder ob aus ihr Kinder hervorgegangen sind, ist nicht angezeigt, d. h. auch bei kinderloser Ehe ist die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2006 die entscheidende Rechtsprechungsänderung (BGH FamRZ 2010, S. 1884). Wer also nach der Entscheidung des Jahres 2006 es versäumt hat, in einem anhängigen Verfahren die Befristung zu verlangen, ist in einem anschließenden neuerlichen Abänderungsverfahren mit dem Befristungseinwand ausgeschlossen. Es war bislang unklar, ob vielleicht bei Ehen mit Kindern erst eine im Mai 2007 veröffentlichte BGH-Entscheidung (BGH, FamRZ 2007, S. 707) die Rechtsprechungsänderung darstellt. Der BGH hat nunmehr endgültig entschieden, dass für den Aufstockungsunterhalt insoweit die Entscheidung aus dem Jahr 2006 entscheidend ist. Weiterhin hat der BGH klargestellt, dass eine Abänderung auch nicht auf § 36 EGZPO gestützt werden kann, da es sich hierbei nicht um eine eigenständige Abänderungsgrundlage handelt.

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>~BEISPIEL:

Die Eheleute haben sich vor dem Jahr 2006 in einem Unterhaltsvergleich eine spätere Befristung des Unterhalts vorbehalten oder vor der Entscheidung des Jahres 2006 erfolgte ein Vergleich oder eine Entscheidung ohne jedwede Beachtung einer Befristung. Im Jahr 2007 – nach der Entscheidung des BGH im Jahr 2006 – wird ein Abänderungsverfahren geführt in welchem eine Befristung nicht eingewendet wird. Jetzt im Jahr 2012 wird wiederum Abänderung verlangt und diese auf Befristung gemäß § 1578 b BGB gestützt. Insoweit ist durch die jetzige BGH-Entscheidung eindeutig geklärt, dass sich der Unterhaltsschuldner nicht mehr auf eine Befristung berufen kann, da er dies im Jahr 2007 schon hätte tun können und mit diesem Abänderungsgrund ausgeschlossen ist, da seit dem Jahr 2007 keine Rechtsänderung, auch nicht durch die Unterhaltsrechtsreform im Jahr 2008, stattgefunden hat, nachdem die Rechtsänderung bereits durch den BGH im Jahr 2006 erfolgte und im Verfahren des Jahres 2007 nicht beachtet wurde.