Deutscher Familiengerichtstag 18. – 21. September 2013 - Ergebnisse des Arbeitskreises: Umgang zwischen Wochenend- und Wechselmodell
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Der Arbeitskreis zum Wechselmodell unter Leitung von Prof. Dr. Hildegund Sünderhauf kam zu folgenden Ergebnissen zu folgenden Fragen.
Fragestellungen und Thesen
Frage 1. Was ist das Wechselmodell? Welche Definition ist in der Diskussion zugrunde zu legen? These 1. „Das paritätische Wechselmodell (Doppelresidenz) ist ein Betreuungsmodell für Kinder getrennt lebender Eltern, in dem
1. Kinder möglichst gleich viel Zeit bei jedem Elternteil leben
2. in beiden Elternhäusern zu Hause sind und
3. Mutter und Vater elterliche Verantwortung wahrnehmen.
Bei einer Betreuung von mindestens einem substantiellen Anteil von 30 % (Alltag und Freizeit) kann von einem Wechselmodell mit asymmetrischer Zeitverteilung gesprochen werden, wenn die Voraussetzungen gemeinsamer elterlicher Verantwortung und „Zuhausesein“ bei beiden Eltern vorliegen.“ [42 Ja-Stimmen~ 2 Nein-Stimmen~ 19 Enthaltungen]
Frage 2.a Ist das Wechselmodell rechtssystematisch eine Frage der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts?
These 2.a Das Wechselmodell (parität. Doppelresidenz) ist rechtssystematisch primär im Bereich der elterlichen Sorge anzusiedeln. [43 Ja-Stimmen~ 5 Nein-Stimmen~ 20 Enthaltungen]
Frage 2.b Kann im Rahmen des Umgangsrechts nach § 1684 BGB eine paritätische Zeitverteilung (50:50 %) angeordnet werden?
These 2.b Angesichts der bestehenden gesetzlichen Regelungslücke und unabhängig von der rechtssystematischen Einordnung (->~ These 2 a) kann die paritätische Zeitverteilung zur
Betreuung eines Kindes im umgangsrechtlichen Verfahren bereits jetzt mit einer Betreuungszeitverteilung bis zu einer Quote von 50:50 % angeordnet werden. [31 Ja-Stimmen~ 16- Nein-Stimmen~ 20 Enthaltungen]
Frage 3. Soll das Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils / beider Elternteile angeordnet werden?
These 3. Das Wechselmodell (paritätisch oder asymmetrisch) kann in geeigneten Fällen, nach kritischer Würdigung der Ablehnungsgründe, auch gegen den Willen eines Elternteils oder beider Elternteile (d.h. wenn beide den Lebensmittelpunkt bei sich beantragen) angeordnet werden. In diesen Fällen kann eine angemessene „Probezeit“ angeordnet werden. [Ja-Stimmen 52~ Nein-Stimmen: 11~ Enthaltungen: 11]
Frage 4. Soll das Wechselmodell auch bei hohen Konflikten zwischen den Eltern angeordnet werden?
These 4. Das Wechselmodell kann in geeigneten Fällen auch bei hohem Konfliktniveau zwischen den Eltern angeordnet werden. In diesen Fällen sind an den Betreuungsplan gesonderte Anforderungen zu stellen: möglichst wenig Wechsel möglichst paritätische Zeitverteilung balancierte Regelung der Entscheidungsbefugnisse Übergabe/Wechsel der Kinder an einem neutralen Ort ggf. Beratung/Therapie/Mediation
[Ja: 27 Stimmen~ Nein: 23 Stimmen, Enthaltungen 14]
Frage 5. Welche grundsätzliche Empfehlung gibt der Arbeitskreis zum Wechselmodell?
These 5. Die Teilnehmer(innen) des AK erkennen in der Praxis eine steigende Bedeutung der Wechselmodell-Thematik. Die Teilnehmer(innen) des AK befürworten, bei Betreuungsentscheidungen eine Betreuung im Wechselmodell – u.a. alters- und bindungsabhängig – in Erwägung zu ziehen.
Der AK empfiehlt sich mit den Ergebnissen aus der vorhandenen empirischen Forschung auseinanderzusetzen und begrüßt weitere Forschung auf diesem Gebiet. [Ja-Stimmen: 62, Nein-Stimmen: 0~ Enthaltungen: 4]