Ehegattenunterhalt - BGH - 30.09.2015
1. Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts und damit ein nach § 134 BGB unwirksamer Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt vorliegt, setzt voraus, dass zunächst die Höhe dieses angemessenen Unterhaltsanspruchs im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt worden ist.
2. Sonstige ehevertragliche Regelungen, die dem Unterhaltsberechtigen zum Vorteil gereichen können, sind in die Prüfung nicht einzubeziehen. Denn die Wirksamkeit der Regelung des Trennungsunterhalts ist isoliert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegenständen berührt.
Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 30.09.2015
Aktenzeichen: XII ZB 1/15
Leitparagraph: BGB § 1361 IV, § 1360 a III
Quelle: FamRZ 2015, Seite 2131
Kommentierung:
Mit dieser Entscheidung verbleibt es bei der strengen Rechtsprechung des BGH zum verbotenen Verzicht/Teilverzicht auf Trennungsunterhalt. Der Gesetzgeber hat durch Gesetzesverweisung die strenge Unterhaltsverzichtsbestimmung des § 1614 BGB (Kindesunterhalt) auf den Trennungsunterhalt erweitert. Dieses gesetzlich vorgeschriebene Verbot auf Unterhaltsverzicht kann auch nicht durch irgendeine vertragliche Regelung eingeschränkt werden. Entscheidend ist immer, ob der dem Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen zustehende Unterhalt objektiv verkürzt wird. Dazu muss ein Gericht zunächst den angemessenen gesetzlichen Unterhalt feststellen. Für eine vertragliche Ausgestaltung besteht dann jedoch ein gewisser Spielraum. Der BGH will sich konkret auf diesen Spielraum nicht festlegen, führt jedoch aus, dass eine Unterschreitung des gesetzlichen Unterhaltes von bis zu 20 % zulässig sein wird, eine Verkürzung von einem Drittel nicht mehr.
Für die Vertragspraxis ist von Bedeutung, dass bei individuellen Vereinbarungen zum Trennungsunterhalt weiterhin stets Vorsicht geboten ist. Dies gilt insbesondere für vorsorgende Eheverträge. Auch eine vertragliche Regelung, wonach sich ein Ehegatte verpflichtet oder verspricht, Trennungsunterhalt nicht oder nur teilweise geltend zu machen, ist ein unzulässiges und damit unwirksames Umgehungsgeschäft bzgl. Des gesetzlichen Verbotes. Solche Regelungen in Verträgen können allenfalls als Absichtserklärung gewertet werde, in der Hoffnung, dass sich die Vertragsparteien daran halten. Im Falle einer Geltendmachung von Unterhalt trotz einer solchen Regelung, ist diese Regelung unwirksam und Umgangssprachlich ausgedrückt „nicht das Papier wert, auf dem es steht“. Bei jedweder vertraglichen Regelung während der Trennungszeit sei noch darauf hingewiesen, dass Regelungen zum Güterrecht und zum Ehegattenunterhalt notariell geschlossen werden müssen.