Im Sinne des Kindeswohls: „präventiver Rechtsbehelf bei überlangen Verfahren in Kindschaftssachen“
Es ist immer nervenaufreibend, wenn ein Gerichtsverfahren sich lange hinzieht. Es ist aber fatal, wenn sich ein Prozess um das Sorge- und Umgangsrecht in die Länge zieht. In vielen Fällen wird der Kontakt zwischen Kind und Elternteil unterbrochen, in manchen Fällen zu lange unterbrochen, so dass gerade bei kleinen Kindern eine Entfremdung eintritt, die manchmal irreparabel ist und dem Kindeswohl schadet. Immer wieder hat der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) deswegen die Einführung einer Untätigkeitsbeschwerde gefordert. Auf Drängen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat das BMJV einen Referentenentwurf mit einem "Regelungsvorschlag zur Schaffung eines präventiven Rechtsbehelfs bei überlangen Verfahren in bestimmten Kindschaftssachen" vorgelegt. „Es ist wichtig und richtig, dass der Gesetzgeber nun tätig geworden ist. Wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten.“, stellt der ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwalt Ralph Gurk fest.
Um einem überlangen Verfahren vorzubeugen, kennt die Justiz zwei Alternativen: Zum einen kann mit einer Verzögerungsrüge erreicht werden, dass das übergeordnete Gericht überprüft, ob sich das Verfahren zu lange hinzieht und das Ausgangsgericht schnell entscheiden muss. Zum anderen kann die Verzögerungsrüge bewirken, dass nach Verfahrensabschluss bei Feststellung einer unangemessenen Verzögerung eine Entschädigung für materiellen oder immateriellen Schaden gezahlt werden muss. Bei der ersten Alternative spricht man von einer präventiven, bei der zweiten von einer kompensatorischen Lösung.
Der Gesetzgeber entschied sich 2011 für die kompensatorische Lösung, die von ISUV immer als unzureichend kritisiert wurde. „Wenn durch die überlange Verfahrensdauer die Beziehung des Kindes zu einem Elternteil dauerhaft zerstört wird, kann das nicht durch eine Entschädigung in Geld wieder gutgemacht werden.“, kritisiert Professor Siegfried Willutzki, langjähriger Richter und Vorsitzender des Familiengerichtstages.
„Der Entwurf hat noch Schwächen, aber die Einführung einer präventiven Verzögerungsrüge begrüßen wir uneingeschränkt. Zu begrüßen ist auch, die kompensatorische Verzögerungsrüge gilt weiterhin und wird nicht einfach durch die präventive ersetzt, so dass doppelter Druck besteht, Verfahren in Kindschaftssachen schnell zu entscheiden.“, stellt der ISUV-Vorsitzende Gurk fest.
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