ISUV Wahlprüfstein 12 - Kinderrechte sind in das Grundgesetz aufzunehmen

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) hat vor 18 Jahren eine Broschüre herausgegeben, in der die praktische Umsetzung der UN-Kinderrechts-Konvention gefordert wird. Seitdem ist dies ein zentrales Verbandsanliegen. Der ISUV unterstützt daher ausdrücklich das Aktionsbündnis Kinderrechte von UNICEF Deutschland, Deutscher Kinderschutzbund, Deutsches Kinderhilfswerk und der Deutschen Liga für das Kind die ebenso eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz anmahnen.

Der Formulierungsvorschlag des Aktionsbündnisses Kinderrechte für einen neu zu schaffenden Artikel 2a Grundgesetz hat folgenden Wortlaut:

 

(1) Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung seiner Persönlichkeit.

(2) Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag.

(3) Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung in angemessener Weise zu berücksichtigen.

(4) Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die Rechte und Interessen von Kindern berührt, vorrangige Bedeutung zu.

 

Weitere Informationen und ein ausführliches Hintergrundpapier zum Formulierungsvorschlag des Aktionsbündnisses Kinderrechte unter www.kinderrechte-ins-grundgesetz.de

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ISUV kritisiert

Der ISUV kann sich der oft vorgetragenen Auffassung nicht anschließen, dass die Verfassung schon heute die Grundrechte auch der Kinder garantiere und deren spezifische Erwähnung im Grundgesetz somit überflüssig sei. Der ISUV kritisiert die jüngst bei der Anhörung im Rechtsausschuss deutlich gewordene Skepsis gegen eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz. Die Bundesrepublik hat die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet, diese legt eine Verankerung im Grundgesetz nahe. Der Gesetzgeber ist quasi in der Pflicht.

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ISUV hebt hervor

Das Beispiel der Verankerung von Tier- und Naturschutz als Staatsziel 1994 in Artikel 20a zeigt, dass mit einer ausdrücklichen Erwähnung im Grundgesetz ein wichtiges Signal an Staat und Gesellschaft gegeben und wodurch mittelfristig gesehen ein Bewusstseinswandel eingeleitet wird. Die Verankerung der Kinderrechte in Artikel 2a kann deutlich machen, dass Kindeswille und Kindeswohl besonders geschützt werden müssen, weil Kinder dazu als Rechtssubjekte nicht in der Lage sind. Gerade auf Grund der demographischen Struktur Deutschlands hält ISUV einen Impuls grundsätzlich für Kinder, für mehr Rücksicht gegenüber Kindern für ein Gebot der Stunde.

 ISUV fordert

  • Die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz an exponierter Stelle.
  • Das sollte ein Artikel 2a sein, wodurch deutlich wird, dass Kinder auch Handlungsfreiheit haben, die ihnen der Staat garantiert.
  • In jedem Fall sollte verankert sein der Anspruch jeden Kindes auf Förderung und Entfaltung seiner Persönlichkeit.
  • In jedem Fall sollte verankert sein das Recht eines jeden Kindes seine Identität zu kennen.
  • Das Engagement für das Kindeswohl sollte Staatsziel werden.

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Das meinen die Parteien

CDU/CSU

Aus dem Wortlaut von Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz ergibt sich bereits ein besonderes Recht von Kindern auf Fürsorge, Erziehung und Bildung durch beide Eltern. CDU und CSU wollen darüber hinaus, dass auch bei Rechtsstreitigkeiten vor dem Familiengericht die Bedürfnisse der Kinder im Mittelpunkt stehen. So kann z.B. das Gericht nun Maßnahmen verhängen, wenn ein Elternteil den Umgang des anderen Elternteils mit dem Kind zu unterminieren versucht.

FDP

Die Orientierungskraft unserer Verfassung resultiert daraus, dass wir sie nur dann wirklich ändern, wenn wir auch aufzeigen können, dass damit echter Fortschritt verbunden ist, und nicht lediglich Symbolpolitik betrieben wird. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch ausdrücklich klargestellt, dass selbstverständlich Kinder auch Menschen sind, dass sie Menschenwürde haben, dass sie natürlich Träger der Grundrechte sind. Die Subjektstellung der Kinder stellt niemand in unserem Rechtssystem infrage. Durch die Änderung der Verfassung, kommt es für die Kinder zu keinem Zugewinn. Daher sollte man sich nicht hinter einer Verfassungsänderung verstecken, sondern vorhandene Probleme tatsächlich angehen. Man tut nämlich etwas für Kinder, wenn man, so wie wir es getan haben, das Bürgerliche Gesetzbuch ändert, wenn man das Baurecht ändert, um zu verhindern, dass mit Verweis auf Kinderlärm gegen die Schaffung neuer Kindergartenplätze vorgegangen werden kann, wenn man in den Bundesländern dafür sorgt, dass die Jugendämter ordentlich ausgestattet sind, und wenn man das materielle Recht so ändert, dass die Rechte der Kinder in concreto verwirklicht und verteidigt werden können. Probleme beim Gesetzesvollzug löst man nicht mit Verfassungsänderungen.

Piraten

Wir befürworten die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz. Jedoch muss hierbei jeder staatliche Eingriff bei Verletzung eines Grundrechts unter Beachtung der Elternrechte genau definiert werden.

Die Linke

Zusammenfassende Stellungnahme zu mehreren Wahlprüfsteinen

Die Linke sieht die derzeit bestehenden Regelungen zum Selbstbehalt als ausreichend an, vor allem da der Selbstbehalt zu Beginn des Jahres 2013 angehoben wurde. Die rechtlich vorhandenen Mechanismen zur Durchsetzung von Unterhaltsverpflichtungen hält DIE LINKE. ebenfalls für ausreichend.

Das Wechselmodell ist durchaus eine gute Variante, um nach einer Trennung Verantwortung für das Kind zu übernehmen. Sie setzt aber voraus, dass Mutter und Vater weiterhin miteinander kommunizieren und es keine größere räumliche Trennung zwischen den Elternteilen gibt. Die Eltern wären gezwungen beispielsweise im gleichen Bundesland zu bleiben, damit das Kind nicht durch unterschiedliche Schulsysteme zusätzlichem Stress ausgesetzt wird. DIE LINKE. wird aber nicht auf eine gesetzliche Regelung drängen, da aus unserer Sicht vor allem das Kindeswohl im Vordergrund stehen muss.

Auch wir sind der Meinung, dass Kindererziehung nicht zu Altersarmut führen darf. Wir wollen daher die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, damit Eltern trotz Kindererziehung erwerbstätig sein und ausreichend eigenständige Alterssicherungsansprüche aufbauen können. Außerdem wollen wir, dass auch für vor 1992 geborene Kinder drei Jahre zum Durchschnittsverdienst in der Rente anerkannt werden, und eine solidarische Mindestrente einführen, die unabhängig von Beitragsjahren vor Armut im Alter schützt. Der Versorgungsausgleich in der Alterssicherung ist vom Grundsatz her richtig und in besonderen Härtefällen bestehen jetzt schon Ausnahmeregelungen. Das beste Mittel gegen Altersarmut und Härten des Versorgungsausgleichs sind aus unserer Sicht ausreichende eigenständige Alterssicherungsansprüche beider Partner.

DIE LINKE setzt sich für die Aufnahme von Kinderrechten auf Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention ins Grundgesetz ein und hat dazu in der laufenden Legislaturperiode einen Antrag in den Bundestag eingebracht (Bundestagsdrucksache 17/4677). Wir wollen allerdings nicht einen Rechtsanspruch auf beide Eltern, sondern den Vorrang des Kindeswohls dort verankern.

Grüne

Im Fokus unserer Politik steht das Wohl jedes einzelnen Kindes und jedes einzelnen Jugendlichen.

Wir räumen Kindern und Jugendlichen eigenständige Rechte ein, wir wollen sie gezielt fördern und schützen sie, wo Familien dies nicht leisten. Dazu wollen wir Rechte von Kindern und Jugendlichen ausdrücklich ins Grundgesetz aufnehmen. Unsere Bundestagsfraktion hat hierzu einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht.

Wir finden, ein zeitgemäßes Familienrecht muss die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Ausgangssituation beider Eltern eine möglichst frühe gemeinsame Verantwortungsübernahme begünstigt. Dies erfordert einen niedrigschwelligen Zugang zum gemeinsamen Sorgerecht, wie er jüngst geschaffen worden ist. Der Gesetzgeber muss sich dabei am Leitbild orientieren, dass die gemeinsame Sorgetragung in der Regel dem Kindeswohl entspricht~ wohl wissentlich, dass es davon Ausnahmen gibt.

Zu der Entwicklung, Kinder als Subjekte mit eigenen Rechten zu sehen, hat auch die von Deutschland ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention wesentlich beigetragen. Mit ihr hat Deutschland den Grundsatz anerkannt, dass beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind (Art. 9 und 18 der UN-Kinderrechtskonvention). Kinder haben das Recht auf beide Eltern. Auch das Grundgesetz geht grundsätzlich von beiden Eltern aus. „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ (Art. 6 Abs. 2 GG). Eine Klarstellung des Rechtes von Kindern auf beide Eltern im Text des Grundgesetzes halten wir nicht für notwendig.

SPD

Die SPD befürwortet seit Langem die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, die einer Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat bedarf. In der 17. Legislaturperiode hat die SPD-Bundestagsfraktion einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Drucksache 17/13223) eingebracht. Aktuell macht auch der 14. Kinder- und Jugendbericht deutlich, dass die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz nicht nur eine gesellschaftspolitische, sondern auch eine rechtliche Bedeutung hat. Dieser Schritt würde nicht nur zu einer materiell-rechtlichen Verbesserung beitragen, sondern könnte auch das allgemeine Rechtsbewusstsein für die Rechte von Kindern und Jugendlichen beeinflussen. Die Berücksichtigung der Belange von Kindern in der Praxis von Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung würde nachhaltig gestärkt.

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Übersicht der ISUV Wahlprüfsteine

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