ISUV Wahlprüfstein 15 – Flächendeckender Ausbau der Ganztagesbetreuung
Seit dem 01.08.2013 gibt es einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung auch für unter Dreijährige. Ein Anspruch auf Ganztagesbetreuung in weiterführenden Schulen existiert jedoch nicht und entsprechende Angebote sind derzeit noch begrenzt. Zu Recht „bewerben“ Bund und Länder die Ganztagsbetreuung mit den Slogans ""Vereinbarkeit von Familie und Beruf"" sowie ""Eröffnung von Bildungschancen"" für Kinder.
Zahlreiche Gründe - bildungspolitische wie auch pädagogische - sprechen für einen Ausbau von Ganztagsschulen. Familienpolitisch ist eine adäquate Betreuung der Kinder wichtigste Voraussetzung für die Berufstätigkeit von (Kinder) betreuenden Elternteilen.
Eltern, die trotz oder gerade auch wegen der Kinder eine Berufstätigkeit aufnehmen wollen/müssen, sind auf eine bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagesbetreuung auch in der Grundschule und den weiterführenden Schulen angewiesen. Eltern, die trotz oder gerade auch wegen der Kinder eine Berufstätigkeit aufnehmen wollen/müssen, sind daher auf die Unterstützung des Staates und der Länder angewiesen. Zentrale Forderung des ISUV: Ganztagesbetreuung muss auch für Geringverdiener bezahlbar sein.
ISUV beobachtet in vielen Fällen, dass das Risiko von Kinderarmut, Scheidungsarmut und Altersarmut als Folge von Trennung und Scheidung erheblich ist. Durch Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses können diese Risiken verkleinert werden.
Der Gesetzgeber hat im Zuge der Unterhaltsrechtsreform 2008 von geschiedenen Ehegatten mehr wirtschaftliche Eigenverantwortung gefordert, daher muss er auch die entsprechenden Voraussetzungen für Berufstätigkeit beider Elternteile sorgen.
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ISUV fordert
- Verstärkter flächendeckender Ausbau der Ganztagesbetreuung
- Bezahlbare Kinderbetreuung für alle Eltern
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Übersicht der ISUV Wahlprüfsteine
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Das meinen die Bundesparteien
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CDU/CSU
CDU und CSU arbeiten am weiteren Ausbau von Kinderbetreuung, insbesondere bei den Betriebs-Kitas, dazu gehören auch Angebote von 24h-Kitas, die wechselnde Arbeitszeiten für berufstätige Eltern möglich machen. Auch die flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen (Betreuung mind. bis zum 12. Lebensjahr) ermöglichen ein besseres Miteinander von Beruf und Familie. Damit verbunden ist insbesondere auch der qualitative Ausbau der Betreuung.
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FDP
Die im Jahr 2006 von der Großen Koalition verabschiedete Föderalismusreform hat den ohnehin begrenzten verfassungsrechtlichen Spielraum im Bereich der Bildung noch weiter eingeschränkt. Das bedeutet, dass der Bund derzeit über keine unmittelbaren Möglichkeiten verfügt, den Ausbau der Ganztagsbetreuung voranzutreiben oder diese inhaltlich auszugestalten. Daher ist es besonders wichtig, dass die Länder sich dieser Aufgabe widmen. In diesem Zusammenhang setzt sich die FDP für den bedarfsorientierten Ausbau von schulischen Ganztagsangeboten ein. Wir wollen Schulen darin unterstützen, ihr Leistungsspektrum sukzessive auszuweiten. Gemeinsam mit Vereinen, Musikschulen und weiteren Kooperationspartnern sollen sie Schülerinnen und Schüler neben herkömmlichen Förderangeboten eine breite Palette an kulturellen Betätigungsfeldern, aber auch Sport- und Freizeitaktivitäten zur Auswahl unterbreiten. Gerade Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen oder sozial schwachen Milieus, die ansonsten kaum von außerschulischen Trägern der kulturellen Bildung oder des Vereinswesens erreicht werden, können von einem solchen klassisch „bildungsbürgerlichen“ Angebot enorm profitieren. Diejenigen Elternhäuser, die ohnehin schon auf das reichhaltige Angebot von Sportvereinen, Musikschulen oder Aktivitäten von der Jugendfeuerwehr bis hin zu den Pfadfindern zugreifen, werden durch solche Kooperationen wesentlich entlastet, da Planung, Anfahrten und Abholung entfallen. Schließlich profitieren die außerschulischen Träger, da sie ihren Einzugskreis erweitern und die schulische Infrastruktur nutzen können.
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Piraten
Die Ganztagesbetreuung ihrer Kinder stellt neben pädagogischen und sozialen Aspekten für Eltern oftmals die einzige Möglichkeit dar, ihrem Beruf nach gehen zu können und muss allen Kindern zur Verfügung stehen, deren Eltern sie wahrnehmen wollen.
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Die Linke
Die Linke hat die Wahlprüfsteine 13-17 zusammen wie folgt beantwortet:
Die Linke sieht in der Ermöglichung der Berufstätigkeit beider Elternteile einen zentralen Ansatzpunkt, um Armut von Familien während des Erwerbslebens und im Alter zu verhindern. Damit beide Eltern berufstätig sein können, muss aus Sicht der Partei DIE LINKE vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Insbesondere Alleinerziehende benötigen mehr Unterstützung. Deswegen spricht sich DIE LINKE für den Ausbau der Kindetagesbetreuung sowie die familienfreundliche Gestaltung der Arbeitswelt aus. Eltern soll ein Rechtsanspruch auf Rückkehr auf Vollzeit und ein verbesserter Kündigungsschutz eingeräumt werden sowie die Möglichkeit, die Elternzeit flexibel aufzuteilen.
DIE LINKE fordert eine gebührenfreie und qualitativ hochwertige Kinderganztagesbetreuung. Bedarfsgerecht bedeutet, dass neben einem ausreichenden zeitlichen Umfang auch Angebote außerhalb der regulären Öffnungszeiten bereitgestellt werden. Betreuungsangebote sind grundsätzlich altersgerecht und inklusiv auszugestalten. Qualitativ hochwertig bedeutet: Wir brauchen gut ausgebildete Erzieher/innen, kleine Gruppen sowie einheitliche Qualitätsmindeststandards, um qualitativ hochwertige Kinderbetreuung flächendeckend gewähren zu können und den Ansprüchen der frühkindlichen Bildung gerecht zu werden. In solchen Einrichtungen kann auch Trennungskindern besondere Unterstützung gegeben werden.
DIE LINKE setzt sich für mediative Verfahren ein. Besonders in Sorgerechtstreitigkeiten sollte auf diese Methode zurückgegriffen werden, um unnötigen Stress und Belastungen für Kinder und Eltern zu vermeiden.
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Grüne
Frühkindliche Bildung braucht Zeit. Der Ganztagsbetrieb ermöglicht einen neuen Tagesrhythmus in den Einrichtungen und bietet mehr Zeit für die Förderung insbesondere der Kinder, denen in ihren Familien wenig Förderung zu Teil wird und ist somit ein wichtiger Qualitätsfaktor. Daher fordern wir eine Klarstellung im Bundesgesetz, dass es sich beim Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz um einen Ganztagsplatz handelt - für alle Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr bis zur Einschulung. Und wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern wollen, darf sich die Betreuungszeit nicht auf den Zeitraum von 8.00 - 16.00 Uhr erschöpfen. Kindertagesstätten müssen ihre Öffnungszeiten an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt anpassen.
Auch für Schulkinder müssen die Ganztagsangebote dringend ausgebaut werden. Denn vielfach drohen die Betreuungsarrangements sonst mit der Einschulung wegzubrechen. Außerdem bietet eine Ganztagsschule mehr Raum für individuelle Förderung der Kinder. Wir wollen deshalb die Länder beim Aufbau von Ganztagsschulen durch ein neues Ganztagsschulprogramm des Bundes unterstützen. Voraussetzung dafür ist allerdings die Abschaffung des Kooperationsverbots in der Bildung.
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SPD
Doris Barnett (SPD, Ludwigshafen) beantwortet die Wahlprüfsteine 15 und 16 zusammen wie folgt:
Um den Ausbau der Kindertagesbetreuung zu forcieren und dauerhaft mehr Fachkräfte für den Bereich der frühkindlichen Bildung zu gewinnen, fordern wir seit Langem einen „Krippengipfel“ und eine Fachkräfteoffensive (siehe auch Aktionsplan der SPD „Kitaausbau vorantreiben – Rechtsanspruch sichern!“ von Mai 2012). Da die Bundesregierung sich hier nicht ausreichend engagiert hat, sind diese Forderungen nach wie vor aktuell.
Die SPD sieht bei diesem Thema eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Sie wird sich auch in der kommenden Legislaturperiode für die Umsetzung eines gemeinsamen Aktionsplans einsetzen, der alle politischen Ebenen in die Pflicht nimmt, den Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kita oder in Tagespflege ab dem ersten Geburtstag zu sichern, die Qualitätssicherung und -entwicklung und den Ausbau von Ganztagsangeboten voranzubringen.
Dies gelingt nicht ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Kommunen. Als eine Maßnahme gehört für uns dazu, das bildungsfeindliche Betreuungsgeld abzuschaffen und die bis zu 2 Mrd. Euro, die dafür mittelfristig jährlich anfallen würden, komplett in den Ausbau von Kitas und Kindertagespflege zu investieren.