Lange Ehe lohnt sich wieder? - Falsches Signal für Ehefrauen, Mütter und wankelmütige Richter

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) kritisiert, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung, wonach Frauen nach langer Ehedauer mehr und länger Unterhalt bekommen sollen, überflüssig ist und Müttern ein falsches Signal gibt. „Wir kritisieren die Hast, die Intransparenz, mit der der Gesetzentwurf – er liegt offiziell noch nicht vor – durch den Bundestag gepeitscht werden soll. Wie sonst üblich, fand keine Anhörung der Verbände und der Richterschaft statt. Die Begriffe „lange Ehedauer“, „Heirat vor langer Zeit“, „nacheheliche Solidarität“, sind interpretationsbedürftig, öffnen dem subjektiven Rechtsempfinden Tür und Tor, machen Rechtsprechung intransparent, gaukeln Unterhaltsansprüche vor, die in der Realität nicht eingelöst werden können oder beide Ehe-malige an die Armutsgrenze führen.“, kritisiert der ISUV-Vorsitzende Josef Linsler.

Von „gravierender Änderung“ wie lautstark gemeldet, will man dagegen  im Bundesministerium der Justiz nichts wissen. Vielmehr wird versichert, es werde eine Reform der Reform nicht geben. Es gebe zwar manchmal Probleme, wenn lange Ehen geschieden werden, wenn innerhalb einer Ehe die Absprache bestand, dass die Frau zu Hause bleibt. Zur Regel werde aber jetzt nicht ein Lebensunterhalt oder gar die Rückkehr zur Lebensstandardsgarantie. Erwerbsobliegenheit werde  immer bestehen, schließlich müssen „Versorgungsausgleichsrenter“ auch arbeiten. Es ist richtig, dass in § 1578 b die nacheheliche Solidarität angelegt ist, dem gelte es Rechnung zu tragen. Dabei sei die Länge der Ehe ein besonderer Aspekt.

Entscheidend sei auch die wirtschaftliche Gemeinschaft, wenn sich beide Partner aufeinander wirtschaftlich eingelassen haben. Ob jemand Unterhalt zugesprochen bekomme, ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalles, es bestehe aber laut BMJ weiterhin ein Restrisiko.

Des Weiteren versichert man im Ministerium, es werde höchstens zu einer geringfügigen „Nachjustierung“ kommen, bei der die eheliche Solidarität mit ein zwei Worten nochmals hervorgehoben wird. Eine Reform der Reform werde es auch insofern nicht geben, weil die Gerichte in der Regel Ungerechtigkeiten „austarieren“.

Dass die Ehedauer ein besonderes Kriterium bei der Unterhaltszumessung ist, hat der Bundesgerichtshof schon 2010 mit seiner Rechtsprechung verdeutlicht, indem er festgestellt hat, dass eine Befristung oder Begrenzung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs unzulässig sein kann, wenn zwar keine ehebedingten Nachteile vorliegen, eine Beschränkung aber mit Blick auf die insbesondere bei Ehen von langer Dauer gebotene nacheheliche Solidarität unbillig erschiene (Entscheidung XII ZR 202/08 vom 6. Oktober 2010, FamRZ 2010, 1971). - Die Gerichte müssen diese Rechtsprechung nur anwenden. Der vorliegende Gesetzentwurf ist daher überflüssig.

Inzwischen hat der Entwurf in der Öffentlichkeit schon eine Eigendynamik entwickelt. Es werden Fragen gestellt und auf Grund von Erfahrungen vor der Reform des Unterhaltsrechts ergeben sich Befürchtungen und Erwartungen der Betroffenen:

Heißt die Maxime für Frauen fortan, wenn sie lebenslangen Unterhalt beanspruchen: „lange ducken – lange durchhalten – den Anspruch unnachgiebig mit einem Anwalt durchboxen“? – Vordergründig eine Handlungsalternative, jedoch in den meisten Fällen wird dann für beide Ehe-malige ein Leben am Existenzminimum generiert.

Schon heute ist der Begriff der „langen Ehe“ ins Belieben so manches Richters gestellt. Liegt eine lange Ehedauer wenn das Paar sich nach 9 Jahren trennt? Kann die Frau auf nacheheliche Solidarität zählen, weil die Unterhaltsrechtsreform erst 2008 verabschiedet wurde und die Folgen 2003 bei Eheschließung noch nicht abzusehen waren?

Wie steht es mit der Frau, die mit 20 Jahren geheiratet hat, nachdem die Kinder aus dem Hause sind, entdeckt sie nach 24 Ehejahren im zarten Alter von 44, dass sie sich selbstverwirklichen will. Sie lässt sich scheiden, wendet sich der Esoterik und Psychologie zu. - Sicher liegt in diesem Fall eine lange Ehedauer vor, auch die traditionelle Rollenverteilung. Wie aber steht es mit der nachehelichen Solidarität der Ehe-maligen? Hat der Mann allein die Selbstverwirklichung der Frau zu finanzieren, sofern sein Einkommen reicht, wie wird befristet, wie begrenzt?

Unterhaltsfragen sind hochsensibel, es geht um eine Menge Geld und um Lebenschancen für die Betroffenen. „Der Gesetzentwurf wirbelt ohne Not Staub auf, stellt ungewollt die Unterhaltsrechtsreform in Frage, verunsichert Richterinnen und Richter, leistet der trügerischen Hoffnung Vorschuss, dass Frau auch ohne Arbeiten über die Runden kommt, dass Unterhaltsansprüche befriedigt werden können nach dem Motto: Durchhalten lohnt sich. Männer fühlen sich darin bestätigt, dass die Ehe ein unkalkulierbares Risiko ist, - daher nicht heiraten und keine Kinder. – Der ISUV rät deswegen dringend als Ehe-Risiko-Absicherung einen Ehevertrag zu schließen.“, fasst Linsler zusammen.

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