Neueste Ausgabe "DIE ZEIT" - Titelthema: Scheidung & Scheidungsgen

Schön, dass DIE ZEIT es wieder einmal an der Zeit gefunden hat das Thema Scheidung als Titel zu wählen. Mehrere Artikel wollen veranschaulich beziehungsweise suggerieren positive Veränderungen bei Sorge- und umgangsrechtlichen Verfahren. Die Botschaft heißt: Kinder können heute das Trauma Scheidung besser überwinden. Allerdings sind die Artikel zu schöngefärbt. Im Folgenden einige kritische Anmerkungen, die in den Artikeln fehlen.

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Beim Lesen der sehr gefällig geschriebenen Artikel kann man den Eindruck gewinnen, alles ist gut oder hat sich zumindest gebessert. Ja beim Kampf ums Kind hat sich einiges gebessert, allerdings mit sehr großen regionalen Unterschieden. Statistiken erfassen nur vordergründig die familiale Binnenstruktur nach der Scheidung. So sagt der Zustand der gemeinsamen elterlichen Sorge noch gar nichts oder wenig aus, ob überhaupt und wie intensiv gemeinsame Elternverantwortung praktiziert wird. Von sehr vielen Betroffenen ist bekannt, dass sie nach einer gewissen Zeit des Streitens resignieren, den Kontakt zum Kind einschränken oder gar einstellen.

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Nicht wenige Väter und seit einigen Jahren auch Mütter klinken sich aus, weil sie die hohen Kosten scheuen, weil sie vor dem Apparat aus Gerichten, Jugendämtern und Anwälten resignieren. Heftig kritisiert wird mangelnde Transparenz der Arbeit von Jugendämtern und Gerichten. Am heftigsten in der Kritik stehen bei Betroffenen die psychologischen Gutachten, sie tragen oft geradezu zur Verschärfung von Konflikten bei.  Diese Kritik ist nach Erfahrungen des ISUV berechtigt, weil die „Gutachter“ vielfach nicht entsprechend qualifiziert sind. Es ist an der Zeit, dass es endlich adäquate Qualitätsstandards für psychologische Gutachter gibt. Schließlich haben sie ein mächtige Stellung in Sorge- und Umgangsverfahren.

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Es sind weniger die „Experten“, die zur Überwindung des Scheidungstraumas beitragen, sie können höchstens Hilfestellungen bieten. Es ist vielmehr die Zeit, die bei Betroffenen Empathie für die Kinder wachsen lässt und so gemeinsame Elternschaft möglich macht. Fakt ist aber auch, dass es auch heute noch mehr Väter, Mütter und Kinder sind, als die Statistik sie ausweist, die sich zermürbt ausklinken, resignieren, verbittern und krank werden.

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Ob die Kinder nun als "Scheidungskinder" ein „Scheidungsgen“ in sich tragen, das sei dahingestellt. Ob Scheidungskinder sich wieder scheiden lassen, hängt viel mehr von ihren individuellen Glücksvorstellungen, ihrer Leidens- und Kommunikationsbereitschaft ab als von einem vordergründigen statistischen „Scheidungsgen“, das sie quasi durch die Scheidung der Eltern übertragen bekommen haben sollen.-

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