Umgangsrecht | Begleiteter Umgang wegen Pädophilieverdachts - BVerfG - 30.7.2014

 

Wird das Recht des Vaters auf Umgang mit seinem Kind auf begleiteten Umgang beschränkt, weil der andere Elternteil den unbegleiteten Umgang wegen Verdachts auf eine Pädophilie des Vaters gänzlich ablehnen und dadurch das Kindeswohl gefährden würde, ist das Elternrecht des Vaters aus Art. 6, Abs. 2 GG nicht verletzt.

Beschluss:
Gericht: BVerfG
Datum: 30.7.2014
Aktenzeichen: 1 BvR 1530/14
Quelle: NZFam 2015, Seite 234

Kommentierung:

Die Tochter ist 10 Jahre alt, die seit der Trennung vor 8 Jahren bei der Mutter lebt. In den Jahren 2007/2011 gab es gegen den Vater zwei Strafverfahren wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften. Das erste Verfahren wurde gegen eine Geldbuße eingestellt. Das zweite Verfahren endete mit einer Verurteilung zu einer Geldstrafe, er hat die Tat eingeräumt, ansonsten aber geschwiegen. Er hat unbegleiteten Umgang mit seiner Tochter begehrt. Ein Gutachten hat ergeben, dass es weder sicher ausgeschlossen noch dass es sicher festgestellt werden könne, dass die möglichen pädophilen Neigungen des Vaters eine Gefahr für die Tochter beim Umgang sein könne. Es wurde daraufhin nur begleiteter Umgang gewährt. Dagegen wendet sich der Vater.

Das BVerfG hat bereits entschieden, dass die Einschränkung des Umgangsrechtes nicht allein auf den Verdacht einer pädophilen Neigung gestützt werden kann. Es müssen weitere Umstände vorliegen, die eine konkrete Gefährdung des Kindeswohles befürchten lassen (BVerfG, FamRZ 2005, Seite 1816). Das OLG hatte im konkreten Fall die Kindeswohlgefährdung auf den erheblichen Konflikt zwischen den Eltern gestützt und nicht auf die vage Möglichkeit/Verdacht einer pädophilen Neigung. Es war abzustellen auf den nicht aufzulösenden Konflikt zwischen den Eltern, ob der Vater pädophile Neigungen hat und damit das Kind gefährde und der beiderseits fehlenden Akzeptanz der Erziehungsfähigkeit des jeweils anderen. Es sei daher verfassungskonform, die Umgangseinschränkung so lange zu befristen, bis das dann 13-jährige Kind so reif und eigenständig ist, dass es eigenverantwortlich über den Umgang mit seinem Vater entscheiden könne.

Gerechnet ab der Entscheidung des OLG wurde der Umgang des Vaters auf über vier Jahre eingeschränkt. Der EuGHMR fordert von den Gerichten grundsätzlich die jährliche Überprüfung umgangsausschließender Maßnahmen, wenn eine erneute Begutachtung das Kindswohl jedoch ernsthaft gefährden könnte, kann im Einzelfall eine Aussetzung der Überprüfung eines Umgangsausschlusses für 3 Jahre gebilligt werden (EuGHMR, FamRZ 2011, Seite 1484). Im vorliegenden Fall ging es „nur“ um die Einschränkung des normalen Umgangs hin zum begleiteten Umgang, und nicht um einen vollständigen Umgangsausschluss, sodass es fraglich ist, ob die Entscheidungen des EuGHMR auf den hiesigen Fall analog anzuwenden sind oder nicht.