Unterhaltsrecht - KG Berlin - 3.12.2013
Die Obliegenheit, eine Erwerbstätigkeit zur Erzielung höherer Einkünfte aufzunehmen, besteht ab dem Zeitpunkt, in dem der Unterhaltspflichtige ernsthaft mit einer Inanspruchnahme auf Unterhalt rechnen muss.
Beschluss:
Gericht: KG Berlin
Datum: 03.12.2013
Aktenzeichen: 18 UF 166/12
Leitparagraph: BGB §1603
Quelle: NZFam 2014, Seite 758
Kommentierung:
Im vorliegenden Fall waren die Kinder beim Vater lebend, die Kindsmutter grundsätzlich barunterhaltspflichtig. Die Kindsmutter war Unternehmensberaterin und ist in Insolvenz gegangen. Die von der Kindsmutter vorgelegten Bewerbungen waren dem Gericht nicht ausreichend, denn bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern besteht auch eine erweiterte Bewerbungsverpflichtung, insbesondere deshalb, weil sie aufgrund der Tatsache, dass die Kinder beim Vater lebten, von Anfang an davon ausgehen konnte und durfte, dass sie auf Unterhalt in Anspruch genommen wird.
Diese Entscheidung zeigt wieder mal die hohen Anforderungen der Gerichtspraxis für die Erfüllung der Erwerbsobliegenheit bei Minderjährigen. So sind großräumige Bewerbungen trotz Erschwerung der Umgangskontakte zumutbar. Anzahl und inhaltliche Qualität von Bewerbungen müssen davon zeugen, dass sich der Unterhaltsverpflichtete tatsächlich auf seine Fähigkeiten und seine Ausbildung zugeschnittene Stellen bemüht. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass die Zumutbarkeitskriterien für eine Nebenbeschäftigung gering sind, solange der sogenannte Mindestunterhalt für minderjährige Kinder nicht sichergestellt ist. Der Nachweis, dass eine reale Beschäftigungschance nicht besteht, ist praktisch nur dadurch zu führen, dass eine hinreichende Anzahl von erfolgslosen Bewerbungen nachgewiesen wird, wobei über Vermittlungsbemühungen über den Jobcenter hinaus auch Eigeninitiative ergriffen werden muss (BGH, NJW 2014, Seite 932). Die Rechtsprechung geht davon aus, dass man nahezu die gleiche Zeit für Bewerbungen aufwenden muss und nachweisen muss, wie bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit. Dies gilt verschärft wie gesagt beim Minderjährigenunterhalt, aber auch für jeden Fall in welchem eine Erwerbsobliegenheit besteht (z. B. Erwerbsobliegenheit nach Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes beim Ehegattenunterhalt).