Weiterhin Ungleichbehandlung der Zweitehe

Das neue BGH-Urteil basiert auf dem Grundsatzurteil vom 30.07.2008 (XII ZR 177/06), in dem die sogenannte Dreiteilung festgelegt wurde. In der Praxis bedeutet dies, das für den Unterhalt der Erwachsenen - geschiedene Frau, Mann und Zweitehefrau - zur Verfügung stehende Einkommen wird durch drei geteilt, jeder bekommt den gleichen Anteil. Im Vergleich zu früher wurde dadurch die Haushaltskasse der Zweitehe etwas aufgebessert.

Auf die Frage, was sich jetzt verändert hat, stellt ISUV-Pressesprecher Dr. Thomas Herr fest:
"Nach dem jetzigen Urteil wird die Zweitehefrau so behandelt, als sei auch sie geschieden. Es kommt nicht mehr darauf an, welches Einkommen die zweite Ehefrau tatsächlich hat, sondern darauf, welches sie als geschiedene Ehefrau haben müsste. Dies sei zum Zwecke der Gleichbehandlung geboten, hebt der BGH hervor. In der Praxis bedeutet das: Die geschiedene Ehefrau ist 55 Jahre alt und auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Die zweite, jüngere Ehefrau ist zwar vermittelbar, betreut aber das über drei Jahre alte Kind. Bei der Dreiteilungsberechnung wird ab jetzt bei der zweiten Ehefrau ein Einkommen eingesetzt, auch wenn sie überhaupt nicht berufstätig ist, bei der ersten jedoch nicht. Diese bekommt sodann mehr Unterhalt als 1/3 des Einkommens des Mannes, und zwar zu Lasten der zweiten Ehefrau und Mutter. In der Zweitehe können die Partner die Rollen nicht frei wählen, obwohl diese Freiheit durch das Grundgesetz (Art. 2) und das BGB (§ 1356) ausdrücklich garantiert ist. Die geschiedene Ehefrau kann faktisch von der zweiten verlangen, arbeiten zu gehen oder sich zumindest rechtlich so behandeln zu lassen, als wäre sie erwerbstätig, soweit diese nicht einen Ausnahmefall beweisen kann, beispielsweise die Betreuung eines unter drei Jahre alten Kindes. Praktisch arbeitet dann die zweite für die erste Ehefrau."