Wenn zwei, drei, vier Frauen Anspruch auf Unterhalt haben...
Rechtsanwalt Dr. Thomas Herr ordnet die BGH-Rechtsprechung ein:
"Der BGH greift zur Auslegung der langen Ehedauer in § 1609 Nr. 2 auf § 1578 b BGB zurück. Die Rechtsprechung setzt damit die Tendenz fort der absoluten Zahl der Ehejahre weniger Bedeutung beizumessen. Vielmehr gewichten die Richter die Ehedauer unter dem Aspekt der durch die Ehe entstandenen Nachteile. Für Gerichte und Anwälte wird es künftig wichtig sein ehebedingte Nachteile herauszuarbeiten. Ehebedingte Nachteile können entstehen, wenn einer der Partner wegen Kindererziehung nicht erwerbstätig war, auf Karriere verzichtet hat oder die Ausbildung abgebrochen hat, weil der Partner dies wollte."
Neu ist, dass der Unterhaltsbedarf künftig aus einer Drittelung des vorhandenen Einkommens ermittelt wird, wenn zwei Ehegatten gleichrangig unterhaltsberechtigt sind.
Kritisch stellt dazu Rechtsanwalt Joachim Bensch, Fachanwalt für Familienrecht aus Würzburg fest: "Die Einkommen aller, der Exfrau, der Zweitehefrau, des unterhaltspflichtigen Mannes - kommen in einen Topf. Das bedeutet, dass alle Auskunft geben müssen, auch die Zweitehefrau muss offenlegen, was sie verdient, da ist sicher Streit angesagt. Interessant wird auch die Berechnung nach dem Gleichteilungsgrundsatz, wenn drei oder vier Frauen Unterhalt beanspruchen, deren Einkommen dann ermittelt werden muss. Dann kommt es zur Viertelung, zur Fünftelung... Der Mann kann sich dann nur noch damit trösten, dass ihm in jedem Fall der Selbstbehalt bleiben muss."
Der ISUV-Bundesvorsitzende Josef Linsler glaubt: "Tendenziell wird es nach dem neuen Recht immer mehr Einzelfall-Entscheidungen geben. Urteile werden gerechter, aber sie sind für Betroffene auch weniger vorhersehbar. Die beiden ersten BGH-Urteile zum neuen Unterhaltsrecht bieten Ansätze zum Streiten. Es bleibt genügend Arbeit für Richter und Anwälte".