Zweierlei Maß: Unterhaltspflichtige und „Bürgergeldempfänger“

Hubertus Heil, Bundessozialminister, hat den Gesetzentwurf der Bunderegierung zum „Bürgergeld“ präsentiert. Das Bürgergeld wird Hartz IV ersetzen. Alle ehemals „Hartz IV-Leistungsempfänger/Innen“  und jetzt „BürgergeldempfängerInnen“ dürfen sich freuen. Angedacht ist eine „Vertrauenszeit“. Klingt gut und ist es auch: keine Leistungskürzungen bei Pflichtverletzungen. Es gibt noch weitere Bonbons: beschränkte Vermögensanrechnung und eine „angemessene Erhöhung der Regelsätze“, die nicht hinter der Inflation bleiben dürfe. Es erreichten uns dazu seit Bekanntwerden der Pläne viele Zuschriften von Unterhaltspflichtigen. „Die Wut hunderttausender unterhaltspflichtiger Mütter und Väter, die mit dem Selbstbehalt – 1160 EURO – klarkommen müssen, ist berechtigt. Seit drei Jahren wurde der Selbstbehalt trotz Inflation, Explosion der Miet- und Energiekosten nicht erhöht. Gleichzeitig stieg der Kindesunterhalt um fast 15 Prozent. Einseitig wurden Unterhaltspflichtige schlechter gestellt. Regierung und Parteien überlassen die Festlegung des notwendigen Eigenbedarfs den Oberlandesgerichten“, kritisiert die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich.

Alle Armutslobbyisten dürfen sich die Hände reiben. Gerade jetzt in der wohl größten wirtschaftlichen Krise seit Gründung der Bundesrepublik, wird von dieser Bundesregierung das Subsidiaritätsprinzip von Fordern und Fördern aufgegeben. Ist es gar der Einstieg zum bedingungslosen Grundeinkommen?

ISUV hatte eine Anhebung des notwendigen Eigenbedarfs für Unterhaltspflichtige inflationsbedingt um 100 EURO pro Monat ab 1. Juli 2022 gefordert. Tatsächlich haben die Präsidenten der Oberlandesgerichte diese Forderung aufgegriffen. Zur Diskussion stand eine symbolische Anhebung um 40 EURO. „Von einer angemessenen Erhöhung, die Sozialminister Heil den nicht erwerbstätigen Bürgergeldempfänger/Innen verspricht kann nicht die Rede sein“, kritisiert ISUV-Pressesprecher Josef Linsler. Aber nicht einmal zu dieser symbolischen Geste war man seitens der süddeutschen Oberlandesgerichte bereit. „Da wurde eine Chance vertan, Respekt gegenüber Unterhaltspflichtigen zu zeigen“, kritisiert Ulbrich.

 Daher fordert ISUV, dass der notwendige Eigenbedarf Unterhaltspflichtiger gleichzeitig mit dem Mindestbedarf von der Politik festgelegt werden soll. Es handle sich um eine wichtige sozialpolitische Entscheidung, die nicht Richtern überlassen werden dürfe. „Mindestbedarf für Kinder und Unterhaltszahler/Innen werden mit ein und demselben Einkommen finanziert, das wird von den OLG-Richtern unter dem Druck der ständig armen und mehr fordernden Lobby der Unterhaltsberechtigen verdrängt. Dabei weiß jeder Bauer, man muss die Kuh auch füttern, wenn sie Milch geben soll“, stellt Linsler sarkastisch fest.