Aus „Umgang“ wird „Betreuung“! – aktueller Beschluss des Amtsgerichts Brake (Unterweser)

In einem nicht veröffentlichten Beschluss vor dem Amtsgericht Brake (Unterweser) unter dem Aktenzeichen 5 F 298/21 UG ging es unter anderem um die Frage, ob eine Mutter im Rahmen eines Umgangsverfahrens verlangen kann, dass der Vater des gemeinsamen Kindes seine Umgangszeiten in den Ferien so ausweitet, dass das Kind in den Ferien jeweils hälftig bei jedem Elternteil ist. Die Mutter argumentierte damit, dass sie berufstätig sei, sich um Fremdbetreuung kümmern und das in höherem Maße finanzieren müsse als der Vater. Der Vater wehrte sich gegen die Ausweitung dieses Umgangs mit der Begründung, seine Berufstätigkeit ermögliche es ihm nicht, das Kind während der Ferienzeiten persönlich zu betreuen. Er wolle nur Umgang zu den Zeiten, in denen er auch entsprechend persönlich verfügbar sei.

Das Amtsgericht hat Folgendes entschieden:

„Sind beide Eltern berufstätig, so sind beide gehalten, dies in Einklang mit der Betreuung des Kindes zu bringen. Diesbezüglich stellt sich die Situation des hiesigen Antragsgegners und der Antragstellerin gleich oder jedenfalls sehr ähnlich dar. Der Kindesvater kann sich mithin nicht darauf zurückziehen, eine Abweichung von einer hälftigen Aufteilung der Ferien sei deshalb angezeigt, weil er nicht in dem Umfang Umgang habe, der die Hälfte der Schulferien ausmache. Es ist der heutigen Lebensrealität als immanent anzusehen, dass Eltern aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht in der Lage sind, die gesamte Ferienzeit ununterbrochen mit ihrem Kind zu verbringen. Nicht zuletzt ist es für die Erfahrungen und die Entwicklung des Kindes sogar wichtig, wenn es die berufsbedingte Abwesenheit des jeweiligen Elternteils miterlebt.“

Aus Sicht des ISUV trifft diese Entscheidung den Kern dessen, was wir im Kindschaftsrecht fordern. Es geht nicht nur um Gleichbehandlung der Eltern, sondern auch darum, dass Umgang nicht lediglich ein beliebig disponibler Teil des Lebens ist, sondern rein faktisch zur gemeinsamen Bewältigung des Lebens auch und gerade als Trennungsfamilie erforderlich ist.