Kinder haben Rechte gerade auch im Fall von Trennung und Scheidung: Pflicht zur Anhörung des Kindes

Eine Sorge­rechts­entscheidung darf gemäß § 159 Abs. 1 FamFG ohne vorherige Anhörung des Kindes nicht ergehen. Die Pflicht zur Kindesanhörung besteht auch in einem Eilverfahren und unabhängig vom Alter des Kindes. Dies hat das Oberlandesgericht des SaarlandesBeschluss vom 18.02.2022 - 6 UF 5/22 entschieden.

 

Hintergrund: Im Dezember 2021 untersagte das Amtsgericht Homburg in einem Eilverfahren einer Kindesmutter den Umgang ihres Kindes mit ihrem Lebensgefährten. Zudem sollte sich der Lebensgefährte nicht in der Wohnung der Kindesmutter aufhalten, wenn diese Umgang mit dem Kind hat. Das Gericht begründete die Anordnungen mit einer Kindeswohlgefährdung. Jedoch hatte es das sechsjährige Kind nicht angehört. Gegen die Entscheidung richtete sich die Beschwerde der Kindesmutter.

Das Oberlandesgericht des Saarlandes gab der Mutter Recht. Das OLG begründete seine Entscheidung damit, wegen der fehlenden Anhörung des Kindes liege ein schwerer Verfahrensfehler vor. Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde daher aufgehoben und zur Neuentscheidung an das Amtsgericht zurückgewiesen.

Oberlandesgericht: Anhörung in jedem Fall

Das Familiengerecht müsse gemäß § 159 Abs. 1 FamFG das Kind persönlich anhören. Diese Pflicht gilt auch im einstweiligen Anordnungsverfahren und hat unabhängig vom Alter des Kindes zu erfolgen. Das OLG verweist auf BGH-Rechtsprechung, dass Kinder in einem ihre Person betreffenden Verfahren jedenfalls ab einem Alter von etwa drei Jahren persönlich anzuhören sind. Es müssen schon besondere Gründe genannt werden, wenn von der Anhörung abgewichen wird.

Interessant auch, die OLG-Richter ließen nicht gelten, dass das Amtsgericht sich auf die sieben Monate zuvor erfolgte Anhörung des Kindes beriefen. Das OLG stellte fest, dass die Situation und der Grund ein anderer ist als der zuvor. Auch hoben die Richter den zeitlichen Abstand von sieben Monaten hervor.