Rechtstipp: Kindesunterhalt - Sonderbedarf - Mehrbedarf

Häufige Frage von Mitgliedern:

Was ist alles durch den Kindesunterhalt abgedeckt? Wann kann Sonderbedarf, wann kann Mehrbedarf geltend gemacht werden?

Rechtsanwältin Rosemarie Rittinger antwortet:

Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen zwei Arten von Bedarf, nämlich von regelmäßigem Mehrbedarf und sogenanntem Sonderbedarf.

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Mehrbedarf ist derjenige Teil des Lebensbedarfs (§ 1610/II BGB), der regelmäßig, jedenfalls während eines längeren Zeitraums, anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er mit Regelsätzen nicht erfasst werden kann, aber kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts berücksichtigt werden kann.

Sonderbedarf ist dagegen ein unregelmäßig auftretender, außergewöhnlich hoher Bedarf (§ 1613/II BGB), der nicht auf Dauer besteht und daher zu einem einmaligen, jedenfalls aber zeitlich begrenzten Ausgleich neben dem regelmäßig geschuldeten Barunterhalt führen kann. Der Bundesgerichtshof verlangt für Sonderbedarf, dass sich die Kosten nicht mit Wahrscheinlichkeit voraus sehen lassen und bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden konnten.

Sie sehen also bereits aus dieser Schilderung, der Wiedergabe der ständigen Rechtsprechung, dass der typische Fall des regelmäßigen Mehrbedarfs bei der Anschaffung eines Kinderzimmers nicht vorliegt. Bei diesem handelt es sich entweder um krankheitsbedingten Mehrbedarf, Kosten von Privatschulden, Tagesheimschulen etc.

Zu prüfen ist, ob Sonderbedarf geltend gemacht werden kann.

Sonderbedarf muss überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar sein. Nur wenn er nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar und deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte, ist das Kind berechtigt, ihn neben der Geldrente (laufender Tabellenunterhalt) geltend zu machen. Das Gesetz lässt nur einen „außergewöhnlich“ hohen Bedarf als Sonderbedarf gelten. Im Zweifel soll es bei der laufenden Unterhaltsrente sein Bewenden haben. Nur in Ausnahmefällen soll eine gesonderte Ausgleichung zusätzlicher unvorhergesehener Ausgaben erfolgen. Wenn sich der Unterhaltsberechtigte auf eine voraussehbare Ausgabe einrichten kann, gehört diese im Zweifel zum laufenden Unterhalt. Wenn wir die Rechtsprechung weiter betrachten, ist typischer Sonderbedarf unvorhergesehene Krankheit, Operation und ähnliche Kosten. Kein Sonderbedarf sind Kosten der Konfirmation. 

Insgesamt spricht der Aufwand für die Jugendzimmer nicht nur gegen Mehrbedarf, den können wir auf jeden Fall ausschließen, sondern auch gegen Sonderbedarf.

Hinzu kommt, dass der Vater ein sehr hohes Einkommen hat. Wenn der Unterhalt richtig berechnet ist, bewegt er sich in der höchsten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle, also 152% oder gar 160% des Regelbedarfs.

Bei hohem monatlichen Unterhalt geht die Rechtsprechung noch mehr davon aus, dass für besondere Ausgaben (Anschaffungen, Einrichtung etc.) sogar Rücklagen gebildet werden, also angespart wird.

Eine andere Lösung ist, wie in solchen Fällen empfohlen wird, dass die Kinder sich an den Vater wenden und ihn um eine Beteiligung an den Jugendzimmern bitten. Bei gutem Kontakt zwischen Vater und Töchtern dürfte hier sicher eine Beteiligung in einvernehmlicher Weise zu erhalten sein.