Wahlprüfstein 9: Der Versorgungsausgleich - ein Vehikel um Altersarmut voranzutreiben

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) sieht sich immer häufiger mit der Klage von Mitgliedern konfrontiert: Ein Versorgungsausgleich – zweimal Altersarmut. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn nur einer der Partner berufstätig war und die Ehe erst nach langer Dauer geschieden wurde. 

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Hintergrund: Aktuelle Einkommenssituation der Deutschen Rentner und Rentnerinnen

Das Statistische Bundesamt stellt hierzu in seiner Analyse zur wirtschaftlichen Lage von Rentner- und Pensionärshaushalten vom 08.11.2011 fest:

""Die Analyse der Einkommensverteilung zeigt, dass 1998 15,8% der Rentnerhaushalte in Deutschland – das waren 1,6  Mill. Haushalte – mit weniger als der Hälfte des Durchschnittseinkommens aller privaten Haushalte auskommen mussten und damit in relativer Einkommensarmut lebten. Zum überwiegenden Teil handelte es sich dabei um Einpersonenrentnerhaushalte (1,3 Mill.), während die Einkommenssituation von Zweipersonenrentnerhaushalten – bei hoher Streuung der Nettoeinkommen – insgesamt als gut bezeichnet werden kann.""

Statistische Bundesamt

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Diese Feststellung ist in seinen einzelnen Punkten sicherlich erklärungsbedürftig. Der Grundtenor weist jedoch auf die drohende Altersarmut in Deutschland hin. Laut Statistischem Bundesamt waren in 2003 439.000 RenterInnen auf die Grundsicherung angewiesen. In 20011  sind es bereits mit 797.000 fast doppelt so viele RenterInnen wie in 2003. Während die absolute Betrachtung beiläufig abgetan werden mag, ist eine Zuwachsrate von bald 100% in 8 Jahren alarmierend.

Die Situation der jetzigen Rentner und RenterInnen wird sich nicht verbessern! Es steht jedoch jetzt schon fest, dass die künftige Rentnergeneration weit mehr von Altersarmut betroffen sein wird.

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Altersarmut durch Versorgungsausgleich

Altersarmut ist nicht nur ein gesellschaftliches, sondern ein strukturelles Problem. Es ist ein strukturelles Problem in vielfacher Hinsicht:

  • Demographische Struktur (Überalterung)
  • Mangelnde Bereitschaft der Politik aber auch der Gesellschaft sich um eine nachhaltige Lösung für dieses Problem zu kümmern: Das deutsche Rentensystem muss umgestellt werden, weil der Generationenvertrag nicht mehr funktioniert.
  • Zu wenige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse
  • Der Staat müsste die Rente subventionieren, wie dies Bismarck in den Anfängen gemacht hat. Allerdings ist der Bundeshaushalt klamm. Das Geld wird verplempert mit  der Sanierung des EURO.

Diese gesellschaftlichen Rahmenbedingungen tragen natürlich dazu bei , dass die Rentenanwartschaften immer latent immer mehr zurückgehen,  was natürlich gravierende Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich hat. In Bezug auf Teilung der Rentenanwartschaften im Zuge des Versorgungsausgleichs sind die Rente mit 67 oder die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze oder gar die Einführung einer Ökosteuer keine Lösungen.

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ISUV fordert daher

  1. Erheblich stärkere Anerkennung der Erziehungszeiten bei der Rente.
  2. Es muss endlich von allen Parteien klar gesagt werden, dass eine ausreichende Rente nur gesichert ist, wenn beide Elternteile arbeiten.
  3. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens müssen die Betroffenen durch das Familiengericht über die Konsequenzen des jeweiligen Versorgungsausgleichs aufgeklärt werden.
  4. Der Aufbau einer privaten Altersversorgung ist steuerlich viel stärker zu fördern. Statt bisher fünf Prozent sollten künftig je nach Alter und Berufsbiographie 10 Prozent des Jahreseinkommens steuerfrei für die Altersvorsorge zurückgelegt werden können.
  5. Im Scheidungsverfahren sollten künftig engagiert auf sinnvolle und tragfähige Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich hingewiesen werden.
  6. Schafft ein Versorgungsausgleich nur zweimal Altersarmut, so ist das sinnlos und hilft niemand.  Grundsätzlich ist zu diskutieren, ob unter den heutigen Rahmenbedingungen der Rentenkassen und erst recht unter denen künftiger Jahre ein Versorgungausgleich sinnvoll ist. Andere Rechtsordnungen kennen den Versorgungsausgleich nicht.

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Übersicht der ISUV Wahlprüfsteine

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