Kleiner wichtiger Schritt zu Transparenz bei der Erstellung von Gutachten in Sachen Kindeswohl – elterliche Sorge - Umgang
Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) begrüßt die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm, dass ein/e Sachverständiger/e bei „Explorationsgesprächen die Anwesenheit“ einer „Begleitperson“ billigen muss, die das Vertrauen des Betroffenen hat. Zwar darf sich die Begleitperson nicht an den Gesprächen beteiligen, jedoch darf sie in „angemessener Hörweite“ anwesend sein. (14 UF 135/14). Die Richter wiesen auch darauf hin, dass ein Sachverständiger mit dem Betroffenen eine Tonaufnahme des Explorationsgesprächs vereinbaren kann. Die Tonaufnahme „ersetzt“ dann die Begleitperson.
Hintergrund der Entscheidung: Die Sachverständige war bereits im erstinstanzlichen Verfahren tätig. Dabei wurde sie vom Kindesvater erfolglos wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Jedoch konnte der Kindesvater eine von ihm behauptete unsachliche Äußerung der Sachverständigen nicht beweisen. Das Ansinnen des Kindesvaters, das bevorstehende Gespräch im Ton aufzuzeichnen oder eine Begleitperson mitzubringen, hat die Sachverständige verweigert. Der Kindesvater hat sie deswegen erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Entscheidung des OLG: Die Richter wiesen die Sachverständige an, eine Begleitperson zuzulassen. Sie begründeten dies damit, dass sonst „ein zu Begutachtender, keine Möglichkeit habe, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen“. Den Einwand der Sachverständigen, allein durch die „bloße Anwesenheit einer Begleitperson“ entstehe eine „Beeinflussung des Untersuchungsgangs“, wiesen die Richter zurück: „Eine etwaige Beeinflussung könne der gerichtliche Sachverständige zudem in seinem Gutachten thematisieren, so dass das Gericht diesen Umstand bei seiner Entscheidung würdigen könne.“
Würdigung &~ Wertung: Gutachten werden in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren häufig von Richtern in Auftrag gegeben um die Entscheidung abzusichern. „So verständlich es ist, dass sich Richter in Kindschaftssachen absichern wollen: Muss es aber immer gleich ein Gutachten sein? - Betroffene monieren zu Recht, dass manche Sachverständige den Konflikten nicht auf den Grund gehen, schlampig recherchieren vorschnell und oberflächlich urteilen. Gutachten tragen vielfach nicht zur Lösung familialer Konflikte bei, sondern verschärfen sie teilweise.“, stellt der ISUV-Vorsitzende Josef Linsler fest. Er meint, dass sich mit „guter mediativer Verhandlungsführung des Gerichts bei weniger Aufwand und Kosten mehr erreichen“ lässt.
Die letzte Ausgabe der Verbandszeitschrift „ISUV-Report 143“ hatte als Titelthema „Kampf ums Kindeswohl – Wie Gutachter/innen im Namen des Kindeswohls Menschen ihren Stempel aufdrücken – sie stempeln und abstempeln“. Die zahlreichen Reaktionen von Betroffenen darauf zeigen, „Gutachten sind ein in mehrfacher Hinsicht konfliktträchtiger Brennpunkt, wenn es um die Feststellung des Kindeswohls geht.“ (Linsler)
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