Konsequenzen des BGH-Urteils zum Betreuungsunterhalt
Hierzu stellt das Mitglied des Bundesforums der ISUV-Kontaktanwälte Rechtsanwalt Dr. Thomas Herr fest:
"Die Billigkeitserwägung, die künftig im Brennpunkt der Verfahren stehen wird, ist Sache der Richter am Familiengericht und am Oberlandesgericht. Es wird darauf zu achten sein, dass objektive und gerechte Gesichtspunkte angewendet werden und nicht das persönliche Rechtsgefühl oder die Lebensanschauung des einzelnen Richters zum Tragen kommt. Als Interessenverband für Unterhalt und Familienrecht müssen wir dafür sorgen, dass die Kriterien für die im Einzelfall zu treffende Billigkeitsentscheidung möglichst zeitnah von den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof herausgearbeitet werden, damit kurzfristig eine verlässliche und planbare Unterhaltsrechtsordnung auch beim Betreuungsunterhalt geschaffen wird."
"Das alte Altersphasenmodell ist abgeschafft. Damit ist eine Forderung unseres Verbandes nach mehr Gerechtigkeit verwirklicht. Praktisch bedeutet dies, der betreuende Elternteil kann nicht allein deshalb Betreuungsunterhalt verlangen, weil das Kind ein bestimmtes Alter noch nicht erreicht hat.", hebt der ISUV-Bundesvorsitzende Josef Linsler hervor.
Als weitere Konsequenz des Urteils sieht Rechtanwalt Dr. Thomas Herr:
"Künftig wird es darauf ankommen, dass jeder Ehegatte, seiner Interessenlage entsprechend, zu den Einzelumständen seines Falles vorträgt und Beweise antritt. Auch wenn die Beweislast grundsätzlich bei dem Unterhalt begehrenden Elternteil, also praktisch überwiegend bei den Müttern liegen dürfte, ist damit grundsätzlich weder eine Vollerwerbspflicht der Frau festgelegt noch ein Betreuungsunterhalt ausgeschlossen. Es wird wohl so kommen, dass sich die Verfahren verkomplizieren und verzögern bzw. verlängern, was dafür spricht, nun in ver-stärktem Maße außergerichtliche, also gütliche Lösungen zu suchen."
"Argumente für einen Betreuungsunterhalt können weiterhin sein eine überobligationsmäßige Belastung des betreuenden Elternteils, ein in der Ehe gewachsenes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsam gelebte Ausgestaltung der Kinderbetreuung. Das sind Termini, über die sich nach unseren Erfahrungen mit dem alten Unterhaltsrecht so richtig heftig streiten lässt.", meint der ISUV-Vorsitzende Josef Linsler.