Reaktion auf Presseerklärung: Düsseldorfer Tabelle 2024
Am 12. Dezember 2023 veröffentlichte ISUV eine Presseerklärung zur Düsseldorfer Tabelle 2024 mit dem Titel "Höherer Kindesunterhalt und Selbstbehalt – nur Flickwerk, keine Lösung für Trennungseltern". Die Änderungen der neuen Düsseldorfer Tabelle sowie unsere Stellungnahme dazu sorgten für rege Diskussionen - unter anderem auf der ISUV Facebook-Seite. Mit Herrn Ernsts Zustimmung möchten wir gerne seine Reaktion dazu hier teilen.
ISUV-Stellungnahme zur Düsseldorfer Tabelle 2024
Hier finden Sie unsere Stellungnahme zur Düsseldorfer Tabelle 2024:
Reaktion von Niklas Ernst
Sehr geehrter Herr Linsler,
Gerne kopiere ich meinen öffentlichen Facebook Kommentar in diese Email.
Da der Kommentar ohnehin bei Facebook öffentlich einsehbar ist, können Sie diese Email an Politiker oder Richter weiterleiten. Ich stehe zu dem, was ich sage oder schreibe. Ich bezweifle aber, dass das irgendetwas bringen wird.
Ich habe mir in diesem Land (bis auf seltene Parkverstösse, die immer sofort bezahlt werden) nie etwas zuschulden kommen lassen, und dem Staat direkt und indirekt sehr viele Millionen Euro Steuergelder gebracht. Bis vor anderthalb Jahren habe ich noch an Deutschland geglaubt.
Aufgrund meiner Erfahrungen mit dem Jugendamt und dem Familienrecht habe ich vollkommen nachhaltig das Vertrauen in Deutschland verloren. Wäre ich nicht bereits 52, sondern Anfang 40, würde ich Deutschland sofort verlassen.
Ich halte die Düsseldorfer Tabelle für eindeutig verfassungswidrig.
Sie ist unverhältnismäßig und sie verstößt gegen Artikel 6 (2) des Grundgesetzes.
Im übrigen ist bereits die Art und Weise der willkürlichen Aufstellung der Zahlen - vorbei an jedem Parlament - unzulässig. Den Grundbedarf und dass dieser steigt, kann ich noch nachvollziehen. Hier hilft der Staat bei Mangelfällen. Die Steigerungssätze sind jedoch vollkommen willkürlich und haben mit echtem Bedarf rein gar nichts zu tun. Hier wird einfach nur extrem viel Geld einseitig verschoben.
Zur Verhältnismäßigkeit: Als Geschäftsführer verfüge ich über ein top 1 Prozent brutto Gehalt. Dafür arbeite ich jedoch auch über 200 Stunden im Monat. Von meinem brutto Stundenlohn über 60 Euro je Stunde blieben mir im Trennungsjahr 9.50 Euro netto je Stunde. Weniger als ein Sechstel. Inzwischen ist durch Verkauf der nahezu komplett durch mich abgezahlten Immobilie mein netto Stundenlohn auf ca. 13 Euro gestiegen. 13 Euro netto von 60 Euro brutto. Da ich brutto oberhalb der Bemessungsgrenze liege, komme ich auch nicht aus der privaten Krankenversicherung inkl. der Kinder raus, obwohl ich netto weniger verdiene als jeder Berufsanfänger in der von mir geleiteten GmbH. 13 Euro netto von 60 Euro brutto, das dürfte weltweit mit Sicherheit in der perfiden deutschen Kombination von Steuer- und Familienrecht absolut einmalig sein.
Nach der neuen Düsseldorfer Tabelle kommt die Mutter mit beiden Kindern auf über 5.000 Euro netto im Monat. So lässt es sich aushalten.
Von meinem netto konnte und kann ich mir im Grossraum Stuttgart keine angemessene Mietwohnung leisten, die den beiden Söhnen eine vernünftige Unterkunft geboten hätte oder ich hätte über 70 Prozent meines netto für Wohnen ausgeben müssen. Und wovon hätte ich dann gelebt, bzw. wie hätte ich die beiden Kinder an den 25 Prozent Umgangstagen unterhalten sollen?
Da ich es als Geschäftsführer abgelehnt habe, in ein WG Zimmer zu ziehen (in dem mich meine Kids dann noch besucht hätten) und nicht bereit war, mein Vermögen für meinen eigenen laufenden Unterhalt aufzubrauchen, zog ich mit 52 wieder ins entfernte Nordhessen zurück unters Dach zu meinen Eltern. Ein knappes Jahr hatte ich noch Umgang und habe die Kids hin und her gefahren, seit Mai nicht mehr.
Ich bin beruflich viel unterwegs in 13 Ländern. Da sich die Anwältin meiner Ex direkt auf den Firmenwagen gestürzt hat, um mich noch weiter zu drücken (sie behauptet, mein privater fiktiver Vorteil läge bei 988€ im Monat), führe ich seit Anfang 23 ein digitales Fahrtenbuch. Im Ergebnis beträgt mein tatsächlicher privater Vorteil am Firmenpkw exakt 386€, also etwa ein Drittel des Standardansatzes der Gerichte. Da wir viele Pkws in der Firma haben, kenne ich die Fahrprofile von beruflichen Vielfahrern sowie die Kosten der PKWs. Wer beruflich viel fährt, fährt das privat nicht mehr... Und wenn dann höchstens mit den Kids an Bord. Diesbezüglich werden die Männer beim Unterhalt allesamt ungerecht benachteiligt.
Vor der Trennung waren jeden Monat mehrere tausend Euro netto übrig. Ich hätte neben dem Einfamilienhaus locker eine 100qm Wohnung dazu mieten können und es wäre immer noch Geld übrig geblieben. Ich habe alles gezahlt, was angefallen ist, immer gerne und nicht wenig Geld für meine Söhne ausgegeben, viel mit ihnen unternommen. Es gibt 14.000 Fotos nur von Unternehmungen mit den Kids in 14 Jahren. Skifahren, Baggersee, Rodeln, Radfahren, Meer, Wald, Kajaktouren, usw. Das würde ich noch immer gerne mit den Kids machen.
Mit welchem Recht nimmt mir der Staat durch das Unterhaltsrecht die Möglichkeit, weiter Urlaub mit meinen Kindern oder Aktivitäten zu unternehmen, die Geld kosten wie z. B. Legoland oder mal ins Fußballstadion gehen?
Mit welchem Recht nimmt mir der Staat als Manager das Recht auf eine angemessene Wohnung in einem teuren Ballungsraum, die auch meinen Kindern ein angemessenes Teilzeit-Zuhause bieten würde?
Wieso müssen Unterhaltsschuldner den angemessenen Wohnbedarf einklagen? Was erdreistet sich der Staat, hier überhaupt etwas vorzuschreiben? Wieso darf ich praktisch nicht weiter in der von mir bezahlten Immobilie leben und den Kindern ihr altes Heim erhalten, wenn das doch bei fairer Aufteilung der gesamten Einkommen ohne Probleme möglich und sogar von den Kindern gewünscht gewesen wäre? Hätte ich es getan, wäre mir durch Wohnwert und Nebenkosten weniger als real 0 im Monat geblieben, die Mutter wäre über 6.000 bis an 7.000 Euro raus gekommen. Total krank.
Der tatsächliche Bedarf der Kinder muss im Unterhalt jedoch nicht dargestellt werden. Dafür gibt's ja diese unfaire Tabelle.
Wie kommt der Staat eigentlich darauf, daß eine größere Anzahl an Tagen bei der Mutter mehr Wert sind als eine kleinere bei mir? Ich habe aufgrund meines Jobs nicht viel Zeit, ist diese dann nicht umso wertvoller einzustufen?
Warum sinkt der Bedarf nicht bei mehreren Kindern automatisch? In der Realität ist das in jeder nicht getrennten Familie so. Je mehr Kinder, umso mehr muß sorgfältig gewirtschaftet werden, denn die Mittel sind begrenzt.
Mit welchem Recht darf nur die Mutter allein nach Gutdünken entscheiden, was mit dem von mir verdienten Geld passiert und ob es überhaupt bei den Kindern ankommt oder bei Ihrer anstandslosen Anwältin, dem Personaltrainer oder Yogaguru?
Mit welchem Recht verbietet mir der Staat, selbst über einen angemessenen Teil der Ausgaben für die Kinder zu entscheiden?
Ich habe immer gern Geld für meine Kinder ausgegeben, warum sollte ich das nach der Trennung nicht mehr machen? Die Antwort ist simpel: weil mir das Geld verfassungswidrig weggenommen wird.
Der Staat hat nach meiner Einschätzung kein Recht, auf einen derart unverhältnismäßig krassen Eingriff in mein Leben und das meiner Kinder.
Wieso darf ich zwar nach dem Unterhaltsrecht bis zu 1.600 Euro zusätzliche private Altersversorgung betreiben und kann das beim relevanten Einkommen abziehen... Wollte ich dieses Geld jedoch in Wohnraum für mich und meine Kinder investieren, bliebe mir davon wieder nur ein Bruchteil, da das nicht abzugsfähig wäre. Fürs Alter sparen darf ich, hier und jetzt mit meinen Kindern leben aber nicht.
Das Unterhaltsrecht ist vollkommen aus dem Lot und Verhältnis geraten, sodass sich Leistung nicht nur nicht lohnt. Sie wird sogar bestraft (siehe Firmen Pkw oder Wohnwert).
Wenn den Vätern kein Geld mehr bleibt, um sich - wie vor der Trennung - angemessen um die Kinder zu kümmern, gefährdet das letzten Endes die Entwicklung der Kinder und somit das Kindeswohl.
Die Kinder werden zu Transferleistungsempfängern erzogen, denn das ist das Bild, welches sie vermittelt bekommen. Mein jüngerer Sohn hat sich bereits entsprechend gegenüber der Lehrerin geäußert. Er mag sich nicht mehr anstrengen, denn das lohne sich nicht, das sehe er an seinem Vater. Das alles widerspricht dem gesunden Menschenverstand und dem Grundgesetz.
Niklas Ernst
Antwort von ISUV-Pressesprecher Josef Linsler
Sehr geehrter Herrn Ernst,
Was Sie ansprechen, ist nach meiner langjährigen Erfahrung voll aus dem Leben gegriffen.
- Das Firmenauto ist so ein Spekulationsobjekt mit dem sich Unterhalt generieren lasst und auf das sich Anwälte sofort stürzen.
- Grundsätzlich falsch ist, dass nur das Einkommen eines Elternteils zählt: Beide betreuen – Beide bezahlen
- Die Unterhaltsbeträge sind einfach aus dem Ruder gelaufen – das gilt für alle Einkommensgruppen
- Es geht nicht mehr um den Bedarf von Kindern, sondern um Einkommen des meistbetreuenden Elternteils
- Der Bedarfskontrollbetrag wird oft nicht eingehalten. – Ist er bei Ihnen eingehalten?
Im Rahmen der Reform des Unterhaltsrechts wird die Düsseldorfer Tabelle bewusst ausgeklammert, die betreffen aber nur Geringverdiener. Allerdings schreiben uns immer öfter Unterhaltsschuldner mit mittlerem Einkommen: „Das Bürgergeld rückt immer näher.“
ISUV ist der Auffassung, der Unterhalt ist nicht mehr verhältnismäßig. Verhältnismäßigkeit ist einer der Grundsätze des Rechtsstaates, daher ist eine Verfassungsklage möglicherweise erfolgreich. – Für uns ist dies aber auch eine Frage der Kosten.
Unser Ziel ist es einen Prozentanteil vom Einkommen für Unterhalt zu berücksichtigen. Dabei muss tatsächlicher Bedarf im Vordergrund stehen.
Des weiteren müssen die Einkommen beider Haushalte verglichen werden. Im jedem Fall müssen dem Unterhaltspflichtigen 50 Prozent seines Einkommens verbleiben.
Josef Linsler