Sinkende Geburtenrate - Kinder auf Kosten des Staates
Die Geburtenrate sinkt weiter trotz Elterngeld und Ausbau der Kinderbetreuung.
Elterngeld und Ausbau der Kinderbetreuung sind richtige und längst überfällige Schritte, aber reichen bei weitem nicht aus, können den Geburtenrückgang nicht allein aufhalten.
Warum sinkt die Geburtenrate?
Das hat viele Gründe. Inzwischen wissen Paare, dass sie mit Kindern ein anderes Leben führen müssen, d.h. über lange Jahre keinen individualistischen Lebensstil führen können, sich den Kindern anpassen müssen. Eltern müssen über viele Jahre für Erziehung und Ausbildung der Kinder aufkommen. Es ist gerade die Ausbildung, das Studium, das immer länger und kostenintensiver wurde. Getrenntlebende und Geschiedene spüren mehr als alle anderen allmonatlich, was ein Kind kostet. Bei einem mittleren Einkommen von 3000 EURO sind jähr-lich für kleine Kindern unter 5 Jahren 3072, für Kinder über 18 Jahren 4260 EURO an Unterhalt zu zahlen. Das bedeutet über viele Jahre Konsumverzicht, Verzicht auf Altersvorsorge, weniger Selbstbestimmung.
Was kritisieren Sie, was wollen Sie geändert wissen?
Wir kritisieren, dass Kinder in unserem Steuersystem zu wenig berücksichtigt werden. Die letzte Kindergelderhöhung ist beschämend, Kinderarmut wird dadurch nicht abgebaut. Unsere Forderungen: Erhöhung des Kinderfreibetrages, keine Besteuerung von Kindesunterhalt, Familiensplitting statt Ehegattensplitting, steuerliche Berücksichtigung der Ausbildungskosten.
Warum wird das nicht umgesetzt?
Familienpolitik, Bevölkerungspolitik, Bildungspolitik hängen zusammen, diese Politikfelder wurden und werden weiterhin sträflich vernachlässigt. Die Aussage Adenauers in den 50ziger Jahren ist bekannt, Kanzler Schröder sprach vor einigen Jahren von "Gedöns" und meinte damit die Familienpolitik, das hat in Deutschland Tradition. Des Weiteren haben Kinder kein Stimmrecht, sind also politisch nicht relevant. Wahltaktisch effizienter ist da schon andere Gruppen mit Stimmrecht zuerst zu bedienen. - Zu bedenken ist auch, dass das Markenzeichen vieler Politiker Kinderlosigkeit ist. Warum sich momentan familienpolitisch was bewegt, hat schon auch etwas damit zu tun, dass die Familienministerin auch Betroffene ist.
Ist es nicht illusorisch mitten in der Wirtschaftskrise höhere Ausgaben für Kinder und Bildung zu fordern?
Gerade in der Krise müssen Familien, Kinder und Bildung besonders gefördert werden, denn sie befördern den Konsum, über die Mehrwertsteuer fließt dem Staat ja auch wieder Geld zu. Uns geht es um eine nachhaltige Familienpolitik, die mittelfristig - spätestens nach überwindung der Krise - Paaren wieder Lust auf Kinder macht und die Bevölkerungsstruktur stabil hält oder gar verbessert. - Im übrigen zeigt der Altersaufbau aller Industriestaaten, dass es auf Grund der Wirtschaftkrise 1929 einen Geburtenausfall gab. Dem gilt es jetzt entgegen zu steuern.
Von einigen Verbänden kommt der Vorschlag 500 EURO für jedes Kind.
Das hört sich im ersten Moment gigantisch und sozial taff an. Man sollte darüber reden, ob durch die Zusammenführung aller Leistungen, d.h. indem beispielsweise Kindergeld, BAföG, Kinderzuschlag von einer Stelle verwaltet werden, Kosten für Bürokratie gesenkt und Eltern durch den immensen bürokratischen Aufwand weniger gegängelt werden.
Profitieren nicht auch viele Kinder Geschiedener von der Grundsicherung?
Das kann sein, das muss im Einzelfall durchgerechnet werden, aber ich bin skeptisch. Da ist von "Grundsicherung" für Kinder die Rede, unsere Mitglieder leisten Grundsicherung durch Unterhalt über viele Jahre. Am Monatsende bleibt ihnen, die hart arbeiten, nicht selten genauso viel wie Hartz IV Empfängern, die nicht arbeiten. Um sie, die hart arbeitenden Unterhaltzahler und Unterhaltszahlerinnen sorgt sich das sogenannte "Sozialbündnis" nicht.
Sie sind skeptisch gegenüber dem Vorschlag, warum?
Ja, da fehlt einfach der subsidiäre Impuls. Kinder auf Kosten des Staates, das kann es nicht sein. Für uns ist es auch immer eine Kernfrage: Kommt das Geld bei den Kindern an, oder fließt es in den Konsum der Eltern? - Wir bevorzugen konkrete Leistungen für Kinder: gute Betreuung, kompensatorischer Unterricht, Naturalleistungen wie Kleidung, Schulsachen, gesunde Ernährung, wenn nötig auch pädagogische Betreuung - kurz Hilfe zur Selbsthilfe für Kinder, Eltern müssen sich selbst helfen.
Ist der Vorschlag also sozial ungerecht?
Ja, in gewisser Weise. Unsere Mitglieder arbeiten und zahlen, andere konsumieren und fordern - aus dieser sozialpolitisch ungerechten Todesspirale müssen wir raus. Mir gefällt auch nicht die Aufteilung in Kinder der Reichen und Kinder der Armen, mir gefällt nicht die Forderung, den Reichen nehme man was weg, den Armen teile man es zu, dann ist alles gerecht. Uns geht es um alle Kinder, uns geht es um mehr Respekt vor allen Eltern - ob verheiratet oder nicht, uns geht es um alle Eltern, die in Kinder Zeit, Geld, soziale Nähe und Liebe investieren, ihre Leistungen müssen stärker ins Bewusstsein gerückt und steuerlich mehr anerkannt werden. Diese existentiellen Leistungen sind die Grundlage unseres Sozialstaats.