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Vater enterbt Sohn, Sohn „erbt“ seine Unterhaltsschulden – Ist das gerecht? Der Bundesgerichtshof sagt „Ja“

Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) vertritt die Auffassung, dass Solidarität keine Einbahnstraße sein kann. „Eltern zahlen für ihre Kinder, diese zahlen für die Eltern, wenn deren Rente und Erspartes nicht reicht.“, hebt der ISUV-Vorsitzende Josef Linsler hervor. Was aber ist rechtens, wenn sich Eltern grob unsolidarisch, verletzend dem Kind gegenüber benommen haben, ja gar den Kontakt abgebrochen haben. Muss das Kind in jedem Fall zahlen. Der BGH sagt „ja“, Kinder sind grundsätzlich ihren Eltern Unterhalt schuldig. Der ISUV-Pressesprecher Rechtsanwalt Claus Marten stellt fest: „ Die grundsätzlich vorhandene Akzeptanz des Elternunterhaltes in der Bevölkerung lässt sich nur dann erhalten, wenn den verpflichteten Kindern ein ausreichender Selbstbehalt zur Versorgung der eigenen Kinder verbleibt und gleichzeitig eine unbillige Inanspruchnahme ausgeschlossen wird. Kein Kind kann nachvollziehen, dass es für einen Elternteil zahlen soll, den es selbst nicht kennengelernt hat und der sich selbst kaum um dieses Kind gekümmert, ja es quasi enterbt hat.“

Der ISUV Vorsitzende Josef Linsler kritisiert: „Die vertrackte Dialektik der Argumentation des BGH ist schwer vermittelbar: Der Vater enterbt den Sohn, die Bekannte erbt und der Sohn „erbt“ die Unterhaltsschulden. Dies ist nach Auffassung des BGH keine „schwere Verfehlung“ des Vaters. - Nach gängigem Rechtsverständnis fragt man sich: Ist es nicht grob unsolidarisch, gleichsam eine Bestrafung des Kindes, wenn ihm der Vater nur die Schulden hinterlässt? Grundsätzlich ist zu fragen: Warum wird nicht jeweils derjenige in die Pflicht genommen, der geerbt hat und mit dem sich der Erblasser somit solidarisiert hat? Die Wirkung dieses Urteils ist fatal, der BGH hat eine Chance verpasst, ein gesellschaftlich wichtiges Signal zu setzen: Unterhaltszahler und Unterhaltsempfänger stehen in einem gegenseitigen Treue- und Respektverhältnis.“

Der Trend, dass sich die Sozialämter an den Kindern schadlos halten wollen, wenn die Eltern oder ein Elternteil zum Pflegefall wird, nimmt zu und bekommt durch dieses Urteil Aufwind. Ein Blick in die Statistik bestätigt das. Im Jahr 2010 waren 4 Millionen Menschen über 80 Jahre, im Jahre 2040 werden es 8,6 Millionen sein. Mit zunehmendem Alter nimmt auch die Pflegebedürftigkeit zu, somit auch die Fälle von Elternunterhalt. Pflegefälle werden vermehrt auftreten, da die Menschen immer älter werden. Die Kassen des Staates sind leer und werden momentan immer mehr geleert. Daher werden die Kinder vermehrt Elternunterhalt zahlen müssen, dieses Urteil ist ein „weiterer Schrittmacher“ für diese Entwicklung. Elternunterhalt betrifft insbesondere die „Sandwichgeneration“, die heute 40- bis 60jährigen. Sie zahlen Unterhalt für die Kinder, leisten hohe Sozialbeiträge, müssen Eigenvorsorge treffen und sollen dann auch für ihre Eltern aufkommen.

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Nach den Erfahrungen von ISUV, ist das Thema Elternunterhalt „inzwischen in der Bevölkerung angekommen“. Betroffene fragen sich, soll ich heiraten, wenn ich zum Elternunterhalt der Schwiegereltern mit herangezogen werden kann, was darf mir bleiben, worauf kann das Sozialamt nicht zurückgreifen, was und wie hoch ist das Schonvermögen, wer von den Geschwistern muss zahlen, wer nicht, muss ich zahlen, wenn sich meine Eltern nicht um mich gekümmert haben?

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Frank Schirrmacher kündigte 2004 in seinem Bestseller „Das Methusalem-Komplott“ künftige Verteilungskämpfe zwischen Jungen und Alten, zwischen Großeltern und Eltern, zwischen den Älteren untereinander, zwischen denen, die Kinder haben und den Kinderlosen an. Dazu ist es bisher zumindest nicht offen gekommen.

Der ISUV rät, sich zu informieren, was auf Kinder zukommen kann, wenn das Einkommen/die Rente der Eltern nicht mehr reicht. In jedem Fall gilt, sich rechtzeitig beraten zu lassen und möglicherweise so zu agieren, dass das Erbe nicht „verpflegt“ werden kann.

Der ISUV hat ein Merkblatt „Unterhaltspflicht gegenüber Eltern“ herausgegeben. Darin wird anhand der aktuellen Rechtsprechung informiert, unter welchen Voraussetzungen Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen müssen.

Kontakt

Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV)
ISUV-Bundesgeschäftsstelle
Postfach 210107
90119 Nürnberg
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info@isuv.de

ISUV-Bundesvorsitzender Josef Linsler
Ulrichstraße 10
97074 Würzburg
Telefon 170 4589571 
j.linsler@isuv-online.de

ISUV-Pressesprecher RA Claus Marten
Mauerstraße 76
10117 Berlin
Telefon 030 8575960
berlin@isuv.de

ISUV-Rechtspolitischer Sprecher RA Ralph Gurk
Ludwigstraße 23
97070 Würzburg
Telefon 0931 4525940
r.gurk@isuv.de

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