Mehr Flexibilität beim Namensrecht: Name ist nicht nur Schall und Rauch, sondern Individualität und Identität

Über Namen und Namensrecht stellte Johann Wolfgang (von) Goethe nachdenklich und nebulös fest: „Ihr sucht die Menschen zu benennen und glaubt am Namen sie zu kennen. Wer tiefer sieht, gesteht sich frei, es ist was Anonymes dabei.“ – Ob Goethe seinen nicht ganz gewöhnlichen Namen ändern wollte? 

Auch wenn sein Coach und Mentor Johann Gottfried Herder über Goethes Namen sich leicht spöttisch geäußert hat, der Dichter wollte ihn nicht ändern. Schließlich war der Name ein Türöffner in Frankfurt und andernorts, denn der Vater war wohlhabend, angesehener Jurist und „Kaiserlicher Rat“.

Familiennamen haben auch heute vielfach ein wichtige soziale Positionierungs- und Orientierungsfunktion für den/die Namensträger/In und für die Gesellschaft. Gleichzeitig muss die Vielfalt der Lebensverhältnisse auch im Namensrecht berücksichtigt werden.

Daher begrüßt der Interessenverband für Unterhalt und Familienrecht (ISUV) die von Justizminister Marco Buschmann angekündigte Reform des Namensrechts. „Wir sehen aber auch Probleme, insbesondere im Fall von Trennung, Scheidung, Wiederheirat, wenn Kinder umbenamt werden, ohne dass sie es wirklich wollen“, stellt die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich fest.

Rechtliche Situation

Justizminister Buschmann will die Namensänderung von Kindern nach einer Scheidung erleichtern. Es soll künftig möglich sein, diese durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt herbeizuführen. Ein kompliziertes teilweise kostenintensives Verfahren über das öffentlich-rechtliche Namensänderungsgesetz wäre dann nicht mehr nötig. Aktuell verbietet das deutsche Namensrecht aber auch Scheidungskindern nach Scheitern einer zweiten Ehe, den ursprünglichen Geburtsnamen wieder anzunehmen.

Scheidung: Namensrechtlicher Druck auf Kinder

Folgende Situation ist nicht selten: Meist bleiben die Kinder bei der Mutter, sie heiratet wieder. Aus der zweiten Ehe gehen wieder Kinder hervor. Das Kind aus erster Ehe – „Melinda“ - hat den Geburtsnamen „Hofmann“, die beiden Kinder aus zweiter Ehe haben den Geburtsnamen „Brambilla“.

Das Bestreben der Mutter ist es, nach Außen als „einheitliche Familie“ zu scheinen. Die Mutter überredet/bedrängt Melinda auch den Familiennamen „Brambilla“ anzunehmen. Sie möchte die Mutter nicht enttäuschen und stimmt zu, fühlt sich aber gegenüber dem Vater „schuldig“, weil Melinda ihn als den „richtigen“ Vater empfindet.

„Für Kinder – das zeigen Beispiele - hat der Familienname und die damit verbundene Verwandtschaft eine wichtigere identitäts- und individualitätsstiftende Bedeutung als es die woken politischen Namensmacher wahrhaben möchten“, meint ISUV-Pressesprecher Josef Linsler.

Eine im Sinne des Kindeswohls kritische Konstellation im Zusammenhang von Scheidung ist folgende: Die Eltern sind zerstritten und versuchen sich gegenseitig „auszuschalten“. Das Namensrecht ist ein effektiver Hebel um den „gehassten“ Elternteil zu verdrängen.

„Unsere Erfahrungen, je jünger die Kinder sind, fügen Sie sich dem Druck und geben auf. Mittels Namensrecht soll der andere Elternteil endgültig verdrängt werden, der Familienname soll nicht mehr an ihn erinnern“,  sagt die ISUV-Vorsitzende Ulbrich.

Eine weitere Konstellation, die es zu bedenken gilt: Vater „Brambilla“ hat Melinda nie als Kind akzeptiert, sie gegenüber den „leiblichen“ Kindern zurückgesetzt, die Ehe wird geschieden. Melinda möchte ihren „Geburtsnamen Hofmann“ wieder annehmen und damit auch signalisieren, dass sie mit dem Lebensabschnitt „Brambilla“ abgeschlossen hat und sich der Abstammungsfamilie zugehörig fühlt.

Namensrecht: ISUV-Forderungen

So wie „Melinda“ geht es vielen Kindern in Deutschland. 37 Prozent der Ehen werden geschieden, jedes sechste Kind ist ein Scheidungskind. „Es ist gut, dass Menschen Ehen hinter sich lassen können, die sie krank machen. Es ist gut und richtig, wenn Kinder den Namen der missliebigen `Stiefmutter´ oder des missliebigen ´Stiefvaters` ablegen können. Diese Möglichkeit der Selbstbestimmung sollte Kindern offenstehen“, fordert Ulbrich und ergänzt: „Wie auch immer Kinder heißen, sie müssen erfahren können, wer die leiblichen Eltern sind.“

Schon immer hat sich ISUV dagegen gewandt, dass Kinder nach der Scheidung der Eltern einseitig umbenamt werden. Dem Verband ist seit Jahren bekannt, dass Kinder unter dem „sanften“ Druck des „primär“ betreuenden Elternteils zwar der Umbenennung zustimmen, aber darunter leiden. Diese Umbenennung soll jetzt erleichtert werden, was die Verdrängung des anderen Elternteils und dessen Verwandten erleichtert. „Dies sollte verhindert werden, denn es ist nicht im Sinne des Kindeswohls. Umbenennungen von Kindern bis 14 Jahren sollten nur mit Zustimmung beider Elternteile möglich sein. Ab 14 Jahren sollen Kinder selbst entscheiden können, welchen Familiennamen sie tragen wollen“, fordert Pressesprecher Linsler.  

„Wann fangen die endlich mit der Reform des Kindesunterhaltsrechts an, warum mit dem Namensrecht, es ist doch egal, wie man heißt“, schreibt ein ISUV-Mitglied. Dem widerspricht Melanie Ulbrich: „Für Unterhaltspflichtige mag die Priorität wohl stimmen. Bei der gegenwärtigen Diskussion ums Namensrecht fehlt mir die Sensibilität für die Bedeutung des Familiennamens. Gerade für Kinder ist der Name nicht einfach nur Schall und Rauch, den man wegbläst und das war es dann, sondern ein Baustein der Identität und des Zusammengehörigkeitsgefühls.“

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