Presseerklärung des ISUV zum neuen Kindesunterhaltsgesetz

Der Verband Unterhalt und Familienrecht begrüßt die unterhaltsrechtliche Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern. Alle Kinder können jetzt Individualunterhalt verlangen. In der Theorie ist es auch sinnvoll, in einem vereinfachten Verfahren mittels Beurkundung beim Jugendamt oder beim Rechtspfleger den Unterhalt titulieren zu lassen und somit die Familiengerichte zu entlasten. Allerdings teilt der ISUV nicht den Optimismus des Gesetzgebers, daß Unterhaltsberechtigte und Unterhaltspflichtige mehr oder weniger eigenständig eine Titulierung des Unterhalts erreichen können. Dies wäre dann vorstellbar, wenn nur ein fester Betrag, also der Regelunterhalt, im vereinfachten Verfahren tituliert werden könnte. Da aber im neuen Gesetz der 1,5fache Satz des Regelunterhalts im vereinfachten Verfahren geltend gemacht werden kann, ist gerade in wirtschaftlich schwieriger Zeit Streit vorprogrammiert. Der ISUV kritisiert die automatisch alle zwei Jahre stattfindende Dynamisierung der Unterhaltsbeträge. Gerade in einer Zeit, in der Löhne stagnieren und sich die Lohnspirale nach unten entwickelt, wird Anspruchsdenken gefördert, werden neue Ansprüche geschaffen, die diejenigen einlösen sollen, die sowieso schon vom Staat mittels Lohnsteuerklasse I kräftig zur Kasse gebeten werden. Derartig weltfremd pauschal-tabellarische Ansprüche überfordern Unterhaltspflichtige und Unterhaltsberechtigte, fördern wohlfahrtsstaatliches Denken und Streit. Denn wo es einen Anspruch gibt, da wird auch versucht mit allen juristischen Mitteln ihn einzulösen, auf Kosten des Vermögens der Kinder oder mittels Prozeßkostenhilfe auf Kosten der Allgemeinheit ó die Crux des deutschen Scheidungsrechtes.
Nach den Bestimmungen des neuen Kindschaftsrechtes wird es dem Gericht möglich sein, beim Arbeitgeber, bei Finanzämtern, beim Versicherungsträger Auskunft über den Unterhaltspflichtigen einzuholen, wenn er ""der Aufforderung des Gerichts ... nicht vollständig"" nachgekommen ist. Der ISUV befürchtet, daß unter dem Vorwand der Unvollständigkeit der Auskunft unterhaltspflichtige Mütter und Väter schikaniert ó ""gejagt"" werden. Schon jetzt bleiben manchmal am Ende der ""Hatz"" nach Unterhalt nicht ein, sondern zwei Sozialfälle übrig. Nach den über zwanzigjährigen Erfahrungen des ISUV wird in der Regel Unterhalt gezahlt. Zu Säumnissen kommt es immer dann Probleme, wenn der Unterhaltspflichtige arbeitslos ist, wenn der Umgang grob behindert wird, wenn die alleinerziehende Mutter mit einem Freund zusammenlebt, es beiden erheblich besser geht als dem Unterhaltspflichtigen, wenn aus einer zweiten Ehe Kinder hervorgegangen sind und dann der Unterhalt objektiv einfach nicht mehr reicht. ó Es gibt zwar säumige Väter und Mütter, jedoch nicht in dem Ausmaß wie es feministische Gruppen darstellen. Dies zeigt sich beim sogenannten Rückgriff, der Eintreibung von Unterhalt, der im Rahmen des Unterhaltsvorschußgesetzes von den Jugendämtern ""vorgestreckt"" wurde: Entdeckten nämlich die Beamten die säumigen Unterhaltszahler, so stellte sich in Amtsbereichen mehrerer Jugendämter heraus, daß in über 70 Prozent der ""Fälle"" nichts zu holen war. Das Problem ist nicht die schlechte Zahlungsmoral der Alimentenzahler, sondern eine seit Jahrzehnten verfehlte Familien- und Steuerpolitik, die einem hart arbeitenden Unterhaltszahler vielfach nur den Sozialhilfesatz beläßt und der Staat vorher kräftig abkassiert: Unterhaltspflichtige Mütter und Väter werden in Steuerklasse I zur Ader gelassen, das kinderlose Doppelverdiener-Ehepaar kommt dagegen in den Genuß des Ehegattensplittings. ñ Was der Staat aber den Unterhaltszahlern nimmt, steht den Kindern nicht mehr zur Verfügung.