Schluss mit falscher Romantik: Erst zum Notar, dann zum Traualtar

Am Ehevertrag scheiden sich die Geister: Ist er notwendig oder zerstört er die Romantik? Geschiedene raten im Nachhinein immer zum Abschluss eines Ehevertrages, denn im Fall der Scheidung kann man Geld und Nerven schonen, ja gar einen Rosenkrieg weitgehend ausschließen. Aber ein Ehevertrag ist  nicht nur sinnvoll für den Fall der Scheidung. Denn trotz eines magischen Datums mehr als jeder dritte Bund fürs Leben endet vorzeitig vor dem Scheidungsrichter. Bei aller Romantik und Liebe - für das vorzeitige Ende sollte von Anfang an mittels Ehevertrag Vorsorge getroffen werden. So lassen sich im Fall der Scheidung viel Geld, Zeit und Nerven sparen“, rät Melanie Ulbrich, Vorsitzende von ISUV- Verband Unterhalt und Familienrecht. Auf Grund der Erfahrungen nach der Reform des Scheidungsrechts 1976 und den Erfahrungen mit der darauffolgenden Rechtsprechung  gab der Verband überspitzt das Motto aus: „Erst zum Notar, dann zum Traualtar“. Fakt ist Rosenkriege lassen sich mit Eheverträgen abmildern oder gar ganz verhindern.

 

Paare schrecken davor zurück, mit der Heirat gleich einen Ehevertrag abzuschließen, weil man glaubt, dadurch dem romantischen Traum vom Bund fürs Leben zu misstrauen. „Da braucht man ja gleich gar nicht zu heiraten, wenn man jetzt schon das Ende regelt, obwohl das gemeinsame Leben noch gar nicht angefangen hat“, sagt ISUV-Mitglied Katrin H., angesprochen auf einen Ehevertrag. Wie all die vielen anderen „normalen“ Ehepaare glaubt sie, dass ihre Ehe tatsächlich ein Bund fürs Leben wird und einen Ehevertrag überflüssig macht, gerade weil es die zweite Ehe ist und „diesmal alles besser wird“. „Aber was spricht grundsätzlich dagegen, dass der Standesbeamte mit der Heiratsurkunde auch einen Ehevertrag überreicht?“ fragt Marcus Mey, ISUV-Vorstandsmitglied für Kommunikation.

 

Bedauerlicherweise wird ein Ehevertrag immer nur mit Scheidung assoziiert. Das verstellt den Blick für die Möglichkeiten einvernehmlicher Vereinbarungen, die ein Ehevertrag bietet: Er kann Transparenz in Rollen und Rollenerwartungen der Partner und in sämtliche Vermögensfragen schaffen. Der Zeitpunkt der Eheschließung ist besonders günstig, da die Partner entsprechend Empathie füreinander haben“, stellt Mey weiter fest.

 

Nach Auffassung von ISUV sollte der Ehevertrag auch aus Gründen der Transparenz zur Regel werden. „Es gibt gute Gründe für alle Paare einen Ehevertrag abzuschließen.  Paare, die Kinder wollen, sollten z. B. klären, wer primär die Kinder erzieht, wie lange der Elternteil aus dem Berufsleben ausscheidet, wie Unterhalt und Altersvorsorge in der Zeit geregelt werden“,  betont Melanie Ulbrich.

 

Entscheiden sich die Eheleute für den Abschluss eines Ehevertrages, sollte auf jeden Fall festgehalten werden, welche Vermögenswerte jeder Ehegatte mit in die Ehe bringt. Das gilt sowohl für unbewegliches Vermögen wie Grundstücke oder Immobilien, als auch für bewegliches Vermögen wie Schmuck oder Antiquitäten. Dasselbe gilt für sonstiges Kapital. Beispielhaft seien genannt Aktien, Fonds oder Lebensversicherungen auf Kapitalbasis. Ebenso wichtig ist es, sich über die Güterstände zu informieren. „Es ist immer sinnvoll, wenn Eheleute über mögliche Güterstände Bescheid wissen, die Auswirkungen und Folgen kennen und dann gezielt einen Güterstand wählen. Die Verwunderung darüber, welche Konsequenzen ein Güterstand nach sich zieht, ist im Fall der Scheidung manchmal groß. Hier kann und sollte man Vorsorge treffen. Es ist auch sehr wichtig, dass Beide sich zu Beginn der Ehe überlegen, wie jeder für sich eine angemessene Altersvorsorge aufbaut“, betont die stellvertretende ISUV-Vorsitzende Rechtsanwältin Maren Waruschewski.

 

Speziell Selbständige sollten einen Ehevertrag schließen, um darin den Fortbestand des Betriebes oder der Praxis auch im Fall der Scheidung zu sichern. Ein Ehevertrag empfiehlt sich auch allen, die sich zum zweiten Mal trauen.

 

Im Übrigen muss der Ehevertrag nicht unbedingt vor dem magischen Datum geschlossen werden, sondern kann auch noch während der intakten Ehe ausgehandelt und unterzeichnet werden. „Zudem gibt es während der Trennungsphase die Möglichkeit, einen Scheidungsfolgenvertrag in Angriff zu nehmen“, merkt Waruschewski an. Des Weiteren kann und sollte der Vertrag immer wieder an die veränderten ehelichen Verhältnisse überprüft und angepasst werden.

 

„Im Zuge der anstehenden Familienrechtsreform fordert ISUV, dass für jede Form von Verantwortungsgemeinschaft ein Vertrag zur Regel wird. Dadurch wird sich dann jede Partnerin und jeder Partner auch gleichzeitig der Verantwortung bewusst. Die entsprechenden Rechte und Pflichten werden dann in der jeweiligen Vereinbarung festgehalten“, fordert Marcus Mey.