Weiterhin facettenreiche Privilegierung & Unterprivilegierung von Frauen
Alle Jahre wieder am 8. März ist Weltfrauentag, am 19. November der Männertag. Brauchen wir solche Aktionstage? In der Bevölkerung ist man gespalten. Offiziell wird der Weltfrauentag bejaht, von weiblichen Aktivistinnen entsprechend kämpferisch propagiert.
Seitens ISUV e.V. - Verband Unterhalt und Familienrecht - hält man den Internationalen Weltfrauentag weiterhin für sinnvoll, weil an diesem Tag die Rolle von Frauen und Müttern kritisch hinterfragt wird. Die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich stellt eine „facettenreiche Privilegierung und Unterprivilegierung“ von Frauen weltweit fest.
Dies gelte auch für westliche Staaten. „Privilegierung zeigt sich immer noch im Umgangs- und Sorgerecht. Trotz aller Reformen – hier sitzen die Mütter in der Regel immer noch am längeren Hebel. Frauen haben mit den in sich gut vernetzten Frauenbeauftragten, in allen Parteien und immer öfter auch in Verbänden eine effiziente lautstake Interessenvertretung. Dagegen sind Frauen in der Wirtschaft und wirtschaftlichen Belangen teilweise noch unterprivilegiert, unterbezahlt“, stellt die ISUV-Vorsitzende fest.
Sozialpolitische Rahmenbedingungen
Anlässlich des Weltfrauentages weist ISUV darauf hin, dass Scheidungs- und Kinderarmut vielfach dadurch vermieden werden können, wenn Frauen voll berufstätig arbeiten können und insbesondere auch angemessen bezahlt werden. Gerade nach Trennung und Scheidung ist es besonders wichtig, dass Frauen eine sozialrechtlich gesicherte Arbeit haben und so nicht auf Unterhalt angewiesen sind.
Nach langjährigen ISUV-Erfahrungen reicht in über 80 Prozent der Fälle das Einkommen eines Einzelverdieners nicht aus, um Frau und Kindern einen angemessenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Daher betont die ISUV-Vorsitzende: „Chancengleichheit von Frauen/Müttern im Beruf, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Berücksichtigung von Care-Arbeit, gerechte Verteilung von Care-Arbeit, das sind weiterhin zentrale notwendige Aufgaben für unsere Gesellschaft, die nur teilweise umgesetzt sind und gefördert werden müssen. Gerade in der Trennungs- und Scheidungssituation werden Betroffenen diese Defizite erst richtig bewusst.“
Familienrechtliche Rahmenbedingungen
Frauen/Mütter sind in familienpolitischen und familienrechtlichen Positionen und sozialen Lagen privilegiert. „Es ist nicht wegzudiskutieren, bei Trennung und Scheidung haben Frauen die besseren Chancen ihre Ansprüche auf Kinder und Unterhalt durchzusetzen. Das liegt an tradierten Rollenbildern der beteiligten Jugendämter und Familiengerichten. Vielfach herrscht da, aber auch bei manchen Frauenverbänden selbst die Überzeugung vor: Kinder gehören zur Mutter. Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften hat die Mutter von Rechts wegen das Sagen über die Kinder“, kritisiert Melanie Ulbrich. Zwar versucht die anstehende Reform des Betreuungs- und Unterhaltsrecht an den tradierten Rollen und Bildern zu rütteln, ob und wie erfolgreich die Reform sein wird, bleibt abzuwarten.
Weltweites Signal gegen Unterdrückung
“Wir halten den Internationalen Weltfrauentag auch weiterhin für wichtig, weil an diesem Tag international auf die Situation von Frauen weltweit hingewiesen wird. In vielen Gesellschaften, Kulturen und Religionen werden Frauen gegängelt, bevormundet, unterdrückt, können nicht individuell leben und entscheiden. Ja, durch das Ritual der Beschneidung werden Frauen in ihrer Lebensqualität eingeschränkt, ihrer Identität beraubt."
Dagegen wird in westlichen Industrieländern die Forderung nach Gleichberechtigung respektiert und umgesetzt. Nachweisbar wichtig für die soziale Stellung von Frauen sind hier nicht das Geschlecht, sondern facettenreiche individuelle Wertsetzungen, Freiheiten, Fähigkeiten, materielle Unabhängigkeit und soziale Lebenslagen. „Dabei ist zu beachten, dass durch die Geburt von Kindern die Freiheiten von Müttern eingeschränkt werden. Diese familiale Situation gilt es aufzufangen, indem Frauen und Männer gemeinsam betreuen und beide berufstätig sind. Dieser Grundsatz schafft Gleichberechtigung in der Familie und auch nach der Scheidung“, hebt Melanie Ulbrich hervor.
ISUV- Forderungen zum Weltfrauentag
ISUV richtet den Focus auf die Trennungssituation und stellt „konkrete und praktische Forderungen, wie Melanie Ulbrich betont: „Wirklich Alleinerziehende oder von Armut bedrohte Mütter sollten bei der Arbeitssuche privilegiert berücksichtigt werden. Frauen mit langen Erziehungszeiten müssen angemessene Rentenansprüche erhalten. Es darf nicht sein, dass sie die künftigen Rentenzahler erziehen, aber selbst im Alter arm sind, weil sie Kinder erzogen haben.“
ISUV richtet den Focus auch auf den internationalen Rahmen des Weltfrauentages. „Ich bewundere die mutigen ukrainischen, afghanischen, iranischen Frauen, die gegen Unterdrückung und Gewalt demonstrieren. Alle Frauen, die sich verschleiern müssen, obwohl sie es nicht wollen, Frauen, die nicht zur Schule gehen, studieren dürfen, die verheiratet werden, die nicht selbstbestimmt leben dürfen, verdienen uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung“, fordert die ISUV-Vorsitzende.