BGH, Beschluss vom 1.2.2012 – Umgangsrecht, Vollstreckung
a) Die Vollstreckung eines Umgangstitels nach § 89 Abs. 1 FamFG durch Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den betreuenden Elternteil setzt eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Nicht erforderlich sind hingegen detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, etwa zum Bereithalten und Abholen des Kindes.
b) Die Vollstreckung nach § 89 Abs. 1 FamFG baut auf der Prüfung der Anspruchs-voraussetzungen im Erkenntnisverfahren auf. Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht statt.
~
Urteil
Gericht : BGH Datum : 01.02.2012 Aktenzeichen : XII ZB 188/11 Leitparagraph : FamFG §89 Quelle : www.bundesgerichtshof.de Kommentiert von : RA Simon Heinzel
Inhalt:
Bei der Fassung eines sogenannten Umgangstitels oder eines Umgangsvergleiches treten immer wieder Versäumnisse der Beteiligten, auch der Gerichte, zu Tage, wenn es später gilt aufgrund der Umgangsregelung eine sogenannte „Zwangsvollstreckung“ zu betreiben. Umgangsregelungen werden grundsätzlich mit Ordnungsgeld/Ordnungshaft vollstreckt. Um jedoch einen Umgangstitel vollstreckungsfähig zu bekommen sind gesetzliche Voraussetzungen zu befolgen:
~
- genaue erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs
- gerichtliche Billigung eines Umgangsvergleiches durch das Gericht (§ 156 Abs. 2 FamFG)
- Hinweis auf die Rechtsfolgen bei Nichteinhaltung der Umgangsregelung (§ 89 Abs. 2 FamFG)
~
Der BGH hat mit seiner Entscheidung nochmals darauf hingewiesen, dass die Umgangsregelung einen sogenannten „vollstreckungsfähigen Inhalt“ haben muss und die Umgangsregelung derart konkret formuliert sein muss, dass eine etwaige Verfehlung eindeutig festgestellt werden kann. Der BGH weist darauf hin, dass zwar mit der Einführung des FamFG die Voraussetzungen der Anordnung von Ordnungsmitteln großzügiger geregelt sind. Auf einen Verstoß gegen eine Handlungs- oder Duldungspflicht kommt es nicht mehr an, sondern allein auf eine Zuwiderhandlung gegen den Wortlaut der Umgangsregelung. Es reicht daher eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangs. Erforderlich ist insoweit weiterhin eine klare Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs. Bei wiederholter Verletzung von gerichtlichen Umgangsregelungen kommen neben Ordnungsmitteln auch die Anordnung einer Umgangspflegschaft in Betracht (BGH, FamRZ 2012, S. 99). Im sogenannten Vollstreckungsverfahren sind „Kindeswohlfragen“ grundsätzlich nicht mehr von Belang, da diese im Hauptsacheverfahren geklärt wurden und in der gerichtlichen Umgangsregelung Einzug genommen haben. Neu hinzugetretene Umstände können nur dann berücksichtigt werden, wenn diese auch zur Abänderung der Ausgangsentscheidung führen würden (OLG Frankfurt, FamRZ 2009, S. 796).
~
Unbedingt ist darauf zu achten, dass gemäß § 89 Abs. 2 FamFG in der Umgangsregelung auf die Folgen einer Zuwiderhandlung hingewiesen ist. Gerade in Umgangsvereinbarungen „vergisst“ man häufig einen solchen Warnhinweis, da man ja eine Einigung erzielt hat und darauf setzt, dass diese auch eingehalten wird. Man will nicht gleich wieder Öl ins Feuer gießen. Insoweit wird angeraten, den Warnhinweis immer mit aufzunehmen, auch bei der Antragstellung dies bereits zu berücksichtigen, damit das Gericht dies „nicht vergisst“. Sollte der Warnhinweis fehlen, bleibt die Möglichkeit der Nachholung durch nachträglichen Antrag. Nach altem Recht ergangene Umgangsregelungen (vor dem 1.9.2009) beinhalteten solche Warnhinweise nie, da gesetzlich nicht vorgegeben, in solchen Fälle bedarf es jedoch auch jetzt eines gerichtlichen Beschlusses mit einem Warnhinweis, bevor ein Antrag auf Ordnungsmittel gestellt werden kann (BGH, FamRZ 2011, S. 1729, BVerfG FamRZ 2011, S. 957).