BGH, Beschluss vom 18.4.2012 – Versorgungsausgleich

Private Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht unterfallen nach Ausübung des Kapitalwahlrechts nicht mehr dem Versorgungsausgleich, selbst wenn das Kapitalwahlrecht nach Ende der Ehezeit vor der letzten tatrichterlichen Ent-scheidung ausgeübt wurde. Es kommt lediglich ein güterrechtlicher Ausgleich in Betracht (im Anschluss an die BGH-Beschlüsse vom 5. Oktober 2011 - XII ZB 555/10 - FamRZ 2011, 1931~ BGH FamRZ 2003, 664 und vom 19. März 2003 - XII ZB 42/99 - FamRZ 2003, 923).

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Urteil

Gericht         : BGH 
Datum           : 18.04.2012 
Aktenzeichen    : XII ZB 325/10 
Leitparagraph   : VersAusglG §2 
Quelle          : FamRZ 2012, S.1039 
Kommentiert von : RA Simon Heinzel 

Inhalt:

Im Versorgungsausgleichsrecht stellt sich häufig die Frage, ob eine Vermögensposition beim Zugewinn oder beim Versorgungsausgleich auszugleichen ist, dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn die Eheleute z. B. Gütertrennung vereinbart haben und ein Ausgleich, wie z. B. bei einer Lebensversicherung, im Güterrecht nicht stattfindet. Im zu entscheidenden Fall hatte der Ehemann Anrechte aus einer privaten Rentenversicherung mit einem ehezeitlichen Kapitalwert von ca. 25.000 Euro. Diese Versicherung beinhaltete ein sogenanntes Kapitalwahlrecht, wonach von Rentenversicherung auf Kapitallebensversicherung umgestellt werden konnte. Nach Zustellung des Scheidungsantrages (Stichtag für die Berechnung des Ehezeitanteils der Rentenanwartschaften), jedoch vor Rechtskraft der Ehescheidung bzw. der Entscheidung zum Versorgungsausgleich, hat der Ehemann von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht, sodass das ursprüngliche Rentenrecht zu einem Kapitalversicherungsrecht gewandelt ist. Sowohl die Instanzgerichte als auch letztendlich der BGH haben entschieden, dass nach Ausübung des Kapitalwahlrechts nach Zustellung des Scheidungsantrags dies maßgeblich und zu beachten ist, sofern eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich noch nicht erfolgt ist. Nur die im Zeitpunkt der letzten Entscheidung dem Versorgungsausgleich unterfallenden Rentenanrechte können in den Versorgungsausgleich miteinbezogen werden (so schon BGH, FamRZ 2011, S. 1931). Wenn ein Rentenanrecht in eine Kapitalversicherung umgewandelt wurde, weil dies aufgrund des Versicherungsvertrages möglich ist, führt dies bis zum Zeitpunkt letzten tatrichterlichen Entscheidung dazu, dass dieses Vermögen aus der vormaligen Rentenversicherung, nicht beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist und allenfalls beim Zugewinn eine Rolle spielt. Dies ist auch hinzunehmen, wenn eine Gütertrennung vereinbart ist und somit im Güterrecht kein Ausgleich stattfindet. Die Neuregelung des VersAusglG zum 1.9.2009 ändert hieran nichts.

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Der Grundsatz lautet:

In den Rentenausgleich/Versorgungsausgleich fällt das, was im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung ein Rentenrecht ist, alles was zu diesem Zeitpunkt kein Rentenrecht ist, fällt allenfalls in den Zugewinn. Wer also entweder eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht hat oder eine Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht sollte sich zumindest vor oder noch während des laufenden Scheidungsverfahrens überlegen, in welchem Ausgleichssystem der Ausgleich stattfinden soll oder ob ggf. ein Ausgleichssystem (z. B. Zugewinn) nicht greift – wegen Ehevertrag – und daher entsprechende Erklärungen gegenüber der Versicherungsgesellschaft sinnvoll wären.