BGH, Urteil vom 15.2.2012 – Ehegattenunterhalt, Verwirkung
a) Verschweigt eine Ehefrau ihrem Ehemann, dass ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise von einem anderen Mann abstammt, verwirklicht dies grundsätzlich den Härtegrund eines Fehlverhaltens im Sinne von § 1579 Nr. 7 BGB. Die Anfechtung der Vaterschaft ist hierfür nicht Voraussetzung.
b) Ein Härtegrund kann nicht nur angenommen werden, wenn die anderweitige leibliche Vaterschaft unstreitig ist, sondern auch dann, wenn der Ausschluss der leiblichen Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise festgestellt worden ist.
Urteil
Gericht : BGH Datum : 15.02.2012 Aktenzeichen : XII ZR 137/09 Leitparagraph : BGB §1579 Quelle : www.bundesgerichtshof.de Kommentiert von : RA Simon Heinzel
Inhalt:
Der geschiedene Ehemann hat sich darauf berufen, dass die Frau ihm den Sohn wissentlich als ehelich „untergeschoben“ und dadurch ihren Unterhaltsanspruch verwirkt habe. Durch Sachverständigengutachten war festgestellt worden, dass der geschiedene Ehemann nicht der Vater des Kindes sein konnte. Der BGH stellt fest, dass ein Ehebruch allein nicht zur Verwirkung des Unterhalts führt. Wenn jedoch zumindest die Möglichkeit besteht, dass bei dem Ehebruch ein Kind gezeugt wurde und dies die Mutter bei anschließender Fortsetzung der Ehe verschweigt, liegt hierin ein Verwirkungsgrund. Das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar. Ein sogenannter „bedingter Vorsatz“ liegt vor, wenn der Frau nachgewiesen wird, dass sie von einem Geschlechtsverkehr in der Empfängniszeit Kenntnis hatte, jedoch dies nicht offenbart hat.
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In diesen Fälle wird häufig von der Frau vorgetragen sie habe wohl damals einen drogenbedingten oder alkoholbedingten „Blackout“ gehabt. Im vorliegenden Fall war es Aufgabe der Vorgerichte, dies zu ermitteln, was zum Ergebnis geführt hat, dass ein solcher „Blackout“ im vorliegenden Einzelfall nicht glaubhaft war.
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Ausreichend war, dass die leibliche Vaterschaft des Ehemannes ausgeschlossen war. Keine Voraussetzung war es, dass eine anderweitige Vaterschaft eines Dritten unstreitig oder gar festgestellt war. Die Anfechtung der Vaterschaft ist nicht Voraussetzung für das Eingreifen des Verwirkungsgrundes gemäß § 1579 Nr. 7 BGB, d. h. ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten, was zur Verwirkung führt.
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Der BGH hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass ein Verschweigen eines außerehelichen Geschlechtsverkehrs mit der Möglichkeit der Schwangerschaft und der Nichtaufklärung des Ehemannes, dass das in der Ehe geborene Kind möglicherweise nicht von ihm abstammt, grundsätzlich zur Unterhaltsverwirkung führt.