Ehegattenunterhalt | Beschaffung von Beweismitteln - BGH - 15.05.2013
Im Beschluss geht es um eine wichtige Frage, die dem ISUV immer wieder gestellt wird: "Wie kann ich beweisen, dass meine Partnerin in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt? Ist es sinnvoll einen Detektiv zu beauftragen?"
Urteil:
Gericht: BGH
Datum: 15.05.2013
Aktenzeichen: XII ZB 107/08
Leitparagraph: § 91 ZPO, § 1579 BGB
Quelle: -
Kommentiert von: Simon Heinzel, Fachanwalt für Familienrecht
Detektivkosten, die einer Partei zur Beschaffung von Beweismitteln (hier: zur Feststellung des Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten) entstehen, können zu den erstattungsfähigen Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gehören. Das ist allerdings nur der Fall, wenn das Beweismittel im Rechtsstreit verwertet werden darf. Daran fehlt es, soweit die Kosten auf Erstellung eines umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofils mittels eines Global Positioning System [GPS] - Geräts beruhen, eine punktuelle persönliche Beobachtung aber ausgereicht hätte.
Der geschiedene Ehemann war zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. Zur Vorbereitung einer Abänderungsklage hatte er einen Detektiv mit der Feststellung beauftragt, ob seine Ex in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe (§ 1579 Nr. 2 BGB), nachdem diese vor dem Gerichtstermin dies verneint hatte. Der Detektiv überwachte sämtliche PKW-Fahrten der Frau mit einem an ihrem Fahrzeug heimlich angebrachten GPS-Sender. Im gerichtlichen Verfahren hat die Ex-Ehefrau dann den Antrag auf Wegfall des Unterhaltsanspruchs anerkannt, ihr wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Innerhalb dieses Kostenfestsetzungsverfahrens war es streitig, ob die Kosten des Detektivs von der Frau zu ersetzen sind oder nicht.
Grundsätzlich: Kosten für die Einschaltung eines Detektivs sind grundsätzlich sog. notwendige Verfahrenskosten, wenn die Feststellungen des Detektivs für eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung notwendig sind. Insoweit sind jedoch nur solche detektivischen Maßnahmen erstattungsfähig, die gerichtlich verwertbar sind (BGH, Beschluss vom 20.10.2005 MDR 2006, S. 776~ BGH, Urteil vom 11.12.1986, WM 1987, S. 247). Demnach sind Detektivkosten erstattungsfähig, wenn eine vernünftige Prozesspartei berechtigte Gründe hat, eine Detektei zu beauftragen. Weiterhin müssen die Detektivkosten sich – gemessen an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien und der Bedeutung des Streitgegenstandes – in vernünftigen Grenzen halten, prozessbezogen waren, und auch nicht einfacher/billiger zu erlangen waren. D. h. in der Praxis, dass ein konkreter Auftrag an die Detektei zur Bestätigung eines bestimmten festen Verdachts (verfestigte nichteheliche Lebensgemeinschaft) erteilt wurde. Der BGH hat bestätigt, dass es einer Partei unzumutbar ist, sich für das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft allein auf Bekundungen des Verfahrensgegners oder seines angeblichen Lebenspartners zu verlassen, sondern es ihm ermöglicht sein muss, Indiztatsachen auch durch Detektive zu beweisen. Die prozessunterliegende Partei hat dann die Kosten zu tragen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (§ 91 ZPO). Dies wird der Fall sein bei normaler Observation.
Einzelfall: Im hier vorliegenden Fall gab es die Überwachung per GPS. Da diesbezüglich alle Bewegungsdaten der Zielperson ausgekundschaftet werden, liegt hierin ein Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht mit der Folge, dass ein solches Beweismittel nicht verwertet werden dürfte und somit auch für die Rechtsverfolgung nicht geeignet war und somit auch die Kosten von der unterlegenen Partei nicht zu übernehmen waren. Der BGH hat es auch nicht als rechtfertigenden Grund angesehen, dass die Ex-Ehefrau vorprozessual die Tatsache der verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft abgestritten hatte, da weiterhin mildere Mittel zur Erlangung der erstrebten Feststellungen gegenüber der heimlichen ständigen GPS-Überwachung zur Verfügung standen, nämlich die punktuelle persönliche Beobachtung durch einen Detektiv (dass durch eine solche punktuelle Überwachung im Vergleich zur GPS-Überwachung erhebliche Mehrkosten verursacht worden wären, war im Prozess nicht dargetan).
Fazit:
Eine permanente GPS-Überwachung ist mangels Verwertbarkeit (Persönlichkeitsrecht) nicht erstattungsfähig. Ob der BGH bei Darlegung, dass eine konservative Objektbewachung genauso teuer oder sogar teurer gewesen wäre, anders entschieden hätte, kann aus dem Beschluss nicht entnommen werden. Es ist daher ratsam im Kostenfestsetzungsverfahren nur „konservative“ Objektüberwachungsrechnungen einer Detektei zur Kostenfestsetzung zu stellen. In jedem Fall muss ggf. nachgewiesen werden, dass die Erkenntnisse der Detektei aus dem konkreten Auftrag „nichteheliche Lebensgemeinschaft“ gewonnen wurden und nicht etwa Zufallserkenntnisse aus einem anderen Auftrag sind. Grundsätzlich sind Detektivkosten jedoch auf der Grundlage der dargestellten Maßgaben erstattungsfähig.