Elterliche Sorge - OLG Schleswig - 7.4.2014 | OLG Frankfurt - 9.9.2013

 

Die gemeinsame elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern setzt voraus, dass die Erziehungskontinuität und-stabilität nicht gefährdet ist. Weiterhin darf die Übertragung des Sorgerechts (teilweise) dem Kindeswohl nicht widersprechen, das setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus sowie ein Mindestmaß an Übereinstimmung der Eltern.

Beschluss:
Gericht: OLG Schleswig
Datum: 07.04.2014
Aktenzeichen: 15 UF 140/13
Leitparagraph: BGB §1626a, BGB §1696, BGB §1697a
Quelle: FamRZ 2014, Seite 1374

Kommentierung:

Erst im Jahr 2013 hat der Gesetzgeber den Weg für das Mitsorgerecht des leiblichen Vaters erleichtert. Bis dahin gab es nur das alleinige Sorgerecht der Kindsmutter für das nichteheliche Kind, lediglich mit ihrer Zustimmung konnte ein gemeinsames Sorgerecht erreicht werden. Der Gesetzgeber hat nunmehr normiert, dass die gemeinsame elterliche Sorge möglich sein soll, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht, erforderlich ist damit nur eine negative Kindeswohlprüfung und nicht mehr die Feststellung, dass die gemeinsames elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht (positive Kindeswohlprüfung). Hierbei darf man jedoch nicht vergessen, dass dieser negativen Kindeswohlprüfung gemäß § 1626 a Abs. 2 BGB eine Prüfung des § 1696 BGB notwendig ist. Gemäß § 1696 BGB ist eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Die Vorteile der beabsichtigten Neuregelung (gemeinsames Sorgerecht) müssen die mit der Änderung verbundenen Nachteile deutliche überwiegen. Diese strengen Voraussetzungen dienen dem Gesichtspunkt der Erziehungskontinuität. Eine einmal erfolgte Zuordnung der elterlichen Sorge soll nicht beliebig wieder aufgerollt werden können. Das OLG Schleswig hat insoweit nicht nur die Voraussetzungen des § 1626 a BGB in seine Entscheidung einfließen lassen, sondern wohl richtigerweise auch die Frage der Erziehungskontinuität des § 1696 BGB. Dies galt umso mehr, da erhebliche Kommunikationsstörungen auf der Elternebene vorhanden waren (wer auch immer diese Kommunikationsstörungen zu verantworten hat, möglicherweise absichtlich herbeigeführt hat, provoziert hat, ... „es gehören immer zwei dazu“). Die Ausübung der gemeinsamen Verantwortung für ein Kind erfordert in jedem Fall ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern. Fehlt es daran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge für das Kind dem Kindeswohl zuwider laufen (BVerfG, FamRZ 2010, Seite 1403). Kooperationsfähigkeit ist unabdingbare Voraussetzung für gemeinsame elterliche Sorge (OLG Koblenz, FamRZ 2014, Seite 319). Wenn sich Eltern ausschließlich über Umgangsrecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht streiten und ansonsten nichts zu regeln ist, spricht nichts gegen die gemeinsame elterliche Sorge. Dies gilt nicht, wenn eine schwerwiegende Kommunikationsstörung vorliegt, die es befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und dadurch das Kind belastet sein wird. Andauernder Elternzwist führt zwangsläufig zur Kindsbelastung. Die am Kindeswohl auszurichtende Regelung der elterlichen Sorge ist jedenfalls kein geeignetes Instrument, zugunsten des kooperationswilligen Elternteils für Gerechtigkeit gegenüber dem abblockenden Elternteil zu sorgen (BGH, FamRZ 2008, Seite 592). Mit diesen Entscheidungen wird bedauerlicherweise dem abblockenden Elternteil „in die Karten gespielt“, so ist jedoch die herrschende Rechtsauffassung, allein aus Gründen der Herstellung der „Gleichheit“ kann dem kooperationswilligen Elternteil nicht das Mitsorgerecht übertragen werden, dies mit dem Argument, dass das Kindeswohl (berechtigterweise) im Vordergrund steht. Es muss jedoch gefragt bleiben, ob nicht durch ein Mitsorgerecht das Kindeswohl besser Beachtung findet, zumal an sich § 1626 a Abs. 2 BGB keine positive Kindeswohlprüfung vorsieht , sondern „nur“ eine negative Kindeswohlprüfung und eigentlich nur festgestellt werden müsste, dass das Mitsorgerecht dem Kindeswohl nicht widerspricht. Das OLG Schleswig verkehrt nach Auffassung des Verfassers diese Rechtslage, was jedoch in einer Vielzahl von Entscheidungen zu dieser Thematik zu finden ist.

 

Beschluss:
Gericht: OLG Frankfurt
Datum: 09.09.2013
Aktenzeichen: 7 UF 66/13
Quelle: FamRZ 2014, Seite 807

Kommentierung:

Das OLG Frankfurt geht davon aus, dass ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit für ein Kind zwangsläufig erhebliche Belastungen mit sich bringt und es nicht darauf ankommt, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt (so auch BGH NJW 2008, Seite 994). Zu dieser Thematik gibt es einen „Strauß“ an Entscheidungen mit verschiedensten Begründungen, so wie hier auch OLG Brandenburg NJW 2014, Seite 233, OLG Celle NZFam 2014, Seite 367. Es wird immer darauf ankommen, in welchem Maß ein Gericht eine Konsensfähigkeit der Eltern feststellt oder nicht.

 

Beschluss:
Gericht: KG Berlin
Quelle: FamRZ 2014, Seite 1375

Kommentierung:

Kein Mitsorgerecht des Vaters bei nachhaltig und intensiv gestörter Kommunikationsebene der Eltern, was auch durch eine Vielzahl gerichtlicher Verfahren dokumentiert ist.