Getrenntlebendunterhalt - OLG - 05.02.2021

  1. Zur Bestimmung des Trennungsunterhalts nach § 1361 I S. 1 BGB vor Ablauf des Trennungsjahres i. S. des § 1565 II BGB.
  2. Einen längere Zeit nicht oder nur geringfügig erwerbstätig gewesenen Ehegatten trifft regelmäßig im ersten Trennungsjahr keine Erwerbsobliegenheit bzw. Obliegenheit zur Ausweitung der Erwerbstätigkeit.
  3. Hiervon kann nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, wie z. B. ein sehr kurzes eheliches Zusammenleben, Kinderlosigkeit und noch geringes Lebensalter des bedürftigen Ehegatten, abgewichen werden.
  4. Eine zeitliche Befristung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt kann nicht in entsprechender Anwendung des § 1578 b BGB, der die Herabsetzung und Befristung nur beim nachehelichen Unterhalt aus Billigkeitsgründen regelt, erfolgen.

Beschluss:
Gericht: OLG Düsseldorf
Datum: 05.02.2021
Aktenzeichen: II-3 WF 134/20
Leitparagraph: §§ 1361, 1578 b BGB
Quelle: FamRZ 2022, Seite 1609

Kommentierung:

Dieses Urteil stellt den Grundsatz dar, wonach im ersten Trennungsjahr den unterhaltsberechtigten Ehegatten keine Verpflichtung trifft, seine bisherige Erwerbstätigkeit zu verändern/auszuweiten. Das gilt letztendlich grundsätzlich für sämtliche Lebensumstände im ersten Trennungsjahr. Im 3. Leitsatz werden jedoch Ausnahmen beschrieben, sodass im Einzelfall das Dogma des „Erhalts der Lebensumstände zum Zeitpunkt der Trennung“ durchbrochen werden kann.

Das Gericht hatte hierüber zu befinden, und hat entschieden, dass bereits ab Februar 2020 eine erhöhte Erwerbsobliegenheit der unterhaltsbegehrenden Frau besteht, weil im Einzelfall zwar die Trennung erst Ende Oktober 2019 stattgefunden hat, aber sie mit ihrem jetzigen Lebenspartner bereits im Februar 2020 zusammengezogen ist und somit der Schutzgedanke der Ehe nicht mehr greift und die Ehe war kinderlos. Die Ehe dauerte nur 4 Jahre (so auch OLG Köln, FamRZ 1996, Seite 1219). Aufgrund weiterer Einzelumstände (Alter von schon 50 Jahren) haben dazu geführt, dass ab Februar 2020 „nur“ ein Einkommen aus erhöhter Erwerbsobliegenheit angenommen wurde und erst mit Ablauf des Trennungsjahres eine vollschichtige Erwerbstätigkeit zugrunde gelegt wurde.

Nachdem das Amtsgericht auch eine zeitliche Befristung des Unterhaltes bestimmt hatte, hat das OLG diesem eine Absage erteilt, da § 1578 b BGB nur für nachehelichen Unterhalt gilt, eine Reduzierung des Unterhaltes oder gar Befristung ist im hier vorliegenden Fall auf die Frage einer verfestigten nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Frau zu reduzieren. Das wird im Normalfall – wie hier – nicht vor Ablauf von 2 Jahren der Fall sein.

Diese Entscheidung wiederholt letztendlich die herrschende Auffassung zur Thematik, dass im ersten Trennungsjahr grundsätzlich keine weitergehende Erwerbsobliegenheit greift und auch eine Reduzierung/Befristung nicht vor Ablauf von 2 Jahren bei einer verfestigten neuen nichtehelichen Lebensgemeinschaft gegeben ist.