Güterrecht - BGH - 17.9.2014

 

Wegen einer Nichterfüllung der Auskunftspflicht zum Trennungszeitpunkt nach § 1379 Abs. 2 BGB kann der vorzeitige Ausgleich des Zugewinns oder die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft nach §§ 1385 Nr. 4, 1386 BGB nicht verlangt werden.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 17.9.2014
Aktenzeichen: XII ZB 604/13
Leitparagraph: BGB §1385, BGB §1386, BGB §1379, BGB §1353
Quelle: NZFam 2014, Seite 1088~ FamRZ 2015, Seite 32 ff.

Kommentierung:

Der Zugewinn kann auch unter bestimmten Voraussetzungen während der Ehe, somit vor Scheidungsantrag, geltend gemacht werden.

Bislang musste der ausgleichsberechtigte Ehegatte den vorzeitigen Zugewinnausgleich im Wege der sog. Gestaltungsklage geltend machen. Jetzt besteht die Möglichkeit, direkt eine Leistungsklage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich zu erheben. Dies hat den Vorteil, dass dieser Anspruch im vorläufigen Rechtsschutz durch sog. Arrest gesichert werden kann. Damit kann man sich besser als bislang vor Vermögensminderungen schützen.

Ein solcher vorzeitiger Zugewinnausgleich kann begehrt werden, wenn:

  • die Ehegatten seit mindestens 3 Jahren getrennt leben

oder

  • Verfügungen über das Vermögen im Ganzen ohne Zustimmung des anderen oder illoyale Vermögensverschiebungen zu befürchten sind und dadurch eine erhebliche Gefährdung der Erfüllung der Ausgleichsforderung zu besorgen ist

oder

  • der andere Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen aus der Ehe schuldhaft nicht erfüllt hat und anzunehmen ist, dass er sie auch in Zukunft nicht erfüllen wird

oder

  • der andere Ehegatte sich ohne ausreichenden Grund beharrlich weigert oder sich ohne ausreichenden Grund bis zur Erhebung der Klage auf Auskunft beharrlich geweigert hat, über den Bestand seines Vermögens zu unterrichten.

Jeder Ehegatte kann unter entsprechender Anwendung der oben zitierten Grundsätze (§ 1385 BGB) die vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen (§ 1386 BGB). Den § 1385 Nr. 4 BGB (beharrliche Verweigerung) liegt die Pflicht zugrunde, den anderen Ehegatten wenigstens in groben Zügen über den Vermögensbestand zu informieren. Es war schon bislang herrschende Rechtsprechung, dass die Verletzung der Auskunftspflicht zum Anfangsvermögen/Endvermögen nicht dazu führen konnte, dass ein vorzeitiger Zugewinnausgleich möglich war (OLG Bamberg, FamRZ 2009, Seite 1906~ OLG Frankfurt, FamRZ 2010, Seite 563), dies mit dem Argument, dass das Verlangen über die Unterrichtung über den Bestand des Vermögens gemäß § 1385 Nr. 4 BGB eine völlig andere Qualität hat, als das Auskunftsverlangen mit Vorlage eines Vermögensverzeichnissen und Belegen nach § 1379 Abs. 1 Nr. 2 BGB. In der Rechtsliteratur wurde die Frage sehr kontrovers behandelt, ob ein Auskunftsersuchen über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt, da es ja die Unterrichtung über den Bestand des Vermögens mitumfasst, auch geeignet ist bei beharrlicher Verweigerungshaltung den vorzeitigen Zugewinnausgleich zu verlangen. Noch in der neuesten Auflage des Palandt, 74. Auflage 2015 ist bei § 1385, 1386 kommentiert, dass die beharrliche Verweigerung der Auskunft über das Vermögen bei der Trennung gemäß § 1379 Abs. 2 BGB die Folge des § 1385 BGB auslöst, nämlich die vorzeitige Geltendmachung des Zugewinnausgleichs (Bergschneider, FamRZ 2009, Seite 1713 und Haußleiter/Schulz, Kapitel 1 , Rdn. 594 ebenso u. a.). Der BGH schließt sich jedoch der gegenteiligen Meinung an (OLG Frankfurt, FamRZ 2010, Seite 563, Münchner Kommentar BGB Koch, 6. Auflage § 1386 Rdn. 26, Koch FamRZ 2010, Seite 1205 und überraschend Brudermüller – verantwortlicher Kommentator des Palandt, der dort die völlig andere Auffassung vertritt – NJW 2010, Seite 401.Der BGH hat sich jetzt festgelegt, für den Verfasser auch folgerichtig, denn es ist schon etwas anderes, ob sich jemand beharrlich einer Unterrichtung über den Bestand seines Vermögens verweigert oder einem formal ausgestalteten Auskunftsersuchen mit Vermögensverzeichnis und Belegvorlage. Wer sich letzterem verweigert, muss damit rechnen, dass er hierauf verklagt wird, aber nicht, dass damit dem anderen die Möglichkeit des vorzeitigen Zugewinnausgleichs ermöglicht wird. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn man sich einer normalen Unterrichtung des Bestandes des Vormögens beharrlich verweigert, wobei eine Beharrlichkeit anzunehmen ist erst nach einer dritten Aufforderung.

⇒Tipp: Man kann selbstverständlich auf Auskunft zum Trennungszeitpunkt mit all seinen Formalien und Belegvorlageansprüchen auffordern, sollte daneben aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass man ebenso die Unterrichtung über den Bestand des Vermögens gemäß § 1385 Nr. 4 BGB verlangt, wenn dann diese Unterrichtung nach 3maliger Aufforderung nicht erfüllt wird – völlig unabhängig von der Auskunft zum Trennungszeitpunkt – besteht dann die Möglichkeit der vorzeitigen Geltendmachung des Zugewinnausgleichs. Dass der BGH diese zusätzliche Hürde aufstellt, ist nicht so recht nachvollziehbar, denn das Bestreben des Gesetzgebers ist es, den Auskunftsberechtigten ansich mehr Rechte zu geben, sodass es auch folgerichtig gewesen wäre, wenn man ein Auskunftsverlangen zum Trennungszeitpunkt auch als Unterrichtung zum Vermögensbestand gesehen hätte und gleichgestellt hätte, um einen erleichterten Weg zum vorzeitigen Zugewinnausgleich vorzugeben. Die Neuregelung zum vorzeitigen Zugewinnausgleich dient schließlich auch der Erleichterung der Geltendmachung, sodass die differenzierte Auffordungsnotwendigkeit zum Vermögensbestand das Gegenteil bewirkt, nämlich wieder ein Erschwernis.