Prozessrecht - BGH - 21.07.2021


Liegen die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG vor, tritt der sogenannte Scheidungsverbund automatisch ein. Die Eheleute haben vor Rechtskraft der Scheidung kein Wahlrecht, ob eine Folgesache in einem isolierten Verfahren oder im Verbundverfahren mit der Scheidung entschieden werden soll.

Beschluss:
Gericht: BGH
Datum: 21.07.2021
Aktenzeichen: XII ZB 21/21
Leitparagraph: § 137 FamFG
Quelle: FamRZ 2021, Seite 1521

Kommentierung:

Der Ehemann hat Scheidungsantrag gestellt. Nachdem die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt wurden, hat das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28.04.2020 bestimmt. Die Ehefrau hat am 14.04.2020 einen Antrag auf nachehelichen Unterhalt gestellt. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die notwendige Frist von 2 Wochen gemäß § 137 Abs. 2 FamFG nicht eingehalten ist und das Gericht hat sodann die Ehescheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich durchgeführt und das Verfahren zum nachehelichen Unterhalt isoliert.

Hinzu kam, dass der Ehemann kurz nach Einreichung des Scheidungsantrages einen sogenannten Stufenantrag zum Zugewinn in einem isolierten Verfahren beantragt hat. Das Amtsgericht hat nach Anerkenntnis der Ehefrau durch Anerkenntnisbeschluss die Ehefrau zur Auskunft verpflichtet.

Die Ehefrau hat gegen den Scheidungsbeschluss inkl. VA und Abtrennung des nachehelichen Unterhalts Beschwerde eingelegt. Das OLG hat dieser Beschwerde stattgegeben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der Rechtsbeschwerde an den BGH.

Der BGH hat unmissverständlich erklärt, dass das OLG die ursprüngliche Entscheidung zurecht aufgehoben hat, da die Verfahrensweise des Amtsgerichts unzulässig war. Wenn die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 FamFG – wie hier – vorliegen, tritt der Verbund für Scheidungs- und Folgesache kraft Gesetzes ein, ohne dass die Ehegatten hierüber disponieren können. Ebenso unbeachtlich ist das fehlerhafte Führen der Folgesache in einem isolierten Verfahren, wie es das Amtsgericht getan hat. Es besteht Zwangsverbund.

Deshalb konnte das Amtsgericht die Scheidung nicht aussprechen, weil die Folgesache „Güterrecht“ nicht entscheidungsreif war. Richtig war es, dass das Amtsgericht grundsätzlich die Folgesache „Unterhalt“ als verspätet angesehen hat, da die 2-Wochen-Frist des § 137 FamFG so zu errechnen ist, dass zwischen Einreichung der Folgesache (hier Unterhalt) und dem Scheidungstermin 14 Tage liegen müssen, mit der Folge, dass im konkreten Fall die Folgesache bis 13.04.2020, 24:00 Uhr hätte eingereicht werden müssen (häufiger Fristenfehler). Nachdem jedoch die Folgesache Güterrecht von Gesetzeswegen im Scheidungsverbund behandelt werden muss – und nicht isoliert – war die 2-Wochen-Frist des § 137 FamFG nicht in Gang gesetzt worden.

Das heißt letztendlich, dass bei Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens eine Folgesache zur Scheidung zwangsweise im Verbund zu behandeln ist. Folgesachen in den Verbund einzubinden führt normalerweise zu geringeren Kosten als wenn man isolierte Verfahren führt, trotzdem kann es im Interesse des Scheidungsantragsstellers sein, zunächst eine „schnelle“ Scheidung herbeizuführen ohne langwierige Folgesachen abwarten zu müssen. Die Ausführungen des BGH hierzu haben in erster Linie dogmatische Bedeutung, denn es gibt eine Reihe von Gründen, warum z. B. der Zugewinn außerhalb des Verbundes und erst nach der Scheidung innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht werden soll. Insbesondere können bei hohen güterrechtlichen Ansprüchen nur dann Zinsansprüche geltend gemacht werden (5 % über dem Basiszinssatz, derzeit 4,12 %, jedenfalls mehr als auf der Bank), wenn der güterrechtliche Anspruch erst nach Rechtskraft der Scheidung geltend gemacht wird, da Zinsen erst ab Rechtskraft der Scheidung denkbar sind.

Die Entscheidung des BGH besagt letztendlich, dass es während der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens es nicht in der Entscheidungsgewalt der Parteien und auch nicht des Gerichtes liegt, ob eine Folgesache im Verbund – d. h. mit der Ehescheidung – zu entscheiden ist, sondern kraft Gesetzes gemeinschaftlich entschieden werden muss. Wer das nicht will und lieber schnell geschieden werden will und ggf. auf Zinsen spekuliert, muss eine Folgesache „Güterrecht“ eben erst nach Rechtskraft der Scheidung bei Gericht einreichen. Natürlich kann ein solches Ansinnen vom Prozessgegner durchkreuzt werden, indem dieser entsprechende Folgesacheanträge stellt und sie somit in den Scheidungsverbund zieht.