Richter: Anwalt verbrenne Geld des Mandanten mit dem anhängigen Verfahren

Das war zu despektierlich und trug dem Richter einen Ablehnungsbeschluss des OLG Köln ein (Beschluss vom 31.10.2012  - II-4 WF 121/12).

Was war passiert?

Die Eheleute waren sich über den Termin der Trennung nicht einig. Der Mann behauptete,  sie lebten in der Ehewohnung seit Januar 2011 getrennt, die Frau behauptete, eine Trennung sei erst zum 1.3.2012 erfolgt.

Der Anwalt des Mannes stellte bei einer Verhandlung am 20.6.2012 keinen Scheidungsantrag, erging am 3.7.2012 Versäumnisbeschluss, gegen den der Antragsteller Einspruch einlegte, worauf es zu der mündlichen Verhandlung vom 8.8.2012 kam. In dieser Verhandlung erteilte der abgelehnte Richter den Hinweis, "dass der Antragsteller-Vertreter mit diesem Verfahren das Geld seines Mandanten verbrenne." Daraufhin hat der Antragsteller den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, was er damit begründete, mit der beanstandeten Äußerung werde unzulässig in das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beteiligten und seinem Verfahrensbevollmächtigten eingegriffen.

Der abgelehnte Richter hat sich unter dem 9.8.2012 schriftlich dienstlich geäußert und ausgeführt, er halte sich nicht für befangen. Die wirtschaftlichen Folgen eines verfrühten Scheidungsantrages seien zu erörtern gewesen.

Das Amtsgericht wies die Ablehnung des Richters zurück, das Oberlandesgericht Köln gab ihr statt mit folgender Begründung:

Die Ablehnung beruht auf den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 42 ZPO. Danach kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob objektive Gründe vorliegen, die, vom Standpunkt der betreffenden Partei aus betrachtet, in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters zu wecken (OLG Köln, Beschluss vom 24.2.2010 - 4 WF 25/10, zitiert nach juris). Nicht erforderlich ist, dass der Richter tatsächlich befangen ist, auch ist unerheblich, ob er sich für befangen hält (KG Berlin, Beschluss vom 7.2.2007 - 15 W 2/07, zitiert nach juris~ Vollkommer in Zöller, Kommentar zu ZPO, 29. Aufl. § 42 Rdnr. 9). Entscheidend ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerfG, Beschluss vom 2.12.1992, 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92, zitiert nach juris).

Das ist hier der Fall.

Evident unsachliche oder unangemessene sowie herabsetzende oder beleidigende Äußerungen eines Richters in der mündlichen Verhandlung sind grundsätzlich geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen (LSG NRW, Beschluss vom 16.6.2003 - L 11 AR 49/03 AB, zitiert nach juris~ OLG Hamburg, Beschluss vom 23.3.1992 - 7 W 10/92, NJW 1992, 2036). Klarzustellen ist, dass es zur Aufgabe des Richters gehört, sich wertend zum Sachvortrag der Beteiligten zu äußern, weswegen die Offenlegung der Rechtsmeinung für sich genommen niemals einen Ablehnungsgrund darstellen kann (Gehrlein in MünchKomm, ZPO, 3. Aufl.2008, § 42 Rdnr. 25). Allerdings hat sich der Richter nach Ton und Wortwahl auf das sachlich Gebotene zu beschränken (OLG Koblenz, Beschluss vom 23.4.2009 - 4 W 171/09, zitiert nach  juris, Rn. 21) - unsachlich abfällige Äußerungen begründen demgegenüber bei objektiver Betrachtung die Befürchtung des Beteiligten, der Richter werde sein Anliegen nicht ernst nehmen (OLG Hamburg, Beschluss vom 23.3.1992 - 7 W 10/92, NJW 1992, 2036).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist festzustellen, dass der abgelehnte Richter mit dem beanstandeten Hinweis, "dass der Antragstellervertreter mit diesem Verfahren das Geld seines Mandanten verbrenne"  den Rahmen sachbezogener Auseinandersetzung verlassen hat, indem er die Prozessführung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers in dessen Gegenwart durch bissige Ironie herabwürdigte.

Quelle: open jur