Umgangsrecht - OLG Brandenburg - 09.09.2019

  1. In einem Verfahren nach dem FamFG ist ein Sachverständiger grundsätzlich verpflichtet, das Gericht rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar nicht im Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstands stehen. Verletzt der Sachverständige diese Mitteilungspflicht und steht die geltend gemachte Vergütung außer Verhältnis zum Verfahrenswert, hat das Gericht gem. § 8 a 111 JVEG nach Anhörung der Beteiligten aufgrund billigem Ermessens eine Vergütung zu bestimmen, die in einem angemessenen Verhältnis zum Verfahrenswert steht.

  2. Die voraussichtlich entstehenden Kosten stehen grundsätzlich dann erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstandes, wenn es zu einer Überschreitung des Verfahrenswerts um ca. 50 Prozent kommt. Ausnahmsweise ist dies in Umgangssachen jedoch erst bei voraussichtlichen Kosten von etwa 9000 € (brutto) der Fall.

Beschluss:
Gericht: OLG Brandenburg
Datum: 09.09.2019
Aktenzeichen: WF 189/19
Leitparagraph: § 30 FamFG; § 407 a Abs. 4 Satz 2 ZPO
Quelle: NZFam 2019, Seite 1068

Kommentierung:

Ein Sachverständiger hatte in einem Umgangsrechtsverfahren für ein psychologisches Gutachten mit ca. 16.000 € abgerechnet, ohne jedoch die Höhe der anfallenden Kosten zuvor anzukündigen. Ein Verfahrensbeteiligter (Antragsteller) hat die sogenannte Erinnerung eingelegt, woraufhin das Familiengericht die Vergütung herabgesetzt hat. Hiergegen hat dieser Beteiligte erneut Beschwerde zum OLG eingelegt, da ihm die Kürzung des Familiengerichtes zu gering ausgefallen war.

Das OLG hat den Vergütungsanspruch deutlich gekürzt, trotzdem wäre er noch über 10.000 € gewesen. Das OLG hat jedoch einen Verstoß gegen § 407 a Abs. 4 Satz 2 ZPO i.V.m. § 30 FamFG gesehen, wonach ein Sachverständiger verpflichtet ist, dem Gericht rechtzeitig Mitteilung zu geben, wenn die voraussichtlich entstehenden Kosten erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen. Wenn derartiges festgestellt wird, hat das Gericht gemäß § 8 a Abs. 3 JVEG nach billigem Ermessen eine Vergütung zu bestimmen.

In diesem Zusammenhang ist es schon fraglich, wann die Kosten „außer Verhältnis“ zum Streitwert stehen. Das OLG wendet die Faustregel an, dass wenn der Verfahrenswert um ca. 50 Prozent überschritten ist, dass dann eine Korrektur notwendig ist. In Kindschaftssachen wird jedoch aufgrund des geringen Regelgegenstandwertes eine Mitteilungsfrist wohl erst bei voraussichtlich Kosten in Höhe von ca. 9.000 € beginnen (das 3-fache des Regelgegenstandwertes von 3.000 €). Da mit 16.000 € diese Grenzen jedenfalls überschritten waren, liegt offenkundig eine Verletzung der Mitteilungspflicht vor. Es kann insoweit sogar offen bleiben, ob das Gericht dem Sachverständigen auch bei rechtzeitiger Mitteilung den Auftrag entzogen hätte oder nicht. Insbesondere greift auch der Schutz der Beteiligten, auch diese hätten Gelegenheit haben müssen, die Fortführung des Verfahrens zu überdenken. Dies auch dann, wenn Verfahrenskostenhilfe in Anspruch genommen wird. Im vorliegenden Fall hat der Kindsvater keine Verfahrenskostenhilfe gehabt – in diesem Fall gilt der Schutzgedanke umso mehr. Das OLG hat sodann die Sachverständigenvergütung auf 9.000 € gekürzt. Es empfiehlt sich, auch während des laufenden Verfahrens das Gericht auf die Kostenfrage anzusprechen, denn nicht immer entscheiden Gerichte so wie das OLG Brandenburg.