Verfahrenskostenhilfe - OLG Hamm - 25.3.2015

 

Wer zum Zeitpunkt der Trennung über nicht unerhebliches Vermögen verfügt, ist grundsätzlich verpflichtet, davon Rücklagen für die Deckung der Kosten des Scheidungsverfahrens zu bilden. Ist hingegen zum Zeitpunkt des Vermögensverbrauches ein späteres, nicht im Scheidungsverbund stehendes Unterhaltsverfahren gerade nicht absehbar, so entfällt die Pflicht zur Rücklagenbildung.

Beschluss:
Gericht: OLG Hamm
Datum: 25.3.2014
Aktenzeichen: II-2 WF 193/13
Leitparagraph: ZPO §115
Quelle: NZFam 2014, Seite 709

Kommentierung:

Mit der Entscheidung hat das Oberlandesgericht klargestellt, dass es nicht nur im Unterhaltsrecht fiktive Einkünfte gibt bzw. es unterhaltsrechtlich sanktioniert wird, wenn Einkommen oder Vermögen illoyal verschwendet wird, sondern auch im Verfahrenskostenhilferecht eine Obliegenheit besteht, Vermögen „zu bewahren“, um später seine Prozesskosten selbst bezahlen zu können und nicht diese Kosten der Allgemeinheit/Steuerzahler aufgebürdet werden. Wenn bereits ein Rechtstreit geführt wird oder dieser unmittelbar bevorsteht, sind nur noch Vermögensdispositionen zulässig, für die eine dringende Notwendigkeit besteht. Eine Urlaubsreise zählt hierzu nicht, ein PKW-Kauf hingegen schon, wenn für die Sicherung des Einkommens und des Unterhalts notwendig. Ein Rechtstreit ist nach Auffassung des Gerichtes insbesondere für ein Scheidungsverfahren ab der Trennung voraussehbar.

In Unterhaltsfällen besteht das Recht auch des Verfahrensgegners in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen Einsicht zu nehmen (insbesondere Einsicht in die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse), dies ergibt sich aus § 117 Abs. 2 ZPO. Diese Möglichkeit wird in der Praxis zu selten in Anspruch genommen, denn wer ohne Verfahrenskostenhilfe prozessieren muss, überlegt es sich schon sehr genau, ob und in welcher Höhe z. B. ein Unterhaltsverfahren geführt wird (eigenes Kostenrisiko bei Versagung von Verfahrenskostenhilfe).