"Rückkehr zum alten Unterhaltsrecht"

ISUV-Pressesprecherin Caroline Kistler erläutert die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts: "Das höchste deutsche Gericht stellt fest, dass der alte Ehepartner nicht zu Gunsten des neuen Ehepartners belastet werden dürfe. Damit wird die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30.07.2008 in Frage gestellt. Im Rahmen der BGH-Rechtsprechung ging man davon aus, dass die ehe-malige Ehefrau nach der Reform des Unterhaltsrechts keine Lebensstandardgarantie mehr hat und die Gründung einer neuen Familie erleichtert werden muss.
Deswegen wurde die sogenannte "Dreiteilungsmethode" eingeführt. Das bedeutete, die Einkünfte der ersten Ehefrau, die Einkünfte des geschiedenen Unterhaltspflichtigen und die Einkünfte der zweiten Ehefrau wurden addiert, dann durch 3 geteilt. Dies hatte zur Folge, dass sowohl dem alten als auch dem neuen Ehepartner 1/3 des Gesamteinkommens als Bedarf zustand. Hiervon wurde das eigene Einkommen des alten Ehepartners abgezogen. Wenn aber die zweite Ehefrau über ein höheres Einkommen verfügte und sich damit der Unterhaltsanspruch der ersten Ehefrau erhöht hätte, wurde dies nicht berücksichtigt. Die Dreiteilung war gerecht, transparent und Betroffenen vermittelbar, dies gilt für diese Entscheidung nicht, wie ich von Betroffenen Zweitfamilien weiß."

Das Bundesverfassungsgericht bemängelt in der Entscheidung, dass die erste Ehefrau regelmäßig weniger Unterhalt bekommt. Gleichzeitig bekomme sie aber nicht mehr Unterhalt, wenn die zweite Ehefrau ein höheres Einkommen hat und somit nach der Drittelmethode die erste Ehefrau auch einen höheren Unterhaltsanspruch hätte. - "Soll die Zweitehefrau die Erste mitfinanzieren? Was hat die Zweitehefrau mit der Erstehe zu tun? Gilt jetzt wieder der Grundsatz, die Zweite hat den Mann, die Erste bekommt das Geld? Wer soll, wer kann das verstehen?" kritisiert Erika B. heftig.

"Der Ärger von Erika B. ist verständlich, aber maßgeblich für die Unterhaltshöhe sind tatsächlich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB die ehelichen Verhältnisse, nicht aber die nachehelichen Verhältnisse - also die Verhältnisse der Zweitehe. Des Weiteren bemüht das höchste deutsche Gericht die sogenannte nacheheliche Solidarität. Danach soll die Ehe mehr als eine reine Wirtschaftsgemeinschaft sein, die eben nur so lange besteht, solange es zwischen den Partnern gut geht.", erläutert Kistler.

Nach Auffassung von ISUV ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Rückschritt zum alten Unterhaltsrecht, zur Lebensstandardgarantie. "Das geht am Bewusstsein der Menschen vorbei, an ihrer Auffassung von Ehe und Familie. Das Recht muss sich den gewandelten Auffassungen von Menschen anpassen.", fordert Linsler und Kistler ergänzt: "Das Bundesverfassungsgericht ignoriert den Trend der Zeit, die Tendenz zu Patchwork-Familien. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber diesem Trend Rechnung trägt und das Gesetz ändert, so dass sich das Maß des nachehelichen Unterhalts an den aktuellen Einkommensverhältnissen - somit an der Realität - orientiert."

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