Reform Kindesunterhalt

Darum brauchen wir eine Reform des Kindesunterhaltsrechts - jetzt!

ISUV fordert eine Reform des Kindesunterhalts

Die Besteuerung der Familie und Halbfamilie ist nach dem heutigen Stand unsozial. Familien, die zuvor als “intakte” Familie aus eigener Kraft leben konnten, werden nach Trennung und Scheidung häufig zu Sozialfällen. Kinder, die zur gesunden Entwicklung beide Elternteile benötigen, werden eines Elternteils beraubt. ISUV fordert grundlegende Reformen des Kindesunterhaltsrechts und der damit zusammenhängenden steuerrechtlichen Fragen.

 

 

Kindesunterhalt 2023 nach Düsseldorfer Tabelle

Umverteilung von Haushaltseinkommen

Im Vorgriff auf geschätzte 10 Prozent Inflation wurde der Kindesunterhalt 2023 wieder einmal gleich um 10 Prozent erhöht. Unterhaltspflichtige Elternteile zahlen innerhalb von drei Jahren 21,4Prozent mehr. Der Anstieg der Bruttoeinkommen betrug im gleichen Zeitraum knapp 10 Prozent, die Realeinkommen sind definitiv im zweiten Halbjahr 2022 gesunken.

Die Düsseldorfer Tabelle 2023 ist in mehrfacher Hinsicht aus dem Ruder gelaufen. Nach dieser Tabelle wird in der Regel der Kindesunterhalt verteilt. Dadurch soll der Bedarf des Kindes gedeckt werden. Sehr viele Unterhaltspflichtige aus der Mittelschicht kritisieren, die Unterhaltsbeträge sind zu hoch, decken nicht nur den Bedarf des Kindes, sondern sind Einkommen des Unterhaltsberechtigten.

Über den Kindesunterhalt findet eine Umverteilung der Haushaltseinkommen statt. „Einer zahlt, der andere betreut, Grundsatz im Residenzmodell, schafft  Ungerechtigkeiten, nicht nur in den unteren drei Einkommensgruppen, sondern auch in den Einkommensgruppen der sogenannten `Besserverdienenden`. Bei der Festsetzung des Kindesunterhalts müssen die Haushaltseinkommen beider Trennungseltern verglichen werden“, fordert die ISUV-Vorsitzende Melanie Ulbrich.

Der folgende Fall eines „besserverdienenden“ Mitglieds ist typisch für andere. Dieses Beispiel veranschaulicht, wie auch vollbeschäftigte „Besserverdienende“ nach Abzug des Kindesunterhalts und aller notwendigen Kosten „rechnen“ müssen, insbesondere beim Umgang mit den Kindern.

 

 

Haushaltseinkommen des Unterhaltspflichtigen

„Ich gehöre zu den sogenannten „Besserverdienern“. Ich bekleide eine Führungsposition, arbeite Vollzeit und habe ein Nettoeinkommen von knapp 5.000 Euro. Da ich seit Februar 2022 meine eigene Immobilie bewohne, muss ich mir einen Wohnvorteil anrechnen lassen, der bei rd. 900,- Euro liegt. Somit wird mir ein fiktives Einkommen von 5.900 Euro unterstellt. Wenn dieses zugrunde gelegt wird, habe ich noch ein bereinigtes Netto von rd. 4.000 Euro, sodass ich unter die Stufe 7 der Düsseldorfer Tabelle 2023 falle.

Nach Abzug aller notwendiger Kosten wie beispielsweise Krankenversicherung verbleiben mir 3.100 Euro. Davon geht dann der Kindesunterhalt jetzt 1.350 Euro ab, sodass ich noch 3.100 – 1350 = 1.750 Euro zur Verfügung habe. Davon gehen noch Energiekosten (Gas und Strom) sowie Telefon hoffentlich nicht mehr als 450 Euro ab. Es verbleiben mir noch 1300 Euro. Da ich meine Kinder mitbetreue, sie abholen und bringen muss, habe ich einen Kleinwagen geleast, das kostet mich im Monat  230 Euro Leasing- und Vollkaskokosten. Für den Lebensunterhalt verbleiben mir noch 1.070 Euro. Die Kosten für das Tanken – monatlich 846 km für Umgang - sind von meinem verbleibenden Einkommen noch abzuziehen.

In der Summe habe ich ein tägliches Budget von 36 Euro. Wenn die Kinder bei mir sind, ist dieses tägliche Budget nicht ausreichend. In den Sommerferien reicht es nicht, um mich und meine beiden Töchter davon verpflegen, geschweige denn verreisen zu können.“

 

 

Haushaltseinkommen der Unterhaltsberechtigten

„Meine Exfrau arbeitet 28 Stunden in der Woche und erwirtschaftet ein Nettogehalt von 2.000 Euro. Sie bekommt für beide Kinder 500,- Euro Kindergeld und von mir 1.350,- Euro Kindesunterhalt. Sie erzielt bei 28 Stunden Arbeitszeit pro Woche ein Nettoeinkommen von 2.000 + 500 + 1.350 = 3.850,- Euro. Davon gehen Kosten ab für Kredite 800,- Euro, Heizung, Strom 250 EURO, sonstige Kosten für Haus und Altersvorsorge. Meiner Frau verbleibleibt ein frei verfügbares Einkommen von 2400 EURO.

Davon gehen noch die Kosten für unsere gemeinsamen Kinder ab. Ich bin mir sicher,  diese Kosten sind geringer als 1.850 Euro, die sie für die Kinder bekommt. Denn an 4 Tagen im Monat, was jährlich ca. 10 Wochen entspricht, sowie in weiteren 5 Wochen in den Ferien, was insgesamt 15 Wochen im Jahr ausmacht, verpflege ich unsere Kinder von meinem täglichen Budget von 36 Euro.“

 

 

Reform des Kindesunterhalts

„Wir sind der Auffassung, dass die Düsseldorfer Tabelle nicht einfach weiter fortgeschrieben werden kann. Wir fordern, die Grundstruktur jetzt zu überarbeiten. Das sollte im Zuge einer umfassenden Reform des Kindesunterhalts angegangen werden. Unabhängige Studien zum notwendigen Bedarf sind notwendig, europäische Vergleichszahlen, Transparenz ist notwendig für Unterhaltsberechtigte und Unterhaltspflichtige“, fordert die stellvertretende ISUV-Vorsitzende, Rechtsanwältin Maren Waruschewski.

Es besteht seitens der Politik die Hoffnung, dass sich seitens des Justizministeriums, seitens der Parteien und des Rechtsausschusses etwas bewegt. Dazu gibt das Statement vom 10.1.2023 von Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Anlass: „Laut Koalitionsvertrag sollen im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile nach der Scheidung besser berücksichtigt werden, ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden. Damit wollen wir vor allem Elternteile entlasten, die nach geltender Rechtslage trotz z.T. erheblichen Betreuungsanteilen einseitig den Barunterhalt schultern müssen.

Eine Reform muss aus meiner Sicht daher unbedingt zum Ziel haben, neben dem Wechselmodell auch die Mitbetreuung im Gesetz klar abzubilden, um Rechtssicherheit zu schaffen und Betreuungsmodelle zu fördern, die auf eine gleichberechtigte Elternverantwortung ausgerichtet sind. Hierzu sind klar definierte Rechenmodelle notwendig, die sich in der Praxis auch gut umsetzen lassen.“

 

 

ISUV-Lobbyarbeit: Reform des Kindesunterhaltsrechts ante portas?

ISUV-Anfrage, Januar 2023:

Sehr geehrte Frau Helling-Plahr,
 
danke für den wieder einmal interessanten und gut gemachten Newsletter.
Welche Überlegungen zum Kindesunterhaltsrecht treiben Sie um? Wie steht es um die Düsseldorfer Tabelle? Bleibt alles beim Alten im Zuge der Reform?

Wegen des Bürgergeldes gibt es momentan erhebliche „Unruhe“ unter unterhaltspflichtigen Müttern und Vätern, gerade im mittleren und unteren Einkommensbereich. Unbedingt erforderlich ist die Einkommensgruppen und die Unterhaltsbeträge an die soziale Realität anzupassen. Unsere Grundforderung  ist aber auch: Mindestunterhalt und notwendiger Eigenbedarf müssen parallel und vom Parlament festgelegt werden. Es handelt sich um grundlegende sozialpolitische Fragen.

Antwort Katrin Helling-Plahr:

Laut Koalitionsvertrag sollen im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile nach der Scheidung besser berücksichtigt werden, ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden. Damit wollen wir vor allem Elternteile entlasten, die nach geltender Rechtslage trotz z.T. erheblichen Betreuungsanteilen einseitig den Barunterhalt schultern müssen.
Eine Reform muss aus meiner Sicht daher unbedingt zum Ziel haben, neben dem Wechselmodell auch die Mitbetreuung im Gesetz klar abzubilden, um Rechtssicherheit zu schaffen und Betreuungsmodelle zu fördern, die auf eine gleichberechtigte Elternverantwortung ausgerichtet sind. Hierzu sind klar definierte Rechenmodelle notwendig, die sich in der Praxis auch gut umsetzen lassen.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Vorarbeiten im vollen Gang sind und ich konkretere Überlegungen mit Ihnen aktuell noch nicht teilen kann.“

Katrin Helling-Plahr, rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion

Sie hat sämtliche familienrechtliche Themen, die wir in den letzten Jahren mit Presseerklärungen auf die Agenda brachten, aufgegriffen und weiterverfolgt. Unterhalt-, Sorgerechtsreform, Trennungseltern, getrennt, aber gemeinsam erziehen, Beide betreuen, Beide bezahlen, Wechselmodell, waren und sind für sie Themen – Anliegen, die sie nicht mit narrativem Wording abhakt, sondern hinter denen sie steht und die sie bis heute nachhaltig verfolgt.

Kindergrundsicherung: Was können Trennungsfamilien erwarten?

Fragt man Fachanwälte für Familienrecht nach einer sozialrechtrechtlichen Auskunft, so antworten sie meist so oder ähnlich: „Sozialrecht, das ist nicht mein Ding.“ Dabei spielt das Sozialrecht im Familienrecht eine wichtige und immer wichtigere Rolle.

Die vielen Schnittstellen zwischen Sozialrecht und Familienrecht sind bekannt und es werden von Jahr zu Jahr mehr. Daher ist die Abstimmung von Sozialrecht und Unterhaltsrecht eine Daueraufgabe – und für ISUV als Verband, der dem Unterhaltsrecht verpflichtet ist, ein besonderes Anliegen.

In diesem Zusammenhang steht auch das Titelthema „Bürgergeld“ der aktuellen Verbandszeitschrift "ISUV-Report" sowie das Angebot neben Familienrecht ISUV-Mitglieder auch über Bürgergeld und andere SGB-Ansprüche zu informieren, beraten und beim Antrag stellen zu helfen. Dies ist umso wichtiger, weil durch allgemeine Teuerung – Lebensmittel, Energie und hohe Wohnkosten – und fortschreitende Inflation viele Unterhaltsberechtigte und Unterhaltspflichtige an Grenzen sind, so dass sie mit Unterhalt und Selbstbehalt nicht mehr klarkommen.

Die Frage steht im Raum: Ist die Kindergrundsicherung ein Ausweg aus der Einbahnstraße, dass nämlich mit einem Einkommen immer weniger ein angemessener Kindesunterhalt und ein angemessener notwendiger Eigenbedarf finanziert werden kann?

Bei der Klausurtagung der Kontaktstellenleiter*innen sowie des ISUV-Bundesvorstands im Juli 2022 in Gersfeld war das zentrale Thema die Kindergrundsicherung. Schließlich hat die Ampel die Kindergrundsicherung als ihr zentrales Projekt im Koalitionsvertrag festgeschrieben.

 

 

Kindergrundsicherung: Das zentrale familienpolitische Projekt im Koalitionsvertrag

Geht es Trennungsfamilien nach Einführung der Kindergrundsicherung besser? Im Koalitionsvertrag ist Kindergrundsicherung als das zentrale familienpolitische Projekt benannt. „Im Januar 2023 werden wir die Eckpunkte der Kindergundsicherung beschließen, ein Gesetz vorlegen, welches 2024 verabschiedet wird. So könnten wir bereits 2025 Geld unbürokratisch und direkt auszahlen. Die Kindergrundsicherung ist ein Paradigmenwechsel“, sagt Familienministerin Lisa Paus.

Es geht um viel Geld. Um in Sachen Kindergrundsicherung auf dem Laufenden zu sein, mitdiskutieren, Vorschläge machen zu können und die Interessen von Trennungseltern vertreten zu können, stand bei der diesjährigen Klausurtagung in Gersfeld das Thema Kindergrundsicherung ganz oben auf der Agenda.

Um das Thema zu erschließen, hatten wir einen Fachmann, Heinrich Schürmann, vors. OLG-Richter i. R., eingeladen. Schürmann ist einer der wenigen Juristen, der über den Tellerrand des Familienrechts schaut, die Schnittstellen zwischen Familienrecht – Sozialrecht – Steuerrecht kennt und entsprechende Vorschläge machen kann. Dies ist wichtig beim Thema Kindergrundsicherung, wo alle familienpolitischen Leistungen aus allen drei Rechtsbereichen gebündelt und hoffentlich effizient gesteigert werden. Schürmann hat sich im Unterhaltsrecht – „Der Unterhaltsprozess – Praxishandbuch des materiellen Unterhaltsrechts und des Verfahrensrechts und des Verfahrens in Unterhaltssachen“ und im Sozialrecht – „Sozialrecht für die familienrechtliche Praxis“ – als Autor einen Namen. Des Weiteren ist er Mitglied der Unterhaltskommission.

 

 

Kindergrundsicherung: Ein woker Begriff

„Kindergrundsicherung“ ist zunächst einmal ein schillernder Begriff in der politischen Diskussion. Woke Menschen verwenden ihn als Narrativ als Engagement für Kinder und gegen Armut. Das Narrativ umschreibt das globale Ziel, die Lebensverhältnisse von Kindern durch sozialstaatliche Transferleistungen nachhaltig zu verbessern mit Ziel, Kinderarmut zu vermeiden.

Was bedeutet Kindergrundsicherung?

Allerdings ist die Armut von Kindern kein für eine bestimmte Altersgruppe isoliert zu beobachtendes Phänomen, sondern immer im familiären Kontext zu beurteilen. Der Begriff beschreibt verkürzend das Aufwachsen von Kindern in armen Einkommensverhältnissen – eine Folge von Elternarmut. Insofern können kindbezogene Transfers das Haushaltseinkommen über eine kritische Grenze heben – wie es gegenwärtig Kindergeld und Kinderzuschlag bewirken sollen, ohne jedoch die Grenzen der sozialen Regelsätze zu überschreiten.

So suggeriert der Begriff Kindergrundsicherung eine gewisse Nähe zu den existenzsichernden Leistungen – „Grundsicherung für Arbeitssuchende“, SGB II. Die Verengung auf existentielle Bedürfnisse ist aber nur ein Teilaspekt, weil ein fairer Familienleistungsausgleich nicht bei der Deckung eines existenznotwendigen Haushaltseinkommens enden kann, sondern auch die Familien in den Blick nehmen muss, die in gesicherten, aber nicht umfassend in sozial- und bildungsgesicherten Einkommensverhältnissen leben.

 

 

Kindergrundsicherung – mehr als eine Vision?

Praktischer Ausgangspunkt für die Kindergrundsicherung ist, dass es 150 familienbezogene Leistungen und staatliche Maßnahmen für Familien gibt, die unter dem Dach der Kindergrundsicherung  zusammengefasst werden sollen.

Ein weiterer Impuls für die Kindergrundsicherung sind gesellschaftliche Veränderungen, die ein neues Überdenken familienrechtlicher und familienpolitischer Leistungen notwendig machen: Man spricht von der Vielfalt von Familienmodellen, „klassische“ Familie mit Vater, Mutter Kind, Kindern, kinderreichen Familien, … nichtverheiratete Paare mit Kindern, gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern, Patchworkfamilien, Trennungsfamilien, Einelternfamilien.

All diese Familien haben spezielle soziale Lagen. Mögen die Familienformen noch so unterschiedlich sein - unabhängig von der Familienform - gilt, Kinder sind ein Armutsrisiko, wenn nur ein Elternteil berufstätig ist und zu wenig verdient, wenn nicht beide Eltern arbeiten, wenn Eltern sich scheiden lassen und ein Elternteil danach nicht arbeitet oder nur einem Halbtagsjob nachgeht.

Das sind die sozialen Hintergründe, warum die Ampel das Projekt Kindergrundsicherung angeht und Familienministerin Lisa Paus einen „Paradigmenwechsel“ erreichen will.

Der Koalitionsvertrag nennt folgende Ziele:

  • Wir wollen Familien stärken und mehr Kinder aus der Armut holen, dafür führen wir die Kindergrundsicherung ein.
  • Wir wollen mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen.
  • Wir wollen mehr Kinder aus der offenen und verdeckten Armut holen. Je sicherer die finanzielle Situation von Familien ist, desto sorgenfreier können Kinder aufwachsen.

 

 

Kindergrundsicherung: „Einkommen des Kindes“ auch bei Trennung

Kindergrundsicherung ist gleichsam ein bedingungsloses Grundeinkommen für jedes Kind, so viel soll jedem Kind zustehen, so viel braucht jedes Kind. Die genannten Beträge liegen zwischen 550 und 630€ pro Kind.

Erreicht werden soll eine gesellschaftliche Teilhabe jedes Kindes, wobei gesellschaftliche Teilhabe ein sehr weiter Zielhorizont ist, mit dem sicher immer wieder Forderungen stellen lassen: Jedem Kind ein Handy oder jedem Kind ein iPhone.

Kindergrundsicherung soll aus einem Sockelbetrag und einem Höchstbetrag bestehen und in jedem Fall einkommensabhängig sein. Das heißt, der Sockelbetrag kann je nach sozialer Situation der Familie bis zum Höchstbetrag aufgestockt werden. Umgekehrt gilt für „Besserverdienende“, für Familien der Mittelschicht, der Höchstbetrag kann dann bis auf den Sockelbetrag abgeschmolzen werden.

Die Kindergrundsicherung wird als Einkommen des Kindes definiert. Insofern steht dieses Einkommen jedem Kind auch nach der Trennung zu, es ändert sich durch die Trennung nicht. Wenn dies gewährleistet sein soll, dann muss in vielen Familien der Sockelbetrag angehoben werden.

Durch die Kindergrundsicherung sollen folgende Bedarfe abgedeckt werden:

  • allgemeiner Lebensbedarf
  • Wohnen und Heizung
  • Persönlicher Schulbedarf
  • besonderer Schulbedarf
  • Mehrbedarfe
  • Mehraufwand in Trennungsfamilien

 

Dabei ist der Wohnbedarf in Trennungsfamilien ein spezieller und kostenintensiver Bedarf. Es drängt sich die Frage auf: Ab welchem Betreuungsanteil eines Elternteils kann, soll, muss der Sockelbetrag der Kindergrundsicherung einen eigenen Wohnbedarf des Kindes in welcher Höhe berücksichtigen?

Die Regelungen im Sozialrecht zur temporären Bedarfsgemeinschaft drängen sich auf. Unumstritten ist bei Trennungsfamilien, der Lebensbedarf des Kindes während der Betreuung durch jeden Elternteil soll pauschal abgedeckt werden. Allerdings ist die Höhe des Bedarfs umstritten. Auch da können Regelungen des Sozialrechts übernommen und angepasst werden. 

 

 

Kindergrundsicherung: Veränderungen im Familienrecht

Die Kindergrundsicherung tangiert, ja greift in das Kindesunterhaltsrecht ein, wird sich auf den Kindesunterhalt auswirken. Die Grundleistungen werden weiterhin nach Alter gestaffelt sein.  Entscheidend wird sein, welches Elterneinkommen beim Mindestunterhalt angesetzt wird. Des Weiteren steht die Frage im Raum, in welchem Umfang liquides Vermögen eingesetzt werden muss.

Unumstritten ist, dass ein Mehrbedarf für Umgang berücksichtigt werden soll. Neu zu überdenken und neu zu gestalten ist auch der notwendige Eigenbedarf – der Selbstbehalt, der jedem Trennungselternteil bleiben muss. Anhand von Erhebungen muss neu definiert werden, wie hoch der notwendige elterliche Eigenbedarf sein muss.

Entsprechend stellt sich die Frage, ab welchem Einkommen sind Trennungselternteile unterhaltspflichtig? Der notwendige Eigenbedarf soll weiterhin in einer Pauschale bestehen, wobei eine Möglichkeit für individuellen Eigenbedarf offen sein muss. Dies erweist sich schon seit Jahren bei den Wohnkosten als dringend notwendig.

Diskutiert wird auch die Einrichtung eines Kinderkontos, auf das das „Einkommen des Kindes“ überwiesen werden soll. Dies hätte den Vorteil, dass der entsprechende Betrag der Kindergrundsicherung auch im Fall der Trennung weiterhin zur Verfügung steht. Unumstritten ist, dass die Lebensstellung – der „Bedarf“ - des Kindes weiterhin von der wirtschaftlichen Stellung der Eltern abhängt, d. h. Bemessungsgrundlage für den Unterhalt ist das Einkommen der Eltern.

Aufgrund der sozialen Rahmenbedingungen ist zu erwarten, dass die Kindergrundsicherung eine erhebliche Entlastung bei Beziehern kleinerer Einkommen bewirken wird. Es wird davon gesprochen, dass die Barunterhaltspflicht bei nicht wenigen gering verdienenden Müttern und Vätern entfallen könnte.  Es ergibt sich von selbst: Die Düsseldorfer Tabelle muss an die veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst werden, d. h. grundlegend verändert, neu gedacht werden. 

 

 

Kindergundsicherung: Zusammenfassung und Digitalisierung von Leistungen

Wie eingangs schon angerissen, die Kindergrundsicherung soll Leistungen zusammenfassen, vereinfachen, zugänglicher machen durch Digitalisierung. So kann der Unterhaltsvorschuss entfallen, da der Mindestbedarf durch die Kindergrundsicherung gewährleistet ist.

Allerdings soll es weiterhin die Möglichkeit des Regresses geben, wenn kein oder zu wenig Unterhalt gezahlt wird. Das Kindergeld geht im Sockelbetrag auf. Es ist von einem Sockelbetrag von 330€ die Rede.

Dieser Sockelbetrag steht jedem Kind zu unabhängig vom Einkommen der Eltern. Etwaiges Einkommen des Kindes soll allerdings berücksichtigt werden.

Weitere Leistungen sollen in der Kindergundsicherung enthalten sein:

  • Zuschlag zum Kindergeld
  • Sozialgeld
  • Hilfe zum Lebensunterhalt
  • Bedarf für Wohnen und Heizung
  • Leistungen für Bildung und Teilhabe
  • Mehrbedarfe wegen Krankheit, Behinderung
  • Zuschüsse für Ersteinrichtung
  • kindbezogener Anteil im Wohngeldrecht
  • Ausbildungsförderung


Gedacht ist an eine App, auf der die Kindergundsicherung abgerufen, berechnet, angepasst und rechtlich überprüft werden kann.

ISUV bietet Hilfe zur Selbsthilfe

Der sozialrechtliche Weg der temporären Bedarfsgemeinschaft kann Kinderarmut, Streit zwischen Elternteilen verhindern.

Dieser Weg ist allerdings mit bürokratischen Hürden gepflastert, vor denen Betroffene schnell resignieren, sich hilflos der Flut von Formularen ausgesetzt fühlen und die Formulare auch teilweise nicht verstehen.

Hier möchte ISUV „Wegweiser“ sein.

Als ISUV-Mitglied erhalten Sie von uns Hilfe bei sozialrechtlichen Anliegen.

Kontakt aufnehmen Infos zu sozialrechtlichen Angelegenheiten

Sozialrechtliche und steuerrechtliche Fragen

In steuerrechtlicher und familienrechtlicher Hinsicht stellen sich viele Fragen, weil bisher die Schnittstellen zum Familienrecht, insbesondere zum Unterhaltsrecht verdrängt, nicht im Kontext aufgegriffen wurden.

Zwar werden schon heute ansatzweise sozialrechtliche Standards mit unterhaltsrechtlichen Standards verglichen, beispielsweise im Bereich Wohnen.  Es stellt sich die Frage: Werden notwendiger Eigenbedarf im Unterhaltsrecht und im Sozialrecht entsprechend angepasst? Wird es schließlich noch ein Lohnabstandsgebot geben?

Mit der Einführung des Bürgergeldes ist eine heftige Diskussion entflammt. Lohnt es sich noch zu arbeiten, fragen sich vermehrt unterhaltspflichtige Menschen, die wenig verdienen, aber dennoch hart arbeiten müssen.

Weitestgehend offen ist, welche Auswirkungen die Einführung der Kindergrundsicherung auf das Steuerrecht haben könnte. Wird es eine eigene Steuerklasse, wovon schon mehrfach die Rede war oder Steuerfreibeträge für Trennungseltern geben? Warum steht Alleinerziehenden/Unterhaltsberechtigten ein Steuerfreibetrag von 5000€ zur Verfügung, während er Unterhaltspflichtigen verwehrt wird?

 

 

Kindergrundsicherung: Viele Fragen – viele offene Antworten

Aktuell werden Kinder je nach Erwerbssituation ihrer Eltern höchst ungleich finanziell gefördert: Die Kinder von Gut- und Spitzenverdienern/innen profitieren mit steigendem Einkommen von den steuerlichen Kinderfreibeträgen. Diese wirken sich aufgrund des progressiven Steuersystems bei den höchsten Einkommen am stärksten aus. Zusätzlich können Bezieher/innen hoher Einkommen ihre Ausgaben für häusliche Kinderbetreuung und/oder für Privatschulen steuersparend absetzen.

Jedem Kind sollen monatlich 619 EURO Grundsicherung zur Verfügung stehen, dies fordert seit Jahren ein buntes „Bündnis Kindergrundsicherung“. Für die meisten Kinder erarbeiten die Eltern die Grundsicherung, so wie es das Grundgesetz auch vorsieht. Bei 2,8 Millionen armen Kindern soll der Staat die Grundsicherung leisten. Da stellen sich Fragen: Wieviel kostet die Kindergrundsicherung, wer wird zur Kasse gebeten? Ist die Kindergrundsicherung ein effektives Signal gegenüber den Eltern? Ist die Kindergrundsicherung ein falsches Signal gegenüber Unterhaltspflichtigen, insbesondere Unterhaltspflichtigen, die mit dem notwendigen Eigenbedarf – momentan 1160 Euro - klarkommen müssen? Müssen nicht die Eltern mehr gefördert werden berufstätig zu sein, denn Kinderarmut ist eigentlich Elternarmut. Ist es nicht sinnvoller Kinder direkt zu fördern mit Leistungen im Kindergarten, in der Schule, in der Ausbildung und im Studium? Kommt das Geld auch bei den Kindern an?

Eine Frage, die oft von Unterhaltspflichtigen gestellt wird.  Als Grundsatz wird anerkannt, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ökonomischer Existenzsicherung, allgemein zugänglicher Bildungsinfrastruktur und insbesondere Zeit der Eltern für die Kinder Kennzeichen einer ausgewogenen Familienpolitik sind. Der Vorwurf lautet: Die Bundesrepublik hat kein ausgewogenes Verhältnis, sondern investiert viel, aber wenig zielgenau in den direkten Geldtransfer. Die Kindergrundsicherung will das nun verbessern. 

 

 

Kindergrundsicherung: Wer soll das bezahlen?

Nach Angaben des Bündnisses für Kindergrundsicherung, auf dessen Angaben Lisa Paus Vorschlag sich stützen dürfte, kostet die Kindergrundsicherung „gut das Zweieinhalbfache“ der jetzigen Kindergeldzahlungen.

Die Rede ist von 125 Milliarden EURO. Finanziert werden soll das durch Umverteilungsmaßnahmen: Abschaffung von Ehegattensplitting, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Börsenumsatzsteuer, Kinder-Soli. Es sollen Leistungen generiert werden, die auch in Zeiten des Wirtschaftsbooms nur über Schulden hätten finanziert werden können. Die gilt umso mehr jetzt in Krisenzeiten. 

 

 

Kindergrundsicherung: Parallele Förderung von Eltern und Kindern

Kinderarmut ist Elternarmut, Kinder sind deswegen arm, weil ihre Eltern nicht oder zu wenig arbeiten und nichts oder schlecht verdienen. Das Füllhorn öffnen und den Eltern jeden Monat für jedes Kind 619 Euro zur Verfügung stellen, ist volkswirtschaftlich falsch, demotiviert berufstätige Trennungseltern.

Die Frage aber ist: Stellt sich durch den Geldtransfer tatsächlich Chancengleichheit für alle Kinder ein? Stellt sich Chancengleichheit nicht dann eher ein, wenn Kinder direkt gefördert werden, anstatt Eltern monatlich pauschal eine Kinderprämie zur freien Verfügung zu überwiesen? Ist die Alternative nicht sinnvoller: quantitativer und qualitativer Ausbau der Betreuung von der KITA bis zur Hausaufgabenbetreuung, Sachleistungen für arme Kinder - von gesundem Essen, Schulbedarf, soziale Teilhabe in Vereinen und Freizeiteinrichtungen bis hin zu Nachhilfe.

Das Ziel effizienter Kindergrundsicherung besteht doch wohl darin, jedem Kind einen Abschluss zu ermöglichen, mit dem es entsprechend seiner Begabung berufstätig, sprich eigenständig sein kann.  Parallel muss die Berufstätigkeit von Müttern und Vätern gefördert und nachhaltig eingefordert werden.

Hierfür gibt es viele flankierende Maßnahmen: Crashkurse für den Einstieg ins Berufsleben, Fortbildung, flexible Arbeitszeiten, Möglichkeiten für Home-Office. Direkte parallele Förderung von Eltern und Kindern, ist der beste Schutz gegen Kinder- und Elternarmut.

Kindergrundsicherung heißt hoffentlich nicht nur „mehr Geld überweisen“, sondern Fördern und Fordern? Dies gebietet der Sozialstaat, den das Grundgesetz vorsieht. 

 

 

Kindergrundsicherung: Ungleiche Behandlung von Kindern?

Das Bündnis kritisiert die ungleiche Behandlung von Kindern, „Besserverdienende“ – dazu wird eine breite Mittelschicht gerechnet - profitieren tatsächlich vordergründig mehr vom jetzigen System staatlicher Förderung aus Kinderfreibeträgen und Kindergeld.

Was aber dabei untergeht, die „Besserverdienenden“ haben zuvor auch mehr an Steuern und Sozialabgaben gezahlt. Man bekommt immer nur einen bestimmten Anteil von dem zurück, was vorher eingezahlt wurde. Es handelt sich um Anerkennung des Staates an Eltern, die Unterhalt, Ausbildung, Studium und Betreuung selbst zahlen. Muss sich Kinder- und Familienförderung nicht auch in einem sozialstaatlichen Rahmen am Leistungsprinzip orientieren?

Soziale Unterschiede dürfen durch Sozialleistungen nicht so nivelliert werden, dass kein Anreiz mehr für Berufstätigkeit der Eltern besteht und Motivation von Kindern aufzusteigen geschwächt wird. Es ist ein fatales Signal, wenn man Familie gleichsam selbstverständlich auf Kosten der Steuerzahler/Innen installieren und leben kann. 

 

 

Trennungseltern fördern – Kindergrundsicherung fördern

Es ist nach Trennung und Scheidung eine notwendige die Berufstätigkeit fördernde Struktur, wenn sich Eltern die Betreuung der Kinder teilen. Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss Eltern unterstützen, damit sie getrennt, aber gemeinsam erziehen.

Gefördert wird gegenwärtig nur Alleinerziehen, besonders von der jetzigen Ministerin Lisa Paus.  Das ist nicht zielführend, denn mit Alleinerziehen kommen Betroffene nur ausnahmsweise aus der Armut. Dies zeigten viele Studien, unter anderen eine Bertelsmann-Studie. Danach wachsen in Familien mit einem Elternteil über 90 Prozent der Kinder in dauerhaften oder wiederkehrenden Armutslagen auf, wenn der betreuende Elternteil nicht arbeitet

Bei stabiler Teilzeitbeschäftigung sinkt der Anteil auf 20 Prozent, wobei weitere 40 Prozent der Kinder zumindest zeitweise Armutserfahrungen erleben. Arbeitet der betreuende Elternteil über einen längeren Zeitraum in Vollzeit, werden noch 16 Prozent der Kinder zeitweise mit Armut konfrontiert.

Um das Armutserlebnis von Kindern zu minimieren ist Berufstätigkeit beider Elternteile wichtig. Trennungseltern sind die beste Kindergrundsicherung, daher Trennungseltern fördern. 

 

 

Kindergrundsicherung: Kein Allheilmittel

Was oft ausgeklammert wird, Kinderarmut hat materielle, aber auch ideelle Facetten. Kinder sind arm, wenn sie Alleingelassen werden. Dies ist oft nach Trennung und Scheidung der Eltern der Fall. Eltern sind einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt, müssen ihr Leben auf die Reihe bringen.

Einfach mehr Geld kann das Problem des Alleingelassenseins, die Einsamkeit von Trennungskindern nicht lösen. Dagegen gibt es kein Patentrezept. In der einen Familie – einer praktizierenden Trennungsfamilie - sind die Kinder weiterhin gut eingebunden im Freundeskreis und weiterhin gut organisiert. Die Trennung der Eltern ist mit einem hohen Maß an sozialer Kontinuität verbunden.

Eine andere Situation ergibt sich für die Kinder, wenn die Eltern nicht mehr miteinander reden, der Umgang verweigert wird, die Großeltern nicht mehr präsent sind, wegen Umzugs Freunde nicht verfügbar, die Umgebung fremd ist und der betreuende Elternteil auch unter der Einsamkeit leidet, mit sich selbst beschäftigt ist und qualitativ wenig Zeit fürs Kind aufbringen kann.

Bei Kindern und Jugendlichen kann diese Art von Alleingelassensein sich zu einem Riesenproblem auswachsen. Studien sprechen gar von einer Form von „Verwahrlosung“, die beängstigend zugenommen haben. Medien, Internet, Handy, Play-Station  sind dann der Ersatz für fehlende Zuwendung.

Das Phänomen ist auch in wohlhabenden Familien anzutreffen, es hat nichts mit materieller Armut zu tun, die Kindergrundsicherung schafft in dieser Situation keine Abhilfe. 

Reform des Kindesunterhalts - jetzt!

Der folgende Fall steht für viele – ja, viele – andere von ISUV-Mitgliedern, die uns immer wieder gemeldet werden. Zum folgenden Fall recherchieren wir seit über mehreren Jahren. Wir kennen die Seelenlage der Betroffenen, aber genauso die Anwaltsschreiben, die Gerichtsakten, Schreiben von diversen Ämtern. Wir lassen den Betroffenen zu Wort kommen und weisen dann auf „Schwachstellen“, „Ungerechtigkeiten“ hin.

 

 

Fallbeispiel Kindesunterhalt: Ausgangssituation, Betreuung, Umgang, Zeitmanagement

Ein Mitglied schildert uns folgenden Fall:

"Ich bin ehrlich gesagt verzweifelt. Seit Juli 2017 leben meine beiden Kinder nahezu hälftig bei mir. Sie kamen dienstags nach der Schule und blieben bis Sonntagabend 19 Uhr. Die Ferien verbrachten sie immer hälftig bei mir und hälftig bei der Mutter. Mein Betreuungsumfang lag somit deutlich über 40% aufs Jahr gesehen. Gerne wollte ich die Kinder mehr bei mir haben und die Kinder wollten auch mehr zu mir. Ich suchte immer wieder das Gespräch mit der Mutter, aber diese verweigerte Gespräche darüber.

Im Januar 2018 beantragte meine Exfrau vor Gericht, dass die Kinder nur noch wochenendweise bei mir sein sollten. Dies entsprach weder dem Wunsch der Kinder, noch meinem. In diesem Gerichtsverfahren stellte die Gutachterin fest, dass die beste Lösung für die Kinder sei, hälftig bei beiden Elternteilen bzw. sogar mehr beim Vater zu leben.

 

 

Mit Beschluss vom November 2018 entschied das Gericht, dass mein Sohn nun von Dienstag nach der Schule bis zum Montag der Folgewoche bei mir verbleiben sollte. Die Ferien wurden hälftig zwischen den Eltern aufgeteilt. Dies ergibt auf ein Kalenderjahr gesehen einen Betreuungsumfang von 48% für meinen Sohn.

Für meine Tochter entschied das Amtsgericht einen Umgang von Dienstag nach der Schule bis Samstagabend 19 Uhr. Die Ferien wurden auch hier hälftig aufgeteilt. Abgesehen von den Ferien habe ich keinen vollständigen freien Tag zusammen mit meiner Tochter. Unser Umgang besteht fast ausschließlich aus Alltag, Schule, Arbeit, Hausaufgaben. Jedes Kinderwochenende ist wegen der Rückgabe meiner Tochter gestört, ja zerstört. Entspannte gemeinsame Familienabende mit beiden Kindern sind nicht möglich. Aufs Jahr gesehen ergibt sich ein Betreuungsumfang von 39 % für meine Tochter, für den ich – abgesehen von der unsinnigen Regelung, sie Samstagabend zurückbringen zu müssen - sehr dankbar bin.

 

 

Ich habe meine Arbeitszeiten so angepasst, dass ich in der Woche, in welcher die Kinder da sind, lediglich 30 Stunden oder weniger arbeite, um bereits am Nachmittag ab 14:30 Uhr Zeit für die Beiden zu haben. Ich unterstütze meine Kinder bei Schulsachen, fahre sie zu ihren Hobbies, bezahle auch diese Hobbies, ich kümmere mich um Zahnarztbesuche und bin bei allen schulischen Veranstaltungen wie Elternversammlungen, Schulfesten usw. anwesend. In der anderen Woche arbeite ich dafür 50 bis 55 Stunden, um weiterhin das Gehalt einer Vollzeitstelle zu beziehen und meinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können.

Getrennt, aber gemeinsam erziehen: Faktisch „Wechselmodell“ – juristisch nicht


Ich beantragte ein Wechselmodell, was wir faktisch auch praktizierten. Aber aus den üblichen – ja leichtfertigen - Gründen entschied das Amtsgericht jedoch, dass es kein Wechselmodell geben kann, da die Kommunikation der Eltern nicht funktioniert.

Dass diese Kommunikation aber nur seitens der Mutter abgelehnt wird, wurde dabei ausgeblendet. Im Gegenteil, das Gericht unterstellte mir als Vater immer wieder in spitzen Bemerkungen, dass es mir nur ums Geld ginge. Die Mutter hingegen sagte aus, dass es ihr keineswegs ums Geld ginge und sie auch nicht darauf angewiesen sei. Geglaubt – oder besser entschieden - wird ganz traditionell im Sinne der Mutter.

 

 

 Das Gericht begründete das Urteil auch damit, dass Streitigkeiten zwecks Unterhalt und Zuständigkeiten für die Versorgung der Kinder vermieden werden sollen. Was das Gericht dabei aber nicht berücksichtigte, waren meine Einwände, dass die Mutter seit jeher den von mir gezahlten Kindsunterhalt - jeweils 100% gemäß Düsseldorfer Tabelle nicht für die Kinder einsetzte: Die Kinder tragen nie neue Kleider, die Kinder bekommen Kleidung von Wühltischen, sie fährt nie mit den Kindern in Urlaub, sondern allein mit dem Lebensgefährten, viel Geld wird auch aufgewendet für teure Beauty-Aktionen und Events.

Ich dagegen muss doppelt für die Kinder aufkommen - Unterhalt an die Mutter und Versorgung bei mir. Die Mutter hat Themen wie Kauf von Schuhen, Winterjacken oder vergleichbar teuren Ausgaben immer „ausgesessen“. Damit meine Kinder aber witterungsgerecht das Haus verlassen konnten, habe ich diese Kleidung dann regelmäßig zusätzlich gekauft und auch mit zur Mutter gegeben. Das habe ich auch mehrfach beim Jugendamt vorgetragen. Dort wurde ich belehrt: Die Mutter müsse einem derartigen Kauf zustimmen, so dass er unterhaltsrelevant sei. Das stimmt, das hatte sie nicht, aber auf meine diversen Bitten den Kindern witterungsgerechte Kleidung zu kaufen, hatte sie nicht reagiert und dies macht sie bis heute nicht. Als ich dem Jugendamt den Schriftverkehr mit der Mutter vorlegte, erhielt ich folgende Antwort: „Der Schriftverkehr kann aus Datenschutzgründen nicht berücksichtigt werden.“

Was macht das mit mir und den Kindern?

Ehrlich gesagt habe ich den Glauben an Gerechtigkeit oder Gleichberechtigung von Vätern im Familienrecht verloren. Ich möchte mich mehr um meine Kinder kümmern und darf es nicht, weil ein Gericht die Rechtsprechung entsprechend auslegt und es offensichtlich nicht gewollt ist, dass Väter sich einbringen. Wie es aber den Kindern damit geht, scheint niemanden zu interessieren.

Sowohl beim Umgang also auch beim Thema Unterhalt scheint es sich immer nur darum zu drehen, was die Mutter will und für richtig hält. Was Väter vorbringen oder Kinder sich wünschen, scheint unsere Gerichte und Jugendämter nicht zu interessieren. Nicht einmal ein psychologisches Gutachten kann ein Gericht von dieser festgesetzten Meinung abbringen.

Meine Exfrau hat inzwischen beide Kinder beim Psychiater angemeldet. Wie ich erfahren habe, rebelliert mein Sohn bei ihr und zeigt auffälliges Verhalten, meine Tochter scheint verstummt zu sein.

In den Augen der Mutter ist der Schuldige schnell gefunden, es muss der Vater sein. Den Kindern ginge es immer schlecht, wenn sie von mir kämen, Umgang mit mir tue ihnen nicht gut. Da unsere Zeit zusammen sehr gelassen und harmonisch ist, bin ich bei den Erzählungen meiner Exfrau über das Verhalten unseres Sohnes aus allen Wolken gefallen. Dass die Kinder sich einfach wohler bei mir fühlen könnten und bis heute nicht verstehen, wieso sie nicht mehr zum Vater dürfen, ist ein Gedanke, den sie leider nicht in Erwägung ziehen will oder kann. Was verständlich ist, da es schmerzt.

Alle meine Bitten um Gespräche mit ihr, um das Problem zwischen uns Eltern zu klären, lehnte sie ab. Selbst die Hilfeplangespräche beim Jugendamt hat sie abgebrochen, als der Umgangsbeschluss des Gerichts erfolgte. Seitens des Jugendamtes wurde uns mitgeteilt, dass das eigentliche Problem auch weiterhin zwischen uns Eltern liegt und die Kinder darunter am stärksten litten.

Über vier Monate habe ich das Jugendamt immer wieder um Gespräche gebeten, um zu vermitteln. Immer wieder wurde mir mitgeteilt, dass man die Mutter zu keinen gemeinsamen Gesprächen zwingen kann. Diese Aussage hilft aber weder den Kindern noch mir. Ich werde mit der Problematik, also allein gelassen.

 

 

Keine Kooperation, aber mehr Kindesunterhalt

Stattdessen habe ich nun zwei Jahre nachdem ich Post zwecks Umgangsverfahren vom Gericht erhalten hatte, erneut Post vom Gericht erhalten und diesmal geht es um den Unterhalt. Laut Forderung soll ich nun für den Zeitraum seit 07/2017 bis heute mehrere tausend Euro Unterhalt nachzahlen und überhaupt statt 100% Unterhalt wie bisher, nun sogar 138% Unterhalt - Stufe 6 Düsseldorfer Tabelle - zahlen. In Zahlen ausgedrückt, ich soll 17.000 EURO nachzahlen !

Ich habe heute eine finanzielle Belastung für die Kinder von insgesamt 1.108 Euro - Unterhalt an die Kindsmutter und tatsächlich anfallende Kosten. Die Mutter hingegen hat sogar heute schon einen Überschuss von 392 Euro und verlangt nun noch mehr.

Die Kernfrage, die sich hier Gerichte, Ämter und die Politik stellen müssen, lautet: Wie soll die Versorgung der Kinder im Haushalt des Unterhaltzahlenden, in Fällen wie meinen, sichergestellt werden?

 

 

Dass die Verteilung der finanziellen Mittel nicht zum tatsächlichen Betreuungsaufwand passt, ist wohl offensichtlich. In unserem Fall ist das jeweilige Einkommen der beiden Elternteile annähernd gleich ist. Dies zeigt deutlich, dass die heutige Rechtsprechung versagt und Väter bzw. Unterhaltzahlende massiv benachteiligt werden. Ich finde es erschreckend, dass dies als billig und recht erklärt wird. Ich frage mich, wie ein Anwalt meiner Exfrau überhaupt zu diesem Vorgehen raten kann. Dieser Antrag entspricht nicht den realen Unterhalts- und Betreuungsverhältnissen. Wie die Versorgung bei mir als Vater dann noch funktionieren soll, konnte mir bisher niemand erklären. Ich bin heute der Auffassung: Fälle werden einfach nach Schema F „abgeurteilt“, die reale Betreuungs- und Unterhaltssituation wird ausgeblendet. Das Kindeswohl und der Kindeswille bleibt auf der Strecke. Väter haben vor Gericht schlechte Karten, erst recht dann, wenn sie betreuen: Nach heutigem Recht zahlen sie doppelt: Kindesunterhalt an die Mutter und die Aufwendungen für Kinder, wenn sie betreuen. Betreuungsleistungen von Vätern – das weiß ich von Bekannten - werden ignoriert. Eine Reform des Kindesunterhaltsrechts ist notwendig.

Mitglied M.P*

*Der Name des Mitglieds ist uns bekannt. Grundsätzlich nennen wir keine Realnamen, wenn Verfahren laufen. Wir wollen auch niemanden an den Pranger stellen, es geht uns um Information, Darstellung von Sachverhalten, Kritik an juristischen Defiziten.

 

 

Mehr Infos zum Kindesunterhalt


Hier finden Sie weitere Informationen zum Kindesunterhalt.

Neue Wege im Kindesunterhaltsrecht: Stellungnahme des ISUV

Eine Stellungnahme des ISUV - Interessenverband Unterhalt und Familienrecht - zum geschilderten Fall.

Was muss sich ändern? Was muss eine Reform des Kindesunterhaltsrechts berücksichtigen? Welche neuen Wege sollten eingeschlagen werden?


Anhand dieses typischen Falles zeigt sich, der Grundsatz einer betreut, einer bezahlt, hat sich überlebt. Dieser Grundsatz ist ohne Wenn und Aber zu ersetzen. Gelebte Wirklichkeit ist heute mal mehr mal weniger, beide betreuen, entsprechend haben auch beide Unterhalt zu leisten. Es ist grundsätzlich ungerecht, wenn ein Elternteil einen hohen Prozentanteil der Betreuung leistet, aber gleichzeitig weiterhin vollen Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle leisten muss. Dies muss eine Reform des Kindesunterhaltsrechtes vordringlich berücksichtigen und entsprechend verändern.

Ausgangspunkt des Kinesunterhaltsrechts war und ist wohl auch weiterhin die Gleichwertigkeit von Betreuen und Bezahlen. Dagegen gibt es allerdings Kritik, Berufstätigkeit, Geldverdienen wird als schwieriger, aufwendiger und entsprechend „höherwertiger“ angesehen als Betreuen, das als mehr informell, spontan und entsprechend befriedigender gilt. – Konsequent zu Ende gedacht führt ein Abweichen vom Gleichwertigkeits-Grundsatz in Bezug auf Reform des Kindesunterhalts auf Abwege.

Gleichwertigkeit von Betreuen und Bezahlen bedeutet strukturell, wer weniger betreut, bezahlt mehr und umgekehrt. Wieviel gezahlt werden muss, sollte weiterhin eine Tabelle – Düsseldorfer Tabelle - regeln, so dass die Eltern ein Richtmaß haben. In der Praxis zeigt sich nämlich, Eltern orientieren sich zuerst an der Düsseldorfer Tabelle. Wollen sie sich einvernehmlich trennen und entwickeln selbst ein Gefühl für Gerechtigkeit, so wird der entsprechende Tabellenbetrag nicht selten unterschritten, manchmal wird auch mehr gezahlt. Können sich Eltern nicht einigen, so treibt die Anwältin die entsprechenden Tabellenbeträge ein, unabhängig davon, ob das gerecht oder ungerecht ist, wie obiges Fallbeispiel deutlich zeigt.

Die „Tabelle“ sollte allerdings nicht, wie jetzt die Düsseldorfer Tabelle, quasi Gesetzeskraft haben. Der Staat darf zumindest nicht grundlegende sozialpolitische Entscheidungen den Richtern überlassen. Vielmehr muss die Politik das Existenzminimum für Kinder und Unterhaltspflichtige festsetzen, d.h. Mindestunterhalt und der notwendiger Eigenbedarf – Selbstbehalt – sollten unter sozialpolitischen Vorzeichen vom Staat festgesetzt und zwecks Transparenz für einen längeren Zeitraum geplant und entsprechend transparent gemacht werden.

In der Diskussion und Umsetzung einer realitätsnahen Reform des Kindesunterhaltsrechts stellen sich zwei Kernfragen: Wie kann man Betreuung „messen“? Wie kann eine gerechte Aufteilung von Unterhalt zwischen den Eltern erfolgen?


Soll der Anteil an Betreuung rein quantitativ oder doch stärker qualitativ „berechnet“ werden? In der Praxis heißt das, welcher Elternteil betreut das Kind „mehr“? Ist es der, der es um 14 Uhr von der Schule abholt, mit ihm Hausaufgaben macht, es zum Sport bringt, anschließend mit ihm zu Abend isst und es um 20 Uhr zum anderen Elternteil bringt, also sechs Stunden betreut? Oder ist es der Elternteil, bei dem das Kind übernachtet und der es nach dem Frühstück zu Schule bringt, also es 12 Stunden betreut?- Diese Frage stellt sich auch im skizzierten Fall, sie führt oft zu Diskussionen zwischen den Elternteilen. Konsens sollte darin bestehen, dass Betreuung mehr ist als das Ableisten und Zählen von Stunden. Betreuung, das muss von beiden Seiten auch Alltag mit den Kindern, Beteiligung an Sozialisation und Enkulturation sein.

Hauptstreitpunkt ist meist, wer hat wie viel Unterhalt zu zahlen? Wenn beide Ehe-malige mediativ miteinander verhandeln, kommt oft eine schnelle und gerechte individuelle Aufteilung des Kindesunterhalts zustande. Grundlage einer gerechten Lösung ist immer, dass beide sich in die Sitution des Anderen versetzen, seinen Bedarf und seine Leistung als Elternteil akzeptieren. Beim Kindesunterhalt darf es nicht darum gehen, dass einer „Gewinn“ macht, wie im Beispielfall die Mutter. Kindesunterhalt ist Unterhalt für die Kinder – und nicht Einkommen eines Elternteils. Das gegenwärtige Unterhaltsrecht fördert ungerechte Lösungen, auch das veranschaulicht unser Fallbeispiel. Sobald ein Elternteil – 55 Prozent Betreuungsanteil reichen - darauf besteht, „ich will das, was mir zusteht“, wird es ungerecht, er kann „Gewinn“ für sich machen, sein Einkommen erhöhen.- Das empfinden Unterhaltspflichtige zurecht als grob ungerecht.

In mediativen Verhandlungen zwischen den Beteiligten wird dagegen nicht über den Grundsatz gestritten: Wer mehr verdient, muss auch mehr Kindesunterhalt zahlen, dies wird als gerecht empfunden, insbesondere beim Kindesunterhalt. Allerdings darf die Nivellierung nicht so weit gehen, dass einer der Ehe-maligen mehr arbeitet und den anderen zu alimentieren hat. Es besteht der Grundsatz der Erwerbsobliegenheit für beide Elternteile.

Eine Reform des Kindesunterhaltsrechts sollte neue Weg aufgreifen. Warum kann der Kindesunterhalt nicht zwischen den Ehe-maligen selbst ausgehandelt werden, als Orientierung haben sie doch eine Tabelle, die eine Richtgröße festlegt? Warum müssen Anwältinnen, hinter denen sich beide Partner jeweils „verschanzen“, den Unterhalt eintreiben? Wenn es ums Kindeswohl geht – und Kindesunterhalt trägt zum Kindeswohl bei – sind die Eltern, ihre Sichtweisen, Wert- und Konsumvorstellungen gefragt und nicht abstrakte Paragraphen. Danach bestimmt sich letztlich auch die Höhe des Unterhalts.

Unterhaltspflichtige klagen, dass der Kindesunterhalt gemäß Tabelle zu hoch ist, Unterhaltsberechtigten ist er immer zu niedrig. Warum eigentlich nicht ein Kinderkonto einrichten, auf dem Kindergeld und Kindesunterhalt eingehen, auf das beide Eltern Zugriff haben? Einzahlungen und Ausgaben werden transparent. Erfahrungen zeigen, ein Kinderkonto fördert Konsumdisziplin, Kleider, Skiausrüstungen, Fahrräder, langlebige Konsumgüter werden von beiden Eltern gekauft, gehören den Kindern und werden von ihnen bei beiden Elternteilen genutzt. Wie unser Beispielfall zeigt, einer kann sich nicht mehr davor drücken, vernünftige Kleider zu kaufen, weil die Kleider gemeinsam über das Kinderkonto gekauft werden. Um Mehrbedarf, Sonderbedarf muss nicht mehr gestritten werden, sondern er wird vom Kinderkonto abgebucht. Darüber hinaus haben Erfahrungen mit dem Kinderkonto gezeigt, dass es integrierend und befriedend wirkt.

Eine Reform des Kindesunterhaltsrechts wird und muss auch die Einstellung gegenüber Unterhaltspflichtigen ändern. Unterhaltspflichtige haben mehr Respekt und Anerkennung verdient. Es ist polemisch, wenn Vätern – wie im obigen Fall - einseitig unterstellt wird, dass es ihnen „nur ums Geld“ und nicht um die Kinder geht. Derartige Polemik von Richterinnen/ern, aber auch in Schriftsätzen von Anwälten lässt Zweifel an ihrer Unabhängigkeit und Sachlichkeit aufkommen.

Hand aufs Herz, was für ein dämliches Argument: „Denen geht es doch nur ums Geld.“ Klar geht es „denen“ – gemeint sind primär „die Väter“ – ums Geld, schließlich muss das Geld von vielen hart erarbeitet werden, bevor es auf das Konto der meist unterhaltsberechtigten Mutter überwiesen werden kann.

„Du zahlst, aber dein Kind siehst du nicht“, diese Ankündigung ist einigen Unterhaltspflichtigen nicht unbekannt. Der Respekt gegenüber Unterhaltspflichtigen zeigt sich auch darin, indem folgende Auffassung revidiert wird: Unterhalt und elterliche Sorge haben nichts miteinander zu tun. Das suggeriert diese Regelung Unterhaltspflichtigen, was ist die Botschaft: „Du hast zu zahlen und ansonsten deine Klappe zu halten!“ Das suggeriert diese Regelung beim Unterhaltsberechtigten: „Egal was ich mache, ob er die Kinder sieht oder nicht, er muss zahlen.“

Bei einer Reform des Kindesunterhalts sollte dieses Gerechtigkeitsgap unbedingt geschlossen werden. Der Grundsatz, wer Unterhalt zahlt, hat ebenso Anspruch auf Umgang mit dem Kind, muss nachhaltig verfolgt werden. Unterhalt und Umgang/elterliche Sorge sollten immer gemeinsam verhandelt und entsprechend in einem Beschluss zusammengefasst werden, entsprechend der Maxime: Beide betreuen, beide zahlen. Im Übrigen ist diese Regelung auch ein Signal gegen Umgangsverweigerung.


Angekündigte Reform des Unterhaltsrechts

Eine Reform des Sorge- und Umgangsrechts sowie des Kindesunterhaltsrechts wird schon seit Jahren unter verschiedenen Justizministern/Innen angekündigt. Allerdings verdrängten andere Schwerpunkte, „aktuellere Tagesthemen“ und entsprechende Projekte sowie mehrere Ministerwechsel die Reform. Immer wieder wurde und wird aufgeschoben. Das ist für Unterhaltspflichtige, die sich von der Reform zurecht mehr Gerechtigkeit erwarten können, sehr unbefriedigend. Status quo ist, alle Parteien warten auf einen Referentenentwurf. Dazu wollen sie dann Stellung nehmen.

Es soll ein Reformvorschlag ausgearbeitet werden, der auch das Sorge- und Umgangsrecht neu regelt. Primär soll seitens der Union das Kindesunterhaltsrecht neu gestaltet werden. Offensichtlich ist der Meinungsbildungsprozess intern noch nicht abgeschlossen. Ursprünglich war der Entwurf schon für Februar 2020 geplant. Rahmen der Reform ist das Thesenpapier einer Expertenarbeitsgruppe, siehe hierzu Report 162, S. 11 und im Downloadbereich der ISUV-Homepage. Diese Thesen wurden teilweise heftig kritisiert. Mit dieser Kritik setzt man sich offensichtlich jetzt auseinander. Erfahrungen und Regelungen im Ausland sollen im Reformvorschlag miteinbezogen werden.

Bekanntlich haben sich Justizministerin Lambrecht und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) aus dem Fenster gelehnt und deutlich gemacht, dass stärkeres Engagement der Väter bei der Betreuung sich auch beim Kindesunterhalt auswirken muss. Allerdings bekamen sie deswegen heftige Kritik seitens der starken Frauenlobby, die zwar pflichtgemäß das erhebliche Plus der Väter bei der Betreuung mitnimmt, aber nicht zum Unterhalt beitragen will, weil man sich erst wieder in die Berufswelt eingliedern müsse. Fakt ist, dass heute schon 85 Prozent der Mütter arbeiten müssen, wir sehen das an unseren weiblichen Mitgliedern. Verzögert sich der Referentenentwurf noch bis in den Sommer hinein, so wird es allein zeitlich eng, wenn die Reform – zumindest die Reform des Kindesunterhaltsrechts - noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll.

Bei Gesprächen in Berlin sprachen wir jeweils die Reform an.

Im Gespräch mit Thorsten Frei (stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion) sprachen wir auch die Notwendigkeit einer Reform des Kindesunterhaltsrechts an. Frei nannte als Maxime, Recht, insbesondere Familienrecht müsse immer von den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen ausgehen, nur dann werde es akzeptiert. In den meisten Familien arbeiten heute Vater und Mutter, meist weil ein Einkommen nicht ausreicht. Einig waren wir uns darin, dass der Grundsatz „Einer betreut, Einer bezahlt“ nicht mehr mit den sozialen familialen Gegebenheiten übereinstimmt, insofern ist eine Reform des Scheidungsrechts – Kindschaftsrechts und Unterhaltsrechts – notwendig.

Ein Gerechtigkeitsdefizit besteht insbesondere darin, dass ein Elternteil beispielsweise 30 Prozent der Betreuung leistet, aber dennoch 100 Prozent Unterhalt meist gemäß der Düsseldorfer Tabelle zahlen muss. Einig war man sich auch darin die Düsseldorfer Tabelle beizubehalten. Sie bietet Richtwerte, an denen sich Eltern orientieren können.

Von uns angesprochen wurde auch die Idee eines Kinderkontos. Darauf sollten beide Elternteile Zugriff haben. Auf dieses Kinderkonto sollte das Kindergeld und der jeweilige Unterhalts Betrag jedes Elternteils überwiesen werden. Von diesem Kinderkonto werden alle Kosten für das Kind abgebucht. Beide Elternteile haben Zugriff auf dieses Konto, somit werden die Kosten für das Kind transparent. Eine Reform des Scheidungsrechts sollte sich ebenso von der Maxime leiten lassen mehr Eigenverantwortung der Eltern fördern und entsprechend einfordern. Unbestritten ist, eigenverantwortlich getroffene Vereinbarungen werden mehr akzeptiert, tragen mehr zur Befriedung der Verhältnisse bei als Beschlüsse des Familiengerichts.

Josef Linsle, ISUV-Pressesprecher

Suchen & Finden


Für Neuigkeiten zum Thema Kindesunterhalt, Kindergrundsicherung oder Reformbestrebungen geben Sie in unserer Suchfunktion relevante Begriffe ein:

Sonderbedarf  |  Mehrbedarf  |  Kindesunterhalt  |  Kindesunterhalt ab 18   |  Kindergrundsicherung  |  Reformbestrebungen  |  Volljährigenunterhalt  |  Mindestunterhalt  |  Selbstbehalt  |  unterhaltsrelevantes Einkommen  |  Erwerbsobliegenheit  |  Betreuungskosten  |  Auskunftsanspruch  | Düsseldorfer Tabelle  |  volljährige Kinder  |  minderjährige Kinder  |  Mangelfall